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Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition)

Titel: Freuet Euch, Bernhard kommt bald!: 12 unweihnachtliche Weihnachtsgeschichten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Martenstein
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Dorfes in der Eifel, sechzig oder siebzig Kilometer entfernt. Der Taxifahrer, ein Afrikaner augenscheinlich, erkannte ihn nicht. Das war nämlich das Gute an Taxis, oft saßen am Steuer Menschen, die mit der deutschen Politik nichts am Hut hatten.
    In Netwich stieg Holz auf dem Marktplatz aus und ließ sich die Nummer geben, unter der man hier ein Taxi rufen konnte. Er ging die paar Meter bis zum Schwarzen Falken und bestellte einen Glühwein. Die Kellnerin kannte ihn inzwischen, er hatte ihr auch mal ein Autogramm gegeben. Sie glaubte, dass seine Mutter hier in der Nähe wohnte. Es war längst dunkel inzwischen, aber noch nicht Abendessenszeit. Der Gastraum war leer. Holz nahm sich ein Zimmer, zur Sicherheit, falls es nachher zu spät sein würde, auf die fünfzig Euro kam es nicht an. Außerdem konnte er dort seine Tasche abstellen. Seine Mutter sei nun doch ein bisschen gebrechlich geworden, sagte Holz. Das überfordert sie, wenn ich bei ihr schlafe, die Arbeit wird ihr zu viel.
    Der Weg war nicht sehr weit, aber doch unangenehm, in der Eifel war es kälter als in Maastricht. Holz ärgerte sich über seine Schuhe, schwarze, dünne Ministerschuhe mit glatten Sohlen, die bei jedem Schritt ein bisschen in den matschigen Waldboden einsanken. Das Haus lag am Rand von Netwich, eine ehemalige Scheune, sehr geschmackvoll ausgebaut. Unten ein einziger, riesengroßer Raum mit meterhohen Fenstern, frei stehendem Herd, Kamin und großen Sofas, oben zwei kleinere Zimmer, soweit das von außen zu erkennen war.
    Es war sein siebter oder achter Besuch. Lange Zeit hatte er gar nicht gewusst, wo Greta lebt. Sicher, das hätte sich mit wenig Mühe herausfinden lassen. Was ihn von der Suche abhielt, wusste er genau, es war Scham. Nicht Feigheit, wirklich nicht, eher Scham. Dann hatte er doch irgendwann, nein, nicht irgendwann, vor drei Jahren ziemlich genau, Barbara gegoogelt. Sie arbeitete inzwischen als Physiotherapeutin, sie hatte eine Homepage, mit Adresse. Praxis im Haus. So einfach war das. Wenn man nur will, verliert man niemanden aus den Augen. Jemanden aus den Augen zu verlieren, ist immer ein bewusste Entscheidung. Barbaras Foto, offenbar von einem Profi gemacht, ziemlich schmeichelhaft, löste nichts in Holz aus, keine Wut, kein Bedauern, gar nichts. Fotos von Greta fand er nirgends.
    Sein Beobachtungsplatz lag etwas erhöht, hinter einem Nadelbaum, die Arten konnte Holz nicht unterscheiden. Im Winter war es unbequemer, hier zu stehen, wegen des Wetters, aber auch sicherer und erfolgversprechender, die Dunkelheit draußen, die Beleuchtung im Haus. Greta war da. Sie saß im ersten Stock an ihrem Computer. Sie war jetzt vierzehn. Holz hatte darüber nachgedacht, unter falschem Namen im Internet mit ihr Kontakt aufzunehmen. Aber er wusste nicht, wie er das anstellen sollte, er war nicht gut in diesen Sachen und wollte niemanden um Rat fragen. Greta stand auf, verließ das Zimmer, kehrte mit einer Tasse zurück. Ihre Haare waren länger als beim letzten Mal. Das Kindliche verschwand allmählich, ihr Gesicht streckte sich, alles an ihr wurde länger und dünner. Holz holte sein Fernglas aus der Manteltasche.
    Als Barbara damals schwanger wurde, war Holz sofort von der Verbindung zurückgetreten, weil das so zwischen ihnen nicht abgesprochen war. Das hatte Barbara alleine entschieden, damit sollte sie dann auch alleine zurechtkommen. Holz konnte sich damals ein Kind durchaus vorstellen, ganz allgemein, irgendwann vielleicht – aber nicht auf so eine Art, zufällig, jetzt, und nicht mit einer Frau, die er erst seit ein paar Wochen kannte und höchstens zehnmal getroffen hatte. Überrumpelungsstrategie, das kannte er von Parteitagen, damit kam man bei ihm nicht durch. Erst wird gewählt, dann wird die Koalition ausgehandelt, ganz zum Schluss werden die Posten besetzt. In genau dieser Reihenfolge, nicht andersherum.
    Holz hatte bezahlt, monatlich, was zu bezahlen war. Als er, zwei oder drei Jahre nach der Geburt, vorsichtig seine Fühler ausstreckte, in Form eines freundlich tas ten den Briefes, Entschuldigung, Panik damals, dumm ge wesen, zur Besinnung gekommen, lass uns an das Kind denken, unser Kind, kam keine Antwort. Anrufe – fünf? sechs? – wurden nicht angenommen. Holz dachte das Übliche, wissend, dass er das Übliche dachte. Barbaras Wut verstand er ja, aber was tut sie denn Greta an, Greta als Werkzeug, Greta als Waffe. Er hätte den Rechtsweg beschreiten können, zumindest ein Umgangsrecht wäre dabei

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