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Frevel: Roman (German Edition)

Frevel: Roman (German Edition)

Titel: Frevel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Parris
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Hochzeitstag ist der Zenit ihrer kurzen Blütezeit, danach wird von ihr erwartet, sich in den Hintergrund zurückzuziehen, ihr Haar zu bedecken und sich mit dem zufriedenzugeben, was vom Glanz ihres Mannes und ihrer Kinder auch auf sie fällt. Für eine Frau wie Marie muss diese erzwungene Zurückhaltung mit dem Tragen eines härenen Hemdes gleichzusetzen sein.
    Dieses Spiel, das sie mit mir treibt – die koketten Bemerkungen, die Berührungen, die Art, wie sie ihre Aufmerksamkeit zwischen mir und Courcelles aufteilt –, ist nur der Versuch, sich nun, da sie nicht mehr der gefeierte Mittelpunkt von allen ist, ein eigenes Drama zu inszenieren. Flüchtig empfinde ich Mitleid mit ihr, doch dann denke ich daran, wie gefühllos sie am Esstisch von einem heiligen Krieg gesprochen hat und wie sie das Emblem des Herzogs von Guise als Ehrenzeichen trägt – dasselbe Emblem, das bei den beiden toten Hofdamen gefunden wurde. Ob unwissentlich oder nicht … Marie ist irgendwie in die Morde verstrickt. Aber vielleicht ist selbst diese Begeisterung für eine französisch-spanische Invasion für sie nur ein weiteres Mittel, sich das Gefühl zu verschaffen, ein Teil der Welt zu sein, statt in der Abgeschiedenheit ihrer Räume nur von ihr zu hören.
    »Ich glaube Euch nicht«, sagt sie endlich und schüttelt mit demselben belustigten Lächeln den Kopf. »In Euch steckt mehr, als es nach außen hin den Anschein hat. Allerdings gibt es an der Fassade nichts auszusetzen.« Sie breitet den Papierbogen mit dem Diagramm über unseren beiden Schößen aus, gibt vor, es zu studieren, zieht mit dem Finger langsam die Kreise nach und presst dabei den Arm gegen den meinen. Mein ganzer Körper verkrampft sich vor Anstrengung, nicht darauf zu reagieren. » Habt Ihr König Henri in die Geheimnisse der Magie eingeweiht«, flüstert sie, als könne mich diese Nähe dazu zu bewegen, ihr die meinen anzuvertrauen.
    »Nein.«
    »Will Königin Elisabeth darin unterwiesen werden? Ging es bei Euren geheimen Gesprächen darum?«
    »Nein.« Also das will sie herausfinden, oder nicht? Ich frage mich, wer sie darauf gebracht hat – vielleicht Henry Howard, um die Königin in Misskredit zu bringen?
    »Es ist allgemein bekannt, dass sie einen eigenen Astrologen beschäftigt.«
    »Hierbei handelt es sich nicht um Astrologie.« Ich tippe auf das Diagramm. »Sondern um ein Mittel, das Gedächtnis zu stärken.«
    Ihre Fingerspitze ruht auf dem zentralen Kreis.
    »Sind das die Namen von Dämonen?«
    Ich ringe mir ein Lachen ab, es klingt eher wie ein gepresstes Quieken.
    »Abermals nein. Es sind die sechsunddreißig Unterteilungen des Tierkreises, drei für jedes Zeichen. Und zugleich Symbole … Gedächtnisbilder, wenn man so will.«
    Sie murmelt ein paar der Namen so leise wie eine Litanei: Assican, Senacher, Acentacer, Acecath, Viroaso . Bei diesen Worten aus ihrem Mund beginnt meine Nackenhaut zu prickeln, die Luft scheint sich wie eine Samtdecke über uns zu legen. Jetzt dreht sie sich um und hebt langsam eine Hand zu meinem Gesicht, ihr Daumen streicht sacht über meine Wangenknochen, hernach über meine Unterlippe. Das Verlangen, das in ihren Augen brennt, erschreckt und verwirrt mich zugleich. Der züngelnde Schein der Flammen fängt sich als tanzende Punkte in ihren Pupillen, sie hypnotisieren mich, ich bin wie gefesselt, kann mich nicht mehr rühren. Gerade als ihr Gesicht sich dem meinen nähert und ich weiß, dass ich der Versuchung nicht widerstehen kann, zerbirst ein Holzscheit mit lautem Krachen im Kamin, und Funken sprühen auf. Wir zucken beide zusammen, der Zauber ist gebrochen, und ich nutze die Gelegenheit, um mich abrupt zu erheben und den Papierbogen an mich zu nehmen.
    »Marie … ich kann nicht. Euer Mann – ich bin Gast in seinem Haus. Es wäre …« Der Satz bleibt unvollendet in der Luft hängen.
    Sie rutscht auf der Bank hin und her, dann blickt sie auf. Ihre Augen lodern. Ihr Stolz ist verletzt, also richtet sie ihren Zorn auf mich. Rote Flecken leuchten auf ihren Wangen, ihre Lippen sind zu einem weißen Strich zusammengepresst.
    »Ein Wort zu meinem Mann.« Ihre Stimme klirrt förmlich vor Kälte. »Ich muss nur ein einziges Wort darüber verlieren, dass Ihr versucht habt, mich zu berühren, und Ihr würdet unverzüglich hinausgeworfen werden. Wohin würdet Ihr dann wohl gehen?« Als ich keine Antwort gebe, hebt sie herausfordernd den Kopf. »In Ungnade zurück nach Paris. Ich könnte Euch vernichten, wenn ich wollte.«
    »Das

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