Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
Sombrero trugen, ließ ich ihm, da keine anderen da waren. Dann klingelte es an der Tür.
»Willkommen«, sagte Arthur und führte einen großen, leicht gebeugten Herrn und seine rundliche Frau herein. Ich trat auf sie zu und reichte ihnen eine frisch manikürte Hand. Ja, Orangerot war doch eine wunderbare Farbe. Ich sah, wie der Mann mir auf die Brüste starrte, und dankte Gott für die Erfindung tiefer V-Ausschnitte . »Julia«, stellte ich mich vor. »Arthurs Freundin.« Wer weiß, wie Arthur mich sonst vorgestellt hätte.
»Basil Worthington, und darf ich Ihnen meine Ehefrau vorstellen, Maude.« Er sah sich in Arthurs Wohnzimmer um. »Wissen Sie, ich war noch nie in diesem Trakt des Gebäudes, wir wohnen nach vorne hinaus.«
Das wussten wir.
»Es ist gar nicht so dunkel, wie ich dachte«, fügte er hinzu, als er sah, dass durch die Fenster zur Seitenstraße tatsächlich Licht in die Wohnung fiel. Die Scheiben könnten auch mal wieder geputzt werden, fiel mir auf.
»Aber nicht so sonnig wie die Wohnung, in der ich viel lieber wohnen würde«, sagte Arthur und lachte aus keinem ersichtlichen Grund.
»Ah, ein Mann, der direkt zur Sache kommt«, erwiderte Basil Worthington. »Lassen Sie uns darüber sprechen.«
Und so taten wir es.
Das alte Ferienhaus von Toms Eltern sah teils besser, aber teils auch schlimmer aus, als ich erwartet hatte. Aus der Ferne wirkte die Hütte mit dem Giebeldach, als wäre sie dem romantischen Cover eines Schmökers entkommen. Sobald man jedoch die Türschwelle überschritt, zerfiel diese Illusion wie morsches Holz. Schon allein wegen der Farbpalette, die für die Innenausstattung gewählt worden war: ein Braun wie von verbranntem Toast und – um ein wenig Farbe ins Spiel zu bringen – einige Tupfer Rostrot.
Schimmelgeruch füllte meine Lungen. Zum Glück waren hier, anders als in meiner Wohnung in New York, die Fensterritzen nicht richtig abgedichtet. Ich schob jedes der Schiebefenster hoch und ließ die abendliche Brise durch die Räume wehen, in denen die Wells in den vergangenen Jahrzehnten allerlei deponiert hatten. Alte Geburtstagskarten, Sears-Kataloge mit Eselsohren und Flyer von längst vergangenen Regatten fanden sich da einträchtig neben Reader’s-Digest-Ausgaben. Hätte ich Zeit genug gehabt herumzuschnüffeln, wären sicher auch noch ein oder zwei Aktien aus dem Jahr 1929 aufgetaucht.
Aber ich hatte keine Zeit. Auf der Tagesordnung standen Staubwischen und Bettenmachen, unterbrochen von Schrubben, Einkaufen und Schädlingsbekämpfung, Aufgaben, die ich pflichteifrig erfüllte. Am Spätnachmittag sah das Holzhaus zumindest gemütlich aus, erst recht mit all den letzten Rosen aus dem Garten, die in den Marmeladengläsern aufzublühen begannen. Um mich zu belohnen, ging ich schwimmen. Danach sonnte ich mich noch eine Zeit lang auf dem Steg und öffnete eine eiskalte Flasche Bier der besten Hausbrauerei in Portland.
Bestärkt von einem leichten Schwips rief ich nach Sonnenuntergang zu Hause an. Nachdem Tom mich daran erinnert hatte, dass keiner, der warmes Wasser mochte, in dem Ferienhaus seiner Eltern länger als drei Minuten duschen sollte, las er mir den ersten Entwurf des Essays über Henry vor, den er für die Jackson Collegiate geschrieben hatte.
»Findest du es nicht etwas zu dick aufgetragen?« Es war ihm gelungen, Henry mit den erlaubten zweihundertfünfzig Wörtern als geschickt, scharfsinnig und aufgeweckt anzupreisen. »Nur weil ein Kind weiß, wie man eine DVD einlegt, heißt das nicht, dass es der nächste Bill Gates wird.«
»Ich will ihm nur gerecht werden.«
Jedes Elternpaar musste eine schriftliche Momentaufnahme seines Kindes einreichen. »Ich weiß, das Ganze ist eine Art Krieg, aber Henry ist doch kein Computerspiel für Intellektuelle«, sagte ich. »Du präsentierst ihn wie Toilettenpapier der Luxusklasse.«
»Wofür gerade du doch Verständnis haben solltest.« Ich ließ Toms Ton noch einmal nachklingen auf der Suche nach einer Spur Sarkasmus. Aber ich hatte gehört, was ich gehört hatte.
»Könntest du es nicht etwas humorvoller formulieren? Das ist doch keine Bewerbung um einen Studienplatz am MIT.«
»Willst du es lieber schreiben?«, fragte Tom.
Das wollte ich, auch wenn mir der Abgabetermin der Probearbeit für June Rittenhouse bereits im Nacken saß. »Wie wär’s, wenn du mir den Text morgen faxt und ich es mal versuche?« Ich konnte schon froh sein, wenn ich in diesem alten Ferienhaus einen Dosenöffner fand, aber in der
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