Frevel: Roman (German Edition)
weiß es nicht. Es ist nur eine Theorie.« Ich gehe beim Sprechen zwischen den Destillierapparaten auf und ab und versuche, durch den Mund zu atmen, um dem Gestank zu entgehen. »Es ist, wie Ihr sagtet, ziemlich boshaft und sinnlos, einer Frau vergiftetes Parfüm zu schenken, das bewirkt, dass die Haut Blasen wirft. Aber was, wenn Cecily wusste, dass das Parfüm nie dazu bestimmt war, als solches benutzt zu werden – wenn ihr Verehrer es ihr zu einem anderen Zweck geschenkt hatte? Denkt nach, Dee – es gibt eine ganze Reihe von Fanatikern, die bereit sind, die Königin zu töten, um die katholische Kirche wieder an die Macht zu bringen.«
Dee nickt bedächtig. »Erst letzten Monat haben sie einen Mann auf der Straße von York verhaftet, der zwei geladene Pistolen bei sich hatte und vor jedem, der es hören wollte, damit prahlte, er würde Elisabeth töten, um die alte Ordnung in England wiederherzustellen. Er war ganz offensichtlich nicht bei Verstand, der arme Teufel – sie haben ihn trotzdem gehängt und gevierteilt, um ein Exempel zu statuieren.«
»Nicht jeder ist so hitzköpfig. Ein klügerer Mann mag sich sagen, dass der beste Weg, um an die Königin heranzukommen, darin besteht, sich einer Person zu bedienen, der sie vertraut. Eine Hofdame wie Cecily Ashe hätte wohl zahlreiche Gelegenheiten gehabt, der Königin etwas in den Wein zu tun, wenn man es ihr zur Verfügung gestellt hätte.«
Ich sehe ihm an, dass er nicht überzeugt ist.
»Nun, Bruno – ehe wir uns mit diesen Theorien vergaloppieren, wollen wir erst einmal sehen, was diese Flasche alles enthält.« Er reicht mir das Parfüm und tritt zu einer Holzkiste in einer Ecke des Raumes, hinter einem großen konischen Topf von halber Mannshöhe, der an einem Messinggestell über dem Feuer hängt. Als er den Deckel der Kiste abnimmt, hört man plötzlich ein Kratzen und Scharren, gefolgt von wildem Gequieke. Dee greift hinein und fördert eine zappelnde braune Maus zu Tage. »So, dann wollen wir einmal.« Er hebt den Kopf, und sein Blick fällt auf mein Gesicht. »Sie vermehren sich in meinem Haus wie die Pest – ich habe dem Küchenjungen aufgetragen, ein paar für mein Laboratorium zu fangen. Ihr wärt überrascht, in wie vieler Hinsicht sie sich als nützlich erweisen, Bruno.«
»Das kommt mir ein wenig grausam vor.« Ich zucke die Achseln.
»Wissen erwirbt man oft auf brutale Weise«, erwidert er sachlich. »Das ist der Fluch der Wissenschaft. Und Ihr wollt doch sicher nicht, dass ich es an einem Diener erprobe, oder? Gebt mir jetzt das Fläschchen wieder und haltet die Maus fest.« Er drückt mir den kleinen, sich windenden Körper in die Hand. Ich spüre, wie das winzige Herz unter meinen Fingern hämmert. Der Schwanz zuckt wild hin und her, während Dee seelenruhig von Tisch zu Tisch geht und verschiedene Gerätschaften zusammensucht – ein Glasrohr, einen Trichter, ein Kästchen mit einem Klappdeckel. Er weist mich an, das Tierchen auf den Rücken zu legen. Das gefällt der Maus noch weniger, sie beißt zu, ich fluche und lasse sie fast fallen, als ein Blutstropfen aus meinem Finger quillt.
»Haltet sie still«, sagt Dee ungeduldig, als wäre ich derjenige, der sich zur Wehr setzt. Mit einiger Mühe führt er das Glasröhrchen in die Schnauze der Maus ein, wogegen das arme Geschöpf mit all seinen schwachen Kräften ankämpft und dabei jämmerlich quiekt, bis ich fürchte, es zu erdrücken, so sehr muss ich mich anstrengen, es festzuhalten. Dee steckt den Trichter in das Rohr und gießt etwas von der Flüssigkeit aus der Flasche hinein. Ein großer Teil schwappt über; es ist fraglich, ob die Maus überhaupt etwas geschluckt hat, aber Dee öffnet den Deckel des kleinen Kastens und befiehlt mir, das Tier hineinzusetzen.
»Und jetzt warten wir ab«, sagt er so zufrieden, als hätte er eben ein Kuchenblech in den Ofen geschoben. »In der Zwischenzeit muss ich Euch etwas zeigen, was mir auf der Seele liegt, Bruno. Kommt mit.«
Er führt mich durch eine Tür im hinteren Teil des Laboratoriums in sein Studierzimmer, wo ich zuletzt mit ihm und Kelley deren Séance beigewohnt habe. Zu meiner Erleichterung stelle ich fest, dass Kelley nicht da ist.
»Sie hat mich für heute Abend nach Whitehall bestellt.« Mit einer Hand bedeutet er mir, Platz zu nehmen, mit der anderen zupft er an der Spitze seines Bartes herum. »Das verheißt nichts Gutes, fürchte ich. Walsingham kam gestern zu mir herübergeritten, um mir das hier zu zeigen.« Er geht zu
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