Freunde und andere Feinde: Endzeit-Thriller (German Edition)
Gesicht. Die Mundwinkel hingen schlaff hinunter, sein Auge schloss sich behutsam. Die Flammenzungen schossen aus dem Trümmerhaufen hinter ihm, die Zerstörung überschüttete ihn mit einer Brise Staub und Geröll. Das Feuer über ihm beleuchtete gleichmäßig seine Leiche.
Der Metzger sah bedauernd dem Schauspiel zu. Er ging an ihm vorbei und setzte sich neben die Taschenuhr. Er öffnete wie gewohnt die Uhr und betrachtete Élaines Bild. „Sei gut zu dir selbst“ waren ihre Worte. Es war ihre Botschaft für sein zukünftiges Leben, wenn es nicht sogar ein Versprechen war, das er ihr gegeben hatte. Er lehnte sich zurück und fiel erschöpft in den Schlaf, in der Hoffnung wieder zu träumen.
3
Als der Metzger wieder erwachte, waren seine Kräfte wieder regeneriert, seine Haut hatte sich abgekühlt und auch der erste Schock war überwunden.
Das Feuer war erloschen. Nur noch der stickige, schwarze Rauch, der in der Luft lag, erinnerte an die Katastrophe. Der Wind kühlte die aufgeheizte Umgebung ab. Das Bild von Seppel und seinen zwei geheimnisvollen Freunden war nicht mehr zu sehen.
Als der Metzger seine Augen öffnete, bemerkte er, dass er nicht vollständig auf dem harten Boden lag. Sein Kopf war in Samiras Schoß gebettet. Wie Élaine streichelte sie ihm die Wange, als er sie ansah.
„Bin ich tot?“
„Ja“, antwortete Samira typisch. „Warst du aber auch schon vorher.“
Er schmunzelte über Samiras seltsame Art. In ihrer Gegenwart fühlte er sich wohler denn je. Unbeholfen setzte er sich auf, wobei ihn Samira stützte. Die Leiche des Königs erblickte er nur wenige Meter vor ihm, begraben unter Schutt und Asche. Nur seine Hand ragte neben dem fallen gelassenen Golfschläger heraus.
„Es ist vorbei“, sagte der Metzger erleichtert.
„Wie geht es weiter?“, fragte Samira, die zwar nicht wie völlig durch den Wind wirkte, dennoch nicht wusste, in welche Bahnen nun ihre Leben geschleudert wurden.
Der Metzger sah auf die Taschenuhr in seiner Hand. Selbst im Schlaf musste er sie umklammert haben, denn jeder Fingerknochen fühlte sich steif und erfroren an. Er erinnerte sich zurück an Élaines letzte Worte.
„Wir sollten gut zu uns selbst sein“, sagte er erst zögerlich. Es klang zuerst wenig überzeugt und wie auswendig gelernt, als er die Worte aus seinem eigenen Mund hörte, hörte es sich nicht mehr befremdend an, sondern richtig. „Ja, das sollten wir.“
„Und danach?“, fragte Samira verwirrt.
Der Metzger deutete auf das zerstörte Landhaus, Samiras ehemaliges Zuhause. „Du solltest bei mir einziehen.“
„Keine schlechte Idee“, gestand Samira unter ihrem halben Lächeln. Vorsichtig fragte sie: „Sind wir jetzt... zusammen?“
Der Metzger grinste so verschmitzt, wie sein früheres Ich es nicht besser gekonnt hätte. „Klar, was denkst du denn?“
„Willst du wirklich mit einer wie mir zusammen leben?“, fragte sie schüchtern. Ihre Mimik war nun auf beiden Seiten todernst.
„Ich wüsste nicht mit wem sonst, außer mit einer wie dir “, erwiderte der Metzger und brachte ihr halbes Lächeln wieder zum Vorschein.
Sie standen beide auf. Dem Metzger war anfangs schwindelig, fand sich jedoch schnell wieder zurecht. Er nahm Samira an die Hand und betrachtete mit ihr das zerstörte Wahrzeichen Sodoms. Ihre Blicke wurden auf das Dorfzentrum gelenkt, als es laut donnerte und es verdächtig viele Blitze auf die Erde hagelte. Samira bewunderte das Naturschauspiel, während der Metzger befürchtete, dass das Gewitter keinen natürlich Ursprung hatte.
„Ich würde sagen, ich gehe meine Sachen packen, aber...“ Schüchtern zeigte sie auf die Zerstörung. „Ich fürchte, es ist alles verbrannt.“
„Nicht schlimm. Wir werden von vorne anfangen - zusammen.“
Im Hintergrund donnerte es. Eine blaue Lichtsäule schlug über dem Dorf ein und ließ einen Augenblick die Gegend in einem herrlichen Azurblau erstrahlen.
„Hast du jemals so etwas schönes gesehen?“, fragte Samira begeistert.
Der Metzger ließ sich nicht von den Naturgewalten beeindrucken. Er betrachtete nur seine Samira, bewunderte wie der Wind mit ihrem braunen Haar spielte. Er lächelte sie mit seinem ehrlichsten Lächeln seit zehn Jahren an.
Er hielt sie fest, während er die andere Hand lockerte und überraschend die Taschenuhr aus seiner Hand fallen ließ. Die silberne Taschenuhr überschlug sich, purzelte über Stock und Stein, bis sie letztendlich in die Hand des toten Königs
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