Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
Vom Netzwerk:
Wisconsins oder die eiskalten Fluten der Pfadfinderlager oder auch der Comer See aus dem Erinnerungsbuch meiner Hochzeitsreise.
    Neben dieser Champagneraussicht waren die vierundfünfzig anderen Wohnungen, die ich besichtigt hatte, wie billiger Hauswein, einschließlich all der Angebote, die sehr viel teurer gewesen waren   – und das waren fast alle. Ich musste mich geradezu zwingen, vom Fenster zurückzutreten, und ließ den Blick durch den Raum schweifen. Die Wände waren nicht länger mit verblichenen Diplomen behängt und der Teppich war nicht mehr abgetreten. Wie der See so war auch der Raum jetzt in graublaues Licht getaucht. Ich sah mich selbst an einem Tisch am Fenster sitzen und schreiben, im hellen Sonnenschein, und die Wörter flossen nur so aus mir heraus. Meine Finger tanzten geradezu auf der Tastatur. Und diesmalenthielt mein Manuskript nicht das weinerliche Gerede einer zwanzigjährigen singenden Schauspielerin, sondern einen Roman, der von Kritik und Publikum gleichermaßen gelobt werden würde.
    Ich sah mich selbst in diesem Raum. Tiefe Zufriedenheit stand mir ins Gesicht geschrieben. Die Bettlaken waren noch lustvoll verknittert, da Jake und ich uns erst vor einer halben Stunde darin geliebt hatten. Jetzt machte er Kaffee in unserer brandneuen eleganten Designerküche. Vielleicht war er aber auch schon mit dem Fahrrad im Park unterwegs oder er führte unseren aus dem Tierheim geretteten Welpen spazieren. Die kleine freche Tallulah liebte es, unseren sechs Meter langen Korridor entlang ihrem Ball hinterherzujagen.
    Hier war ich zu Hause, in jeder Hinsicht.
    Dann hatte mich die Gegenwart wieder. All meine Hoffnung auf diese Wohnung lag offen zutage, es hätte nur noch gefehlt, dass ich verzückt lechzte.
Quincy Blue, du dumme Gans.
Ich hatte das Gefühl, dass Horton mich wie ein ausgehungerter Kannibale anstarrte, und sah mich vorsichtshalber um, ob er und Fran sich wohl bereits zurückgezogen hatten und darüber diskutierten, ob sie den Preis der Wohnung verdreifachen oder doch nur verdoppeln sollten. Wir sahen noch in ein weiteres Badezimmer hinein, das eine Badewanne so lang wie ein Ruderboot hatte, und schlenderten dann den Korridor entlang zurück, bis wir wieder in dem dämmrigen Wohnzimmer ankamen.
    »Die Aussicht ist von hier sogar noch schöner   – schade, dass wir die Rollläden nicht hochziehen können«, flüsterte Mrs Shelbourne, während sie auf die unbewegliche Gestalt im Rollstuhl zuging und sie begrüßte. »Guten Tag, meine liebe Eloise.« Sie ergriff die reglose Hand der alten Frau. »Ich bin es, Frances. Ich wünschte, Sie könnten an diesem Klavier sitzen«   – sie zeigte auf ein verhülltes Möbelstück   – »und mir etwas von Chopin vorspielen.«
    Die alte Frau stieß ein trockenes Rasseln aus, neigte den Kopf in Mrs Shelbournes Richtung und lächelte. Ihr fehlten mehrere Zähne.
    »Wenn Sie wünschen«, erwiderte sie klar und deutlich. Und plötzlich versuchte Eloise Walter, sich aus dem Rollstuhl zu erheben. »Wenn Sie bitte so freundlich sein wollen, mir zu helfen.« Die Pflegerin kam herangetrampelt, und auf ihren stämmigen Arm gestützt, ging die alte Frau in einer Haltung, die besser war als meine eigene, zu dem Klavier hinüber. Sie setzte sich auf den zerschlissenen schwarzen Lederhocker und streckte ihre knotigen Finger aus. Ich legte mir die Hand an den Mund, vor lauter Angst, ich könnte lautstark nach Luft schnappen. Sie strich mit den Händen über die elfenbeinfarbenen Tasten, und dann begann sie unverkennbar eine Mazurka von Chopin zu spielen. Der Steinway war nicht gestimmt und die Pianistin trug einen verblichenen Hausmantel, doch Eloise Walters Vortrag gefiel ihrem Publikum so sehr, dass sogar Horton sich eine Träne aus dem Auge wischte. Das Konzert dauerte fast zwanzig Minuten, bis plötzlich die Hände der Pianistin erstarrten, so als hätte jemand einen Stecker gezogen. Verwirrt wie ein kleines Kind sah sich die alte Frau im Raum um. Ich hatte Angst, sie könnte anfangen zu weinen.
    Wir klatschten alle. »Ganz hervorragend«, sagte Mrs Shelbourne heiser, während die Pflegerin ihrer Patientin zum Rollstuhl zurückhalf. »Einfach hervorragend.«
    Eloise Walter schloss die Augen, und kaum eine Minute später schlief sie schon wieder, und ich fragte mich, ob ich   – berauscht von der perfekten Wohnung   – bereits anfing zu halluzinieren. Ich entschied, dass ich später noch genug Zeit haben würde, darauf eine Antwort zu finden.
    Mrs

Weitere Kostenlose Bücher