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Fridolin zieht nach Berlin

Fridolin zieht nach Berlin

Titel: Fridolin zieht nach Berlin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Tippner
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vorzustellen, wie es war, wenn man wirklich auf Gold und Edelsteine stieß.
    So aber, mit Nancy auf der gegenüberliegenden Spielwiese, wollte sich Annas Fantasie einfach nicht entfachen. Nein, sie spürte auf einmal nur eine ungeheure Sehnsucht nach Bömsen in sich aufsteigen. Damals, in ihrem alten Zuhause, hatte sie nie solche Probleme gehabt. Natürlich hatte es auch ab und zu Streit unter den Kindern gegeben, aber sie hatte nie solche Angst gehabt wie in diesem Augenblick.
    „Nancy“, sagte sie deswegen und hoffte, dass Mike eine Idee hatte, wie man dem lästigen und unhöflichen Mädchen entkommen konnte.
    „Na und?“, zuckte Mike mit den Schultern und schabte weiter mit dem Fuß über die Erde.
    „Wollen wir nicht lieber woanders hin?“, stellte Anna die vorsichtige Frage und hoffte, dass Mike ihrem Wunsch entsprechen würde.
    „Warum?“ Ehrliche Verwunderung stand Mike ins Gesicht geschrieben.
    „Die waren vorgestern schon nicht nett zu dir. Und heute werden sie es auch nicht sein.“
    „Wenn man vor seinem Feind davonläuft, wird man ihn nicht besiegen können“, erklärte Mike mit stolzgeschwellter Brust und wirkte so selbstsicher und zuversichtlich, dass Anna beinahe neidisch wurde.
    „Sie ist doch nicht der Feind“, sagte Anna mit einem flüchtigen Lächeln, das in ihren Mundwinkeln zitterte.
    „Was ist sie dann?“
    Anna zuckte mit den Schultern, antwortete dann aber leise: „Ein Unruhestifter.“
    „Na gut“, nickte Mike und ließ sich das Wort Unruhestifter auf der Zunge zergehen. Und wie immer, wenn ihr etwas zu gefallen schien, begann sie spitzbübisch zu lächeln und nickte sich selber zu. „Unruhestifter ist gut.“
    „Klingt auch gleich viel netter.“
    „Bist du ein Diplomat?“, wollte Mike grinsend wissen. Sie musste gewusst haben, dass sie Anna mit der Frage „fangen“ konnte.
    Schon immer war Anna ein besonnenes und ruhiges Mädchen gewesen. Ja, sie hatte in Bömsen immer den Part des Schlichters eingenommen und war insgeheim stolz darauf gewesen, dass sie so ein friedlicher und wohlgesonnener Mensch war.
    „Nun ja“, versuchte Anna, ihre Verlegenheit nicht zu sehr zur Schau zu stellen. „In der Schule war ich in der Schlichtergruppe.“
    „Ist ja lustig. Da gehöre ich auch zu.“
    „Echt?“, fragte Anna erfreut.
    „Wo denkst du hin?“, lachte Mike und stieß Anna spielerisch mit der Faust gegen die Schulter. „Schlichtergruppe! Wer hat denn so was schon gehört?“
    Mike lachte so laut, dass es als Echo zu den beiden Mädchen zurückkehrte.
    Anna war enttäuscht, ohne dass sie es zeigen wollte. „Wir haben viel Streit verhindert“, sagte sie mit einem Hauch Trotz in der Stimme.
    „Mag ja alles sein. Aber darum geht es doch gar nicht“, lachte Mike und baute sich vor Anna wie ein alter Seemann auf. Ihre Beine waren krumm, die Hände hatte sie in die Hüften gestemmt und den Mund zu einem breiten, fröhlichen Lächeln verzogen.
    „Worum geht es dann?“
    „Darum, dass der Mensch ein wildes Tier ist. Egal, wie viele Schlichtergruppen wir gründen, wie viele wohlwollende Worte wir wählen: Der Mensch bleibt ein wildes Tier und versucht, sein Revier zu verteidigen.“
    „Soll das heißen, du willst dich mit Nancy kloppen?“
    Anna wusste sehr wohl, was Mike meinte und was sie mit diesen Worten sagen wollte. Schließlich hatte Anna mehr als eine Tierdokumentation gesehen und wusste genau, was es bedeutete, sein Revier zu verteidigen.
     Bei Nilpferden war es ihr besonders in Erinnerung geblieben. Die mächtigen, schweren Bullen liefen mit weit aufgerissenen Mäulern aufeinander zu, rempelten und stießen sich und nahmen billigend schwere Verletzungen des Gegners in Kauf.
    Das hatte Anna damals, als sie die Dokumentation gesehen hatte, sehr erschrocken. Und wenn sie jetzt ehrlich zu sich selber war, und das war sie immer, entsetzte sie der Gedanke daran, dass Mike sich mit Nancy schlagen wollte.
    „Wo denkst du hin?“, lachte Mike und riss Anna aus ihren Gedanken, die sich überschlugen. „Ich will mich doch nicht kloppen. Gewalt ist immer der falsche Weg.“
    Nun verwirrte Mike Anna noch mehr. „Aber du hast doch eben gesagt …“
    Mike unterbrach Anna. „Was ich gesagt habe und was ich meine sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe, das sagt meine Mama auf jeden Fall immer.“
    Anna schüttelte verwirrt den Kopf: „Was willst du denn jetzt machen?“
    „Ich werde ihr überlegen sein.“
    „Überlegen?“
    „Und ob. Und nicht nur hier, nein, sondern

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