Freundinnen wie diese - Koslow, S: Freundinnen wie diese
Schwangerschaften zu reden. Doch ich wusste, dass er genauso oft daran dachte wie ich.
»Was hat es mit den Luftballons auf sich?«, fragte ich. »Feiern wir irgendwas?«
»Q, ich wüsste nicht mal, wie man Luftballons verschickt. Was immer du da bekommen hast, von mir ist es nicht. Sollte ich eifersüchtig sein?«
»Du solltest immer eifersüchtig sein. Tut mir leid, dass ich dich gestört habe.«
Tut mir leid, dass ich so albern bin.
Die Schwangerschaft pürierte langsam mein Gehirn. Konnten die Ballons von Maizie sein? Nein, sie bekam Luftballons – sie verschickte keine. Wahrscheinlich waren sie ein Werbegeschenk der Reinigung, die auf der gegenüberliegenden Straßenseite neu aufmachte, und jeder Bewohner hatte so ein Ballonbündel erhalten. Um meine Theorie zu bestätigen, setzte ich mein Kopftuch ab und fuhr in die Lobby hinunter, überzeugt davon, dass sie mit Girlanden geschmückt war, so als würde jeden Augenblick ein Festumzug von unserem Haus aus starten. Doch die Lobby sah völlig normal aus, wenn man gepunktete Sesselbezüge außerhalb eines Kinderzimmers für normal hielt. Ich holte die Post aus dem Briefkasten und kehrte zu meiner Arbeit zurück.
Fünf Minuten später hielt ich mitten im Abbeizen inne. Ein Friedensangebot – das waren diese Ballons. Von Jules, die tief beschämt war über ihr Verhalten. So beschämt, dass sie es nicht fertigbrachte, direkt mit mir zu reden. Es war schon immer Jules’ Art gewesen, mit auffälligen Gesten Eindruck zu schinden, vom ersten Moment an, in dem wir uns kennengelernt hatten, gleich hier um die Ecke, als es in diesem Viertel noch lauter Junkies und Wettbüros gab, statt Cafés und Pilates-Studios. Damals war sie mit Rosen aufgetaucht, mit einem verschwenderischen lavendelfarbenen Strauß.
In meinen Gedanken entspann sich rasch eine Geschichte. Jetzt im Nachhinein sah Jules ein, wie dumm es gewesen war, Arthur von der Wohnung zu erzählen. Sie erkannte, dass sie einen Fehler gemacht hatte, und wollte ihn wiedergutmachen. Denn dieser Ausrutscher war ihr ohnehin nur aus dem armseligen Bedürfnis unterlaufen, ihren Freund zu beeindrucken.
Du meine Güte, Jules vermisste mich genauso sehr wie ich sie. Sie wollte sagen:
Tut mir leid, Quincy – verzeih mir bitte.
Während ich an den Kinderwiegen arbeitete, kaute ichmeine Analyse noch mal durch. Glaubte Jules, dass sie mich so leicht kriegen würde? Warum konnte sie sich nicht offen entschuldigen, mit Anstand und Würde? Ich sah die Ballons an und war versucht, das Fenster weiter aufzumachen, um das abgeschmackte Geschenk in die Lüfte entschweben zu lassen.
Doch was sagte das über mich? War ich etwa unfähig, eine Entschuldigung anzunehmen? Hatte ich ein kleines Vergehen zum Hochverrat stilisiert, einen ungeschickten Fauxpas zu einem Wohnungskampf? Jules war unloyal gewesen, keine Frage. Sie hatte nur an ihren eigenen Vorteil gedacht, oder zumindest an Arthur Weiners, nicht an meinen. Andererseits war sie nie so weit gegangen, Jake anzumachen, so wie meine Cousine Mary Ann aus Mankato es auf dem Essen unserer Hochzeitsprobe getan hatte, nachdem sie ihm zuerst einen anzüglichen Trinkspruch auf eine Serviette gekritzelt hatte.
Ich legte den Pinsel aus der Hand. Zu der Zeit, als ich mein Handy programmiert hatte, war Jules offenbar in der Kategorie Beste Freundin nominiert gewesen. Ich drückte die Kurzwahltaste 2.
»Jules de Marco«, sagte sie völlig geschäftsmäßig.
»Ich bin’s«, krächzte ich, als hätte ich seit einem Jahr keinen Ton mehr von mir gegeben.
»Heilige Scheiße, wirklich?«, rief sie. »Mrs Jacob Blue.« Sie stieß einen Pfiff aus. »Es spricht sich herum, was?«
»Wie bitte?« Sie klang spöttisch, defensiv, kein bisschen zerknirscht.
»Ich weiß, ich weiß. Chloe hat dich gebeten, anzurufen.«
Was sollte denn dieses Gejammer? »Es hat nichts mit Chloe zu tun.«
»Nachdem du zwei Monate lang sauer warst und mir aus dem Weg gegangen bist, rufst du also plötzlich einfach so an. Warum jetzt?«
»Es geht um die B…«, stieß ich hervor, verstummte aber mittendrin.
Warum eigentlich?
»Oh, um das Baby?«, gab sie zurück.
Mach gleich
die Babys
draus. Woher wusste Jules davon? Hatte Frau Dr. Frumkes es ihr erzählt? War das nicht ein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht? Aber die zwei waren, wie meine Mom gesagt hätte, richtige Busenfreundinnen.
»Wie bitte?«, fragte ich.
»Scheiß unglaublich, was?«, sagte Jules voller Sarkasmus.
So konnte man es
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