Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
Mein einziger Trumpf, den ich nach zwanzig Minuten erneut auszuspielen beschloss, war Quincy. »Wie läuft’s denn mit dem Buch?«, fragte ich, als kurz eine Flaute zu herrschen schien. Aber vermutlich musste Charlene zwischendurch einfach nur mal tief Luft holen.
Maizie sah mich an und lachte – über mich, nicht mit mir, wie mir schien. Doch ich fügte hinzu: »Mit meiner Freundin Quincy Blue. Ihrer Ghostwriterin.«
»Ich weiß, wen Sie meinen. Ich bin stinksauer auf die dürre Schlampe, wenn Sie’s genau wissen wollen.«
Ich spürte, wie mein Gesicht rot anlief, und das nicht, weil die Ventilatoren des Restaurants den Kampf gegen die Hitze verloren hatten. »Warum das denn?«, fragte ich mit alkoholgeschwängerter Direktheit. »Was ist denn los, wenn ich fragen darf?«
»Sie hat sich schwängern lassen. Ich hab grad beschlossen, dass mir das Buch echt gefällt und ich ’n bisschen Zeit hab für Gespräche, damit’s fertig wird, da macht sie die Biege und kommt einfach nich’, weil« – Maizie wechselte in einen breiten Akzent des Mittleren Westens und parodierte Quincy –»ihre Ärztin sie nich’ in ’nen Flieger steigen lässt. Wir wollten uns letzte Woche in Seattle treffen, nach meiner Show.«
»Quincy ist sch-sch-schwanger?«, stotterte ich.
»Nich’ bloß sch-sch-schwanger. Das wird gleich ’n Wurf.«
»Quincy kriegt Zwillinge?«
»Wenn’s bloß das wär’. Nee, Drillinge.«
Mir stand der Mund offen. Heiße Tränen begannen mir über die Wangen zu laufen. Drillinge!
»Wieso sind Sie denn da so überrascht? Haben Sie nich’ gesagt, sie wär’ Ihre beste Freundin?« Maizie lachte laut.
Durch meinen Mojito-Dunst hindurch sagte ich mir, dass ich nicht wütend sein sollte auf Quincy, weil sie es mir nicht erzählt hatte. Angesichts ihrer Fehlgeburten wollte sie vermutlich erst zu einem späteren Zeitpunkt darüber sprechen; und Maizie hatte sie nur informiert, weil sie es musste. Ich fühlte mich trotzdem wie eine Aufschneiderin, vor allem als Charlene auch noch hinzufügte: »Ja,
seltsam
, dass Sie das nicht wissen. Wirklich seltsam.«
Was soll das denn?
Am liebsten hätte ich ihr meinen Drink ins völlig unverschwitzte Gesicht gekippt. Charlene Denton war … unloyal. Ihr ging es bloß darum, bei Maizie May Eindruck zu schinden. Nein, das war noch nicht mal alles. Sie konnte noch so sehr vorgeben, kultiviert und gebildet zu sein; die wahre Cha-Cha war eine niederträchtige, überehrgeizige, böse Teufelin. Und mit dieser Einsicht kam mir gleich noch eine weitere: Allein schon der Gedanke, Charlene um Hilfe bei Dashs Schulaufnahmeprozedur zu bitten, erschien mir plötzlich grässlich, falsch und schmutzig. Mir war egal, was Xander sagen würde. Ich konnte die Zukunft unseres unschuldigen Sohnes nicht von so einer falschen Schlange vergiften lassen.
Ich überlegte und beschloss schließlich, dass sie tatsächlich wie ein Kranich aussah. Dieser hässliche Vogel mit dem zu langen Schnabel, dem zu dürren Hals und den zu knubbeligen Knien.
Es tat mir in der Seele weh, auf diese Weise von Quincys Neuigkeit zu erfahren. Aber meine Freundin war schwanger! Quincy und Jake würden auf einen Schlag eine große Familie haben. Ich wäre am liebsten in mein Zimmer gerannt, um sie anzurufen. Ich wollte ihr gratulieren, ihr Dutzende Teerosen schicken und die parfümierte Bodylotion Silver Rain, die ich im Spa des Hotels gesehen hatte. Doch nichts von all dem konnte ich tun. Wenn Quincy gewollt hätte, dass ich es wusste, hätte sie es mir erzählt.
Wenn ich nicht mit Quincy reden konnte, dann musste ich mit jemand anderem reden. Auf keinen Fall mit Jules allerdings, die Kinder kaum ertragen konnte.
Ich rollte meine Leinenserviette zusammen und erkannte, dass jetzt nur noch eine blieb: Talia. Ja, ich wollte mit Talia reden. Bis vor einigen Wochen hatte ich sie immerhin noch für meine beste Freundin gehalten.
Verdammt, Talia,
dachte ich.
Warum musst du alles kaputt machen?
Talia und Charlene: zwei falsche Schlangen. Unterschieden sie sich überhaupt voneinander? Ich schnappte mir einen weiteren Mojito und stand dann, ohne mich zu verabschieden, vom Tisch auf.
Drei Babys: eines für jedes, um das wir trauerten, plus ein weiteres erbsengroßes Wunder. Ich lief durch meine Tage mit einem glückseligen Lächeln im Gesicht.
Frau Dr. Frumkes versicherte mir, dass ich mich nicht einschränken müsse. Vielleicht sollte ich nicht gerade den AppalachianTrail entlangwandern, aber ich musste
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