Frevel im Beinhaus
richtigen Zweck geschehen ist.» Ohne Vorwarnung schoss seine Hand vor und krallte sich in Adelinas Oberarm. «Ihr werdet mich nicht daran hindern, Meisterin Burka, o nein. Im Gegenteil! Da Ihr Euch nicht heraushalten konntet – wie oft muss man Euch eigentlich drohen? –, werdet Ihrnun das Vergnügen haben, selbst Teil des Rituals zu werden. O ja, das ist eine hervorragende Sache. In der kommenden Nacht haben wir Vollmond. Das ist genau der richtige Zeitpunkt.» Adelina zuckte entsetzt zusammen, als er seine andere Hand fast zärtlich auf ihren Bauch legte. «Sehr schön», säuselte er, und in seinen Blick trat ein unheimliches Funkeln. «Die Frucht Eures Leibes steht kurz vor der Geburt, nicht wahr? Eine wunderbare Fügung, denn mein höllischer Meister liebt es, wenn die Opfer, die man ihm darbringt, schon menschliche Formen angenommen haben. Stellt Euch nur vor, wie es ihn freuen wird, diesem kleinen Kindlein die unschuldige Seele rauben zu dürfen. Vielleicht lebt es sogar noch, wenn ich es ihm darbringe.»
Adelina hatte das Gefühl, als krieche Eiseskälte in ihre Glieder. Sie hatte die Augen weit aufgerissen und betete innerlich um den Beistand der Heiligen Gottesmutter. «Ihr … wollt …» Sie konnte es nicht aussprechen. Zu entsetzlich war die Vorstellung, er würde mit ihr ebenso verfahren wie mit der armen Schustersfrau.
«Ach nein, meine Liebe. Ich will nicht, ich muss! Das reine Blut eines ungeborenen Säuglings enthält die größte Macht, die Ihr Euch vorstellen könnt. Damit kann ich nicht nur ein Heer von Dämonen gefügig machen – damit kann ich sogar den Satan höchstpersönlich herbeilocken.»
«Aber Ihr habt schon Frau Katharinas Kind. Warum wollt Ihr noch eines?»
«Wie?» Emilianus schüttelte den Kopf. «Gar nichts habe ich! Ihr habt mich ja gezwungen, es wieder herzugeben, bevor ich dazu kam, es zu benutzen. Wenn ich es nicht zusammen mit den Schuhen bei der Ulrepforte hätte verstecken lassen, wäre Euer Gemahl vielleicht sogar wieder freigekommen. Hätte ich das riskieren sollen? Einfach unglaublich, dass jemand wie er – ein verurteilter Ketzer – hier in Köln in derart hohem Ansehen steht. Selbst der Erzbischof hältgroße Stücke auf ihn, das stelle man sich einmal vor. Aber das ist nun glücklicherweise vorbei.» Er lächelte wieder. «Die Beweislage steht so eindeutig gegen Euren Gemahl, dass Friedrich vermutlich dem Prozess gegen ihn höchstpersönlich beiwohnen wird. Wenn ich mit Euch fertig bin, wird es ihm ein Vergnügen sein, den Scheiterhaufen unter dem Ketzerpack selbst zu entzünden.» Endlich ließ Emilianus von ihrem Bauch ab, doch im nächsten Moment hielt er ein kleines Messer in der Hand.
Adelina starrte benommen darauf und hatte das Gefühl, ihr Herz zerspringe.
Der Geistliche nickte ihr vielsagend zu. «Erkennt Ihr es?» Er hob das Messer leicht an, damit sie den Griff besser sehen konnte. Er war mit kleinen Edelsteinen verziert. «Ein kluger Schachzug, Euch bei den Hehlern und Hökern danach zu erkundigen», fuhr er fort. «Wenn ich nicht eingeschritten wäre, hätte dieser Esel Hugo es wahrscheinlich sogar wieder hergegeben. Als ich hörte, dass er es nicht, wie vereinbart, in Eurer Grube versenkt hatte, hätte ich ihn besser sofort beseitigen lassen. Aber Männer wie er und Michel sind einach unbezahlbar, wenn es darum geht, schmutzige Arbeiten zu verrichten. Leider wurde Hugo mit seiner Gier nach Geld zuletzt wirklich lästig.»
«Ihr habt ihn ihn Rhein ertränkt.»
«Nicht ich, Meisterin Burka», antwortete er milde. «Der gute Michel war so gut, mir diesen Handgriff abzunehmen. Zum Dank bin ich bereit, zu gegebener Zeit mit ihm weniger hart zu verfahren, als es mir zunächst vorschwebte.» Er hielt inne. «Über die Wirkung von Arsenik muss ich eine Apothekerin wohl nicht aufklären, wie?» Er lachte abfällig. «Wie dem auch sei, ich bin froh, dass Ihr nun hier seid. An diesem Ort werdet Ihr noch längere Zeit verweilen müssen, fürchte ich. Erst bei Mondaufgang kann ich mit dem Ritual beginnen.» Er näherte die Messerklinge gefährlich ihremLeib. «Das lässt Euch immerhin genügend Zeit, Euch innerlich auf das wundervolle Opfer vorzubereiten, das Ihr meinem höllischen Meister darbringen werdet.»
Er lockerte ein wenig seinen Griff um ihren Arm. Adelinas Blick irrte wieder zum Ausgang. Sollte sie es wagen?
«Rührt Euch nicht von der Stelle», drohte Emilianus. Er war ihrem Blick gefolgt und griff wieder fester nach ihrem Arm. «Wenn Ihr
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