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Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Freudsche Verbrechen. Ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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das nächste Mal daran.“
    Der Ober zog seine Stirn in Falten und schien zu überlegen, was er in einem solchen Fall tun sollte. „Gerne“, sagte er dann und kassierte meinen großen Braunen.
    Ich telefonierte mit der Studentin aus der Parterrewohnung im Haus der Bernkopfs. Ob sie wisse, wie lange ihre alte Nachbarin schon hier wohne? „Seit ewig“, lautete die Antwort, zumindest habe sie ihr einmal erzählt, dass sie schon vor dem Krieg da gelebt habe. „Unvorstellbar, was?“, lachte die Studentin. Ich erzählte ihr lieber nichts von der Arisierung. Man konnte nicht vorsichtig genug sein. Ich wollte die Erste sein, die diese Story an die Öffentlichkeit brachte. Ganz selbstlos waren meine Motive also auch nicht, dachte ich bei mir und grinste schief.
    Ich beeilte mich. Ich wollte mit der alten Frau Nawratil reden, bevor der Ministerialrat nach Hause kam.
    Diesmal öffnete sie schon nach dem ersten Läuten. Sie sah mich zweifelnd an. Offenbar hatte sie zwar das Gefühl, mich zu kennen, konnte mich aber nicht einordnen. Derartiges passiert nicht nur Menschen über neunzig. Als ich mein Sprüchlein aufgesagt hatte, erinnerte sie sich. Zum Glück hatte ich wieder einen ihrer besseren Tage getroffen.
    Wir saßen uns in denselben beiden Fauteuils gegenüber wie beim letzten Mal. „Wie lange wohnen Sie hier schon?“
    „Oh, seit langer Zeit. Sehr lange schon.“
    „Haben Sie schon vor dem Krieg da gewohnt?“
    „Aber ja, natürlich schon vor dem Krieg. Da war ich ja schon Musiklehrerin. Mein Vater ist gestorben und ich habe das Konservatorium abbrechen müssen. Zuerst habe ich privat Musikunterricht gegeben und dann bin ich an eine Schule gegangen. Ja, natürlich war das noch vor dem Krieg. Aber jung war ich damals schon noch, das können Sie mir glauben.“
    Ich nickte. „Haben Sie die Familie Rosner gekannt?“
    „Wen?“
    „Die Familie Rosner. Sie haben ein Mädchen gehabt, das Hanni geheißen hat.“
    „Ach, die Hanni, freilich habe ich die gekannt. Die hat bei mir Klavierstunden gehabt. Die Hanni Rosner. Ein fesches Mädel.“
    „Die Familie Rosner hat auch da gewohnt.“
    „Ja, natürlich. Jetzt, wo Sie es sagen. Aber sie sind bald wieder ausgezogen. Dabei habe ich über sie überhaupt erst diese Wohnung bekommen. Ich habe in einem Untermietzimmer gewohnt, wo es immer Probleme mit dem Klavierspielen gegeben hat. Hanni hat dann gesagt, dass ich vielleicht hierher ziehen kann.“
    „Der Familie Rosner hat dieses Haus gehört.“
    „So? Wirklich?“
    Vielleicht hatte Frau Nawratil doch keinen so guten Tag. „Können Sie sich noch an die Geschichte erinnern, wie die Familie Rosner ausziehen musste?“
    „Die Hanni ist mit einem jungen Mann nach Amerika durchgebrannt. Das weiß ich noch. Da war Feuer am Dach bei ihren Eltern. Bald darauf sind sie auch weggegangen.“
    „Dazwischen ist Hitler einmarschiert. Und Herr und Frau Rosner waren Juden.“
    „Richtig. Der Hitler. Den habe ich nie leiden können.“
    „Das Ehepaar Rosner ist gezwungen worden das Haus zu verlassen.“
    „So?“ Sie versuchte sich zu erinnern. Sie zog die Stirn in Falten: „Dann ist der Vater von Herrn Ministerialrat Bernkopf gekommen. Mit seiner Gattin. Und dann haben sie den kleinen Ministerialrat Bernkopf bekommen, Fritz haben sie ihn genannt, ich kenne ihn vom ersten Tag an. Trotzdem wollen sie jetzt die Wohnung frei kriegen und mich in ein Heim stecken. Weil ich nicht mehr in der Lage sein soll, allein zu wohnen. Ist das ein Dank?“
    „Die Nazis haben Familie Rosner zum Weggehen gezwungen.“
    „Es ist dauernd etwas passiert. Man hatte nichts wie Ärger mit ihnen. Keine Ruhe, kein Frieden. Ja. Wir anderen sind natürlich alle geblieben. Weil wir waren ja keine Juden. Und Wohnungen waren ohnehin knapp. Ich weiß noch, wie ich zu Frau Rosner gesagt habe: ‚Ich gebe schon Acht auf alles, bis Sie wiederkommen.‘ Aber sie sind nicht wiedergekommen. Fast ein Jahr haben wir keinen Mietzins zahlen müssen, daran erinnere ich mich auch noch gut. Diese Beamten damals haben vieles verschlampt, da war keine deutsche Gründlichkeit, das waren Österreicher.“
    „Hat Herr Bernkopf auch dazu gehört?“
    Sie sah mich strafend an. „Wo denken Sie hin? Der war doch noch gar nicht geboren. Der ist jetzt ein hoher Beamter. Er ist sicher sehr ordentlich.“
    „Sein Vater.“
    „Ich weiß nicht, was er gemacht hat. Ich glaube, er war ein Offizier. Ein sehr feiner Mensch. Wir haben alle in den Wohnungen bleiben dürfen, das war ein

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