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Frevelopfer

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Titel: Frevelopfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indriðason
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Acker«, sagte der Mann und befasste sich wieder mit seinen Bierflaschen.
    Elínborg bedankte sich. Dies war das zweite Lokal, das sie besuchte, nachdem sie von der Rauschgiftabteilung, die im Þingholt-Fall mit der Kriminalpolizei zusammenarbeitete, erfahren hatte, wo in der Unterwelt Rohypnol gehandelt wurde. Elínborg wusste, dass Rohypnol ein verschreibungspflichtiges Mittel gegen Schlafstörungen war. Runólfur hatte keinen festen Hausarzt, aber Elínborg fand ziemlich schnell heraus, dass er seit seinem Umzug nach Reykjavík zu zwei Ärzten gegangen war. Zwischen den Besuchen lagen drei Jahre, und demnach fehlte ihm eigentlich nichts, was der obduzierende Arzt ja auch bestätigt hatte. Beide Ärzte waren nicht bereit, ohne richterliche Verfügung Auskünfte darüber zu geben, was Runólfur von ihnen gewollt hatte, aber beide konnten bestätigen, dass sie ihm kein Rohypnol verschrieben hatten. Es überraschte Elínborg nicht, dass die Rohypnol-Spur nicht zu den Ärzten führte. Runólfur hätte das Mittel natürlich im Ausland kaufen können, aber er schien das Land in den letzten sechs Jahren nicht verlassen zu haben. Von seinen Kollegen erfuhr sie, dass er, soweit sie wussten, zuletzt in Benidorm Urlaub gemacht hatte. Eine Überprüfung der Passagierlisten ergab, dass er in letzter Zeit nicht ins Ausland geflogen war. Höchstwahrscheinlich hatte er sich die Droge also auf illegale Weise in Island beschafft.
    Elínborg ging zu einem der Gäste, einer Frau unbestimmbaren Alters, die an einem der Tische saß und den Rauch einer selbst gedrehten Zigarette inhalierte. Als sie so kurz geworden war, dass sie sich die Finger verbrannte, zuckte sie zusammen und warf den Stummel weg. Ein halb volles Bierglas stand auf dem Tisch und daneben ein leeres Schnapsglas.
    Und alles auf Kosten der Gesellschaft, hätte Sigurður Óli gemosert.
    »Hast du Berti in letzter Zeit gesehen, Solla?«, fragte Elínborg und setzte sich zu der Frau.
    Die Frau schaute auf. Sie trug einen dreckigen Mantel und einen verbeulten Hut auf dem Kopf, ihr Alter war unbestimmbar. Solla konnte um die fünfzig sein, vielleicht ging sie aber auch schon auf die achtzig zu.
    »Was geht dich das an?«, fragte sie mit heiserer Stimme zurück.
    »Ich hätte gern mit ihm geredet.«
    »Pah, red doch einfach mit mir«, sagte Solla.
    »Vielleicht später«, sagte Elínborg. »Jetzt muss ich Berti treffen.«
    »Keiner will mit mir reden«, sagte Solla.
    »Das ist doch Unsinn.«
    »Nee, keiner will mit mir reden.«
    »Hast du Berti kürzlich hier gesehen?«
    »Nein.«
    Elínborg sah zu den anderen beiden Kunden hinüber, einem Mann und einer Frau, die sie nicht kannte. Sie hatten jeweils ein Bierglas vor sich stehen und rauchten. Der Mann sagte etwas, stand auf, ging zu einem der Spielautomaten in der Ecke und warf eine Münze ein.
    »Was willst du von Berti?«, fragte Solla.
    »Es geht um eine Vergewaltigung«, antwortete Elínborg.
    Solla schaute von ihrem Bier auf.
    »Hat er eine Frau vergewaltigt?«
    »Nein, er nicht. Ich brauche aber Informationen von ihm.«
    Solla trank einen Schluck Bier und beobachtete den Mann am Spielautomaten.
    »Widerlich, diese Kerle, die Frauen vergewaltigen«, sagte sie leise.
    Elínborg hatte sich im Lauf der Jahre diverse Male mit Solla befassen müssen. Sie hatte längst vergessen, wie sie wirklich hieß, falls sie es denn irgendwann einmal gewusst hatte. Solla hatte immer schon ein elendes Leben gehabt und mit irgendwelchen Herumtreibern zusammengelebt, mit hoffnungslosen Schnapsbrüdern und Rauschgiftsüchtigen, hatte allein gelebt, war in Wohngemeinschaften und Institutionen ein und aus gegangen, war auf der Straße gewesen. Hin und wieder war sie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen, weil sie etwas in Geschäften mitgehen lassen oder Wäsche von der Leine geklaut hatte. Sie war im Grunde genommen eine Seele von Mensch, aber nicht, wenn sie betrunken war. Dann wurde sie jähzornig, konnte Randale machen und in schlimme Situationen geraten, die ihr Prügel einbrachten. Sie war oft in der Ambulanz gelandet und hatte Unterschlupf in den Arrestzellen der Polizei gefunden.
    »Ich ermittle im Fall eines vermeintlichen Vergewaltigers«, sagte Elínborg und überlegte, ob »vermeintlich« irgendeine Bedeutung für Solla hatte.
    »Hoffentlich kriegst du das Schwein«, antwortete sie.
    »Wir haben ihn bereits. Wir wollen wissen, wer ihn umgebracht hat.«
    »Ist er umgebracht worden? Ist der Fall dann nicht gelöst?«
    »Wir müssen

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