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Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese

Titel: Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Koslow
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zusammenfiel. Ich hatte in der letzten Minute einen Flug gebucht, ebenso erpicht darauf, zu fliehen wie zu feiern. Meine Schuldgefühle plagten mich so sehr, dass ich sogar zögerte, Chloe zu bitten, zwei weitere Tage im Büro zu übernehmen. Aber das Mailen ist ja eine wunderbare Sache, weil es dem Schreibenden erlaubt, in alle möglichen Rollen zu schlüpfen. Ich hatte meine Bitte schriftlich vorgebracht und bezweifelte, dass Chloe sie mir abschlagen würde   – sie sollte besser selbst Schuldgefühle haben. Sie wusste ganz genau, dass
sie
während des Vorstellungsgesprächs in der Schule im Büro hätte sein müssen.
    Die Selbstvorwürfe umwehten mich offenbar wie der strenge Geruch von Knoblauch, denn meine Mutter las in mir wie in einem offenen Buch. »Was ist los?«, fragte sie zweimal. Als Henry und
Babe
sich zum Mittagsschlaf hingelegt hatten, kam meine Mutter mit zwei Gläsern Tee und einem selbst gemachten Mandelbrot auf die Veranda heraus, setzte sich mirgegenüber und wartete, dass ich ihr mein Herz ausschütten würde. »Probläme in der Ehe, Lieblink?«, fragte sie und strich mir über den Handrücken.
    »Alles bestens«, erwiderte ich so gelassen wie möglich. Tom zu kritisieren, hieße meinen Vater herabzusetzen, der als Chemielehrer auch nie besonders viel verdient hatte. Ehrenwerte Männer, ehrenwerte Berufe. Ich war gefangen in einer Reihe von Konsequenzen, über die ich mit keinem reden konnte, erst recht nicht, seit ich keine Therapeutin mehr hatte. Sogar staatlich geprüfte Sozialberater waren teuer. Also grübelte ich ständig vor mich hin. Wenn Tom mehr verdienen würde, dann hätte ich nicht versucht, einer Freundin den Job zu klauen, dann würde ich die Kosten für die Privatschule nicht fürchten, denn das großzügige Stipendium, das Henry Toms fester Überzeugung nach bekommen wird, deckt noch lange nicht die Ausgaben für Schuluniformen, Reisen sowie Tennis- und Gitarrenstunden, was Henry aber unweigerlich verlangen wird, um so zu sein wie all die anderen Jungen. Nein, dann würde ich mich jetzt nicht fürchten, Punkt   – und mich selbst unter Sorgenkonfetti begraben. Hab ich schon erwähnt, dass ich mich schuldig fühle?
    »Probläme in der Arbeit?«, fragte meine Mutter.
    »Nur, dass wir einen großen Kunden verloren haben«, erzählte ich. Das war nicht gelogen. Die Gaspreise waren den Sommer über wahnsinnig hoch gewesen, und die Leute mussten sparen, daher die zurückgeschraubte Werbung. Mein Chef, Eliot, schnitt das Thema so oft an, dass ich schon gar nicht mehr zuhörte.
    »Hast du Angst, dass du deinen Job värlierst?«
    Nicht bis gerade eben.
    »Sieh nicht so äntsätzt drein. Du liest doch Zeitung.« Das tue ich nicht, nicht oft. Ich bin eine der Verräterinnen, die die Nachrichten nur online überfliegen, und das nicht so oft, wie ich sollte. »Die Wirtschaft ist nicht mähr, was sie war.«
    Zu einem Gespräch über Politik war ich noch weniger aufgelegt als zur mütterlichen Fragestunde. Daher brach ich in der nächsten Minute zu Südkaliforniens Suq auf, dem Markt, der nur so überquoll vor persischen Zitronen und einem Schilderwald von Belehrungen: Keine Kondome! Keine Pestizide! Keine Zigaretten! Keine Fahrräder! Keine Scherze!
    Ich suchte mir gerade eine Handvoll Radieschen aus, als jemand sagte: »Na, wenn das nicht Talia Fisher-Wells ist.« Vor den blauen Pflaumen stand ein großer Mann mit Sonnenbrille und einer verkehrt herum aufgesetzten schwarzen Baseballkappe. Geblendet von der Sonne blinzelte ich ihn an, und als ich ihn noch immer nicht grüßte, sagte er: »Keine Ahnung, wer ich bin, was?« Er hätte mein Partner aus dem Debattierclub der Highschool sein können, ein Junge aus der jüdischen Sonntagsschule, mein Date vom Abschlussball. »Geben Sie’s zu, Talia Fisher-Wells«, sagte er, wobei er meinen Nachnamen in die Länge zog. Er lachte, und ich war sicher, dass es auf meine Kosten war. »Sie haben nicht den geringsten Schimmer.«
    Die Stimme mit dem leichten New Yorker Tonfall erinnerte mich an irgendetwas. Ich setzte mein strahlendstes Lächeln auf. »Wie schön, Sie zu treffen. Was machen Sie denn hier?«
    »Ist das nicht offensichtlich?« Mit der einen Hand hielt er eine Tüte Aprikosen hoch und mit der anderen nahm er die Sonnenbrille ab.
    »Oh Gott, Jonas!« Der Mann, dem ich täglich Nachrichten hinterließ. Ich hatte den Eindruck gehabt, er wolle schnell eine Entscheidung treffen   – falls er sie nicht längst getroffen und bloß nicht die

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