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Frevel im Beinhaus

Frevel im Beinhaus

Titel: Frevel im Beinhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
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fragte sie, ohne sich umzudrehen. «Glaubt Ihr, ich würde womöglich heimlich die Flucht ergreifen?»
    Greverode betrat die Küche, ging zum Tisch und lehntesich mit verschränkten Armen dagegen. «So, wie ich Euch einschätze, läge diese Vermutung wohl gar nicht so fern, Meisterin Burka. In Eurem derzeitigen Zustand jedoch …» Sein Blick glitt bedeutsam zu ihrer Leibesmitte. «Ihr würdet nicht weit kommen, und das wisst Ihr selbst am besten. Warum liegt Ihr nicht im Bett und schlaft?»
    Langsam ließ sich Adelina auf die Ofenbank sinken und faltete ihre Hände. «Ihr begreift es noch immer nicht, oder? Ich werde nicht eher wieder einen ruhigen Schlaf finden, bis mein Mann zurück an meiner Seite ist. Und ich werde alles dafür tun, was in meiner Macht steht, ob Ihr mich daran zu hindern versucht oder nicht.» Herausfordernd blickte sie zu ihm auf.
    Er erwiderte ihren Blick eine geraume Weile schweigend. An seiner Wange zuckte kurz ein Muskel, dann nickte er leicht. «Ich beginne es langsam zu begreifen, Meisterin Burka. Ihr habt den Medicus aus echter Neigung geheiratet, nicht wahr? Ich bin bisher davon ausgegangen, dass es Euer Vater selig war, der diese Verbindung angestrebt und durchgesetzt hat, um Euch versorgt zu wissen. Aber so war es wohl doch nicht.»
    Adelina bemühte sich, die Fassung zu bewahren. «Nein, so war es nicht.»
    «Vermutlich wünscht Ihr Euch nun, dass es so gewesen wäre.»
    Der bittere Klang seiner Stimme ließ Adelina aufhorchen. Sie löste ihre verkrampften Finger wieder voneinander und strich gedankenverloren über ihren Bauch. «Nein, Hauptmann Greverode, da irrt Ihr Euch.» Eindringlich betrachtete sie sein kantiges, durchaus nicht unansehnliches Gesicht. «Wisst Ihr überhaupt, was es bedeutet, einen Menschen zu lieben? Oder ist Euch dieses Gefühl vollkommen fremd?»
    Wieder zuckte der Muskel in seiner Wange. Schließlichwandte er seinen Blick ab. «Ich ziehe es vor, mir dieses Leid zu ersparen.»
    «Klug gedacht.»
    «Schön, dass Ihr es einseht.»
    «Habt Ihr deshalb für Eure gerade vierjährige Tochter schon jetzt um einen Lehrmeister nachgefragt? Um Euch das Leid zu ersparen, sie aufwachsen zu sehen und sie möglicherweise in Euer kaltes Herz zu schließen? Warum gebt Ihr sie nicht gleich zu den Benediktinerinnen im Kloster Machabäern? Dann wäret Ihr sie los.» Ungewollt war ihre Stimme schärfer geworden, als sie beabsichtigt hatte, doch sie tat nichts, um ihre Worte abzumildern. Abwartend sah sie ihn an.
    Sein Kopf hob sich langsam wieder, und nun stand in seinen Augen wieder rechtschaffener Zorn. «Was wisst Ihr über Lucardis?»
    «Ich gehöre der Gaffel Himmelreich an, wie Ihr wissen dürftet. Zunftmeister Leuer schlug mir vor, Eure Tochter in zwei bis drei Jahren zu mir in die Lehre zu nehmen.»
    «Ihr?»
    «Keine Sorge, ich habe abgelehnt. Ihr braucht Euch also keine Gedanken darüber zu machen, Lucardis könnte unter meinen schädlichen Einfluss geraten.» Adelinas Stimme hatte einen sarkastischen Ton angenommen. «Wenn ich bis dahin überhaupt noch eine Apotheke besitze.»
    «Ihr habt also abgelehnt.»
    «Wie?» Ihre Gedanken waren bereits weitergewandert, sodass sie sich erst auf seine Worte konzentrieren musste. Sie nickte. «Ich gehe davon aus, dass das in Eurem Sinne war. Ihr könnt mich nicht ausstehen, und auch ich habe ganz sicher keinen Grund, Euch irgendwie freundlich gesinnt zu sein. Nicht nach dem, was in der Vergangenheit alles geschehen ist. Außerdem weiß ich ja, dass Ihr beschlossen habt, mich zu hassen. Wenn mir auch kein vernünftigerGrund dafür einfallen will, da ich Euch – zumindest wissentlich – niemals einen Anlass dazu gegeben habe.» Adelina stand etwas umständlich auf, und zu ihrer Verwunderung war Greverode sofort neben ihr, um sie zu stützen. Einen Moment lang blickten sie einander schweigend in die Augen, dann schob sie seine Hand entschieden fort. «Ich gehe jetzt zu Bett, Hauptmann Greverode. Das würde ich Euch auch empfehlen.» Entschlossen ging sie zur Tür. Sie war schon so gut wie hindurch, als sie seine Worte vernahm: «In einem Punkt habt Ihr recht, Meisterin Burka. Ich würde Euch gerne hassen.»
    Sie blieb nur kurz stehen, nickte und stieg mit einem mulmigen Gefühl in der Magengrube die Treppe ins Obergeschoss hinauf. Jedoch erst, als sie im Bett lag, begriff sie den wahren Sinn seiner Worte. Noch lange, nachdem die Kirchenglocken die Komplet verkündet hatten, lag sie mit offenen Augen da und starrte in die hin und

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