Fridolin zieht nach Berlin
du das?“, kam es leise zu ihr empor. Es hörte sich verzweifelt an.
„Wer denn sonst?“
„Ich war so lange schon nicht mehr hier.“
„Leider“, entgegnete Ilse, die mittlerweile genau wusste, wer da unter dem Sims stand.
„Das lässt sich zurzeit einfach nicht ändern.“
„Ich weiß“, nickte Ilse verständnisvoll.
„Und sie waren schon oben.“
„Oh“, sagte Ilse und warf einen vorsichtigen Blick auf das Nachbarhaus. „Das ist nicht gut.“
„Ganz und gar nicht“, pflichtete ihr die geheimnisvolle Stimme bei. „Glaube mir, ich war kurz davor zu kämpfen.“
„Wie schrecklich“, flüsterte Ilse, die sich vorstellte, wie ihr unsichtbarer Gesprächspartner die Zähne fletschte und leise knurrte, während er darauf wartete, einen Angriff starten zu müssen. Und wie leid ihr plötzlich die armen Kinder taten, die sicherlich auf dem Dachboden große Angst gehabt hatten!
Nun, Ilse wusste nicht genau, wie stark ihr Gesprächspartner war, aber alleine der Gedanke an seine langen Zähne ließ Ilse erschaudern. Und doch wusste Ilse, dass ihr nichts passieren würde. Dafür war sie ja viel zu gut mit ihrem Gesprächspartner befreundet.
Seit Ilse hier lebte, wusste sie von dem geheimnisvollen Freund, der auf dem Dachboden im gegenüberliegenden Haus wohnte. Und seitdem mochten sich die beiden ausgesprochen gerne. Sie hatten so viel gemeinsam, obwohl sie doch völlig unterschiedlich waren. Aber beide liebten es, den Wind im Gesicht zu spüren. Beide waren ausgesprochen neugierig, und die Liebe zu Kindern war so unzertrennlich mit ihnen beiden verbunden, dass Ilse manchmal bedauerte, dass sie selbst bis heute keine Küken hatte ausbrüten dürfen.
Ilse seufzte leise, als sie blinzelte, sich wieder auf ihren unter dem Fenstersims sitzenden Gesprächspartner konzentrierte und ihm weiter zuhörte.
„Ich hatte solch eine Angst“, meinte die Stimme. „Ich glaube, ich ziehe lieber aus.“
„Aber das geht nicht“, stieß Ilse aus, die aufgeregt mit ihren Flügeln schlug und sich von ihrer Stange erhob.
„Sie würden es verstehen“, versicherte Ilses Gesprächspartner und klang dabei so kummervoll, dass es Ilse beinah das Herz gebrochen hätte.
Wie sollte sie nur helfen? Wie konnte sie die Situation bereinigen, ohne dass jemand zu Schaden kam? Ilse fühlte sich hilflos, als sie darüber nachdachte, und sie war sich sicher, dass sie so schnell keine Lösung finden würde.
„Meinst du?“, wollte Ilse schließlich wissen. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Kinder wirklich alles verstanden, was man ihnen erzählte.
„Ich will es hoffen“, antwortete die Stimme. „Sie verstehen schon sehr viel.“
„Aber sie sind noch so winzig.“
„Ich werde sie einzeln tragen.“
„Das Dach ist schief“, gab Ilse zu bedenken. Sie wollte sich gar nicht ausmalen, was alles passieren konnte, wenn ihr Gesprächspartner das in die Tat umzusetzen versuchte, was er gerade angedeutet hatte.
„Und rutschig, ich weiß. Es wurde schon lange nicht mehr gepflegt. Aber ich habe scharfe Krallen.“
„Die auch nicht immer halten“, sagte Ilse gerade heraus und hörte ein weinerliches Seufzen. „Das war nicht so gemeint“, fügte sie rasch hinzu.
„Du hast ja Recht. Ich weiß mir aber nicht anders zu helfen.“
„Hab noch etwas Geduld. Bitte. Alles wird gut, das verspreche ich dir.“
„Meinst du das wirklich?“
„Sitze ich in einem Käfig?“, fragte Ilse ernst zurück.
„Ja, das tust du.“
„Damit hast du deine Antwort.“
„Ich versuche es“, meinte Ilses Gesprächspartner und verabschiedete sich dann mit einem traurigen „Mach‘s gut.“
Ilse betete, dass alles klappte.
Auf dem Spielplatz
Mike war schon ein fröhliches Mädchen. Nichts gab es, was sie aus der Ruhe bringen oder ihre gute Laune vertreiben konnte. Nein, selbst dann nicht, als sie und Anna zusammen auf einem nahegelegenen Spielplatz auf einer Schaukel saßen und Nancy mit ihren Freunden auf der gegenüberliegenden Spielwiese ihre Zelte aufschlug.
Anna, die gleich Bauchschmerzen bekam und sich sicher war, dass es wieder zu einer Auseinandersetzung kommen würde, blickte hilfesuchend zu ihrer neuen Freundin, die gedankenverloren mit der Fußspitze im Sand bohrte.
Mike hatte Anna eben noch erzählt, dass sie sich sicher war, dass auf dem Spielplatz viele verborgene und tief in der Erde eingegrabene Schätze zu finden waren. Natürlich glaubte Anna die Geschichte nicht. Aber sie fand es schön, sich
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