Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
küssen, und mir dabei den Schirm ihrer Baseballkappe ins Gesicht rammte.
Dass sie verblichene Levi’s trug, darüber konnte ich ja noch hinwegsehen. Aber Sneakers? Nicht, dass eine langbeinige Frau von fünfundfünfzig Kilo nicht auch mal mit minimalen Anstrengungen durchkam. »Ich verzeihe dir«, sagte ich, denn das war es, was ich tat, ich verzieh den Leuten, vorausgesetzt, ich war nicht blutsverwandt mit ihnen. »Und das nicht zum ersten Mal, wie du weißt.« Schon seit wir in derselben Wohnung gewohnt hatten, rannte Quincy Blue ihren Terminen immer mit vierzig Minuten Verspätung hinterher. Ich winkte den Kellner heran. »Was willst du trinken?«
Quincy warf einen misstrauischen Blick auf die lachsrosa Flüssigkeit in meinem Glas. Ich unterdrückte mein Verlangen, sie darüber aufzuklären, dass man jetzt Roséwein trank. »Einen Sauvignon blanc, bitte«, sagte sie.
»Wir sollten auch gleich das Essen bestellen. Bei mir steht heute noch jede Menge an.« Offiziell mochte ich Quincy ja verziehen haben, aber nichtsdestotrotz war ich genervt.
»Ach komm, in der Zeit, die ich brauche, um überhaupt eine Liste zu schreiben, hast du doch schon fünf Aufgaben von deiner erledigt.«
»Danke für die Blumen«, erwiderte ich. Aber es stimmte. Ich war absolut effizient. Eine Frau, die ihr Leben durch eine antrainierte Schlaflosigkeit vorantrieb. Eine Frau mit einigen Bällen in der Luft – obwohl es zurzeit eine überschaubare Anzahl war. Wann immer ich in einem Formular die Spalte »Beruf« ausfüllen musste, wusste ich nicht, was ich schreiben sollte. Shopping-Beraterin? Schauspielerin? Handmodel?
Heute Mittag jedenfalls feierten Quincy und ich, dass ich meine erste Wiederholungsgage für einen Werbespot bekommen hatte, der vor einem halben Jahr gedreht worden war.Darin hatte ich eine Braut gespielt, die vor lauter Begeisterung über einen Abflussreiniger ihre Hochzeit vergaß – eine Ironie, die auch mich einholte: An meinem letzten Drehtag war mein langjähriger Freund Ted bei mir ausgezogen und hatte sich damit in genau dem Moment von mir getrennt, als ich völlig überzeugt war, dass er demnächst vor mir auf die Knie sinken würde. Ich mochte ja klug sein, aber garantiert nicht, wenn’s um Männer ging. Vierunddreißig gemeinsame Sitzungen bei der Paarberatung hatten Ted bloß davon überzeugt, dass er sein Jurastudium aufgeben sollte. Jetzt lebte er auf Hawaii und suchte beim Surfen in der Brandung nach sich selbst, und ich war mit Arthur Weiner zusammen.
»Was hast du denn heute noch vor?«, fragte Quincy, als wir auf die gemischte Platte mit Meeresfrüchten für zwei Personen warteten – und ja, mit Pommes frites als Beilage.
»Ich habe um drei ein Vorsprechen, um fünf eine Kundin und bin zum Abendessen mit Arthur verabredet.«
»Wie läuft es denn so mit ihm?«
Ich suchte nach einem Anzeichen von Herablassung in ihren Worten. Als ich Quincy und Jake vor ein paar Wochen Arthur vorgestellt hatte, war mir ihre leicht abschätzige Haltung nicht entgangen. Zu der Zeit hatte ich Arthur seit zwei Monaten gekannt. Er ist älter, kleiner und glatzköpfiger als Ted – okay, kleiner und glatzköpfiger als die meisten Männer. Und die Drahtzieherin hinter dieser Beziehung war eine unserer einstigen Mitbewohnerinnen, Chloe. Arthur war in einer Werbeagentur mal ihr Chef gewesen, und sie hatte mir trotz seiner großen äußeren Nachteile geraten, ihm eine Chance zu geben. Inzwischen erlaube ich Arthur, mir jeden Tag mindestens einmal zu sagen, dass ich das Beste bin, was ihm seit der Pubertät passiert ist. An seinem Arm sehe ich mich als das, was er in mir sieht – als eine bezaubernde brünette Göttin, und nicht als eine Kandidatin für eine der vielen trügerischen Superdiäten.
»Ich mag Arthur«, sagte ich. »Er ist talentiert, klug und er vergöttert mich. Vielleicht sollte ich ihn behalten.«
Quincy lachte. »Immer noch so billig zu haben?«
Wenn man sich seinen Freundinnen anvertraute, hatte man ein Problem – von Chloe mal abgesehen. Freundinnen neigten dazu, das Gute zu vergessen, und fixierten sich immer ganz auf das Negative. Okay, stimmte ja, als ich letzten Monat Geburtstag hatte, spielte Arthur nicht gerade in der Fünf-Sterne-Liga. Nicht, dass eine Frau sich nicht auch über ein aufblasbares Reisekissen freuen kann. Aber die Reise, auf der sie es benutzen könnte, würde ihr eben auch gefallen.
»Ich arbeite dran«, erwiderte ich, als unser Essen kam. Quincy griff
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