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Friedemann Bach

Friedemann Bach

Titel: Friedemann Bach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert Emil Brachvogel
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Voll und groß stand der Mond am sternenbesäten Himmel und goß sein mattes Silber über über die Straßen, zärtlich-lind fächelte der junge Blütenwind durchs offene Fenster.
    »Lieber Vater«, sagte Friedemann, »auch ich möchte dich um ein Andenken an diesen schönen Abend bitten, damit ich mich immer erinnern kann, wie glücklich ich heute war. So ein Tag hilft über manches Herzeleid hinweg. Ich möchte dich bitten, mir zu erlauben, daß ich das schöne Lied nach Dresden mitnehmen darf; ich will auch niemand sagen, von wem es ist.«
    »Gut, Friedemann, nimm es mit! Und wenn du einmal ein Mädchen gefunden hast, das für dich paßt, so ein braves, gutes, einfach-schlichtes Herz wie unsere Mutter, dann sing's ihm vor, aber« -- und Sebastian wurde sehr ernst -- »versprich mir, daß du selbst nie ein Liebeslied komponieren wirst, Friede! Nie!«
    »Nie, lieber Vater, ich komponiere niemals ein Lied!«
    Vater und Sohn saßen einander gegenüber, das Licht in der Stube war gelöscht.
    »Sag, Friedemann, hast du noch kein Mädchen gesehen, das dich gerne mag? Bist doch ein stattlicher Kerl; hast du kein Glück bei den Weibern?«
    »Na, soll ich denn das selber von mir sagen, lieber Vater? -- Es gibt wohl genug, denk' ich, in Dresden, die mich gern sehen, aber ich wüßte keine, die ich möchte. Meine Zeit ist auch noch nicht da, Vater; ich muß erst etwas Rechtes geschaffen haben, eh' ich dran denke, eine Frau zu nehmen.«
    »Das läßt sich hören, Friedemann! Da denkst du ungefähr wie ich. Aber warte nicht zu lange, Sohn! Wenn man sonst sein Brot hat, kann man gar nicht zeitig genug heiraten. Weißt du, warum? -- Erstens strebt man viel ernster, dann gelingt einem alles besser, und was man erringt, hat man zu zweien, das ist viel schöner. Wenn der Künstler auch noch so alt, noch so berühmt ist, er lernt doch nimmer aus; wer nichts mehr lernen kann, ist aber tot, Friedemann. Was man von seiner Frau lernt, ist gerade das beste in der Kunst und im Leben; denn die Kunst des Lebens, die Weltklugheit, und das Leben in der Kunst, die Empfindung, ist das, was die Weiber immer besser verstehen! Warte nicht zu lange mit deiner Häuslichkeit, Sohn; gerade du, du brauchst eine Frau, denn du bist einer von den Geistern, die nur im Himmel oder in der Hölle Raum haben. Solche aber müssen bald heiraten, damit sie fein auf der Erde gehen lernen. -- Nein, nein, rede mir nichts drein, ich kenne dich gar zu gut! Du wirst ein großer Künstler werden, aber du kannst -- nimm's mir nicht übel, Friedemann -- du kannst auch ein großer Lump werden! Ich hab' manchmal schon recht mit Angst an dich gedacht, wie du bei dem noblen Volk unter den Weibsleuten in Dresden sitzest, und ›Frau Ministerin‹ hier und ›Frau Gräfin‹ da, und der Herr Kammerherr tätschelt dich, und der Herr Oberstallmeister zerrt an dir, -- und alle verhunzen dich! Nicht als Künstler, das können sie gar nicht, als Künstler kannst du dich nur selber zuschanden machen, -- aber als Mensch können sie dich verschimpfieren. Halte dich zu deinem Pfarrer, Sohn, und nimm dir ein Weib; denn so wahr mir Gott helfe, das Leben ist eine verteufelt schwere Kunst!«
     

Kapitel X
     
    Brühl hatte die Zinne seines Strebens erreicht, er war alleiniger Minister.
    Im Moment der Entscheidung hatten sich die Königin und die katholische Partei auf den Monarchen geworfen und aus dem Sturze der drei unglücklichen Kronenträger Brühl nicht nur gerettet, sondern ihn an die Spitze des Staates gestellt. Marie Josepha jubelte, daß endlich die Stunde geschlagen habe, ihre Hand an Sachsens Steuer zu legen, und Quarini und die katholische Fraktion träumten von einer systematischen Katholisierung des Nordens; denn Brühl, der liebe Brühl, war höchst gefällig. Für jeden hatte er einen »ergebenen Diener«, ein bereites Versprechen, eine befriedigende Antwort, und wohl nie hat ein Hofmann eine geschmeidigere Sprache als er gehandhabt, um ... nichts von alledem zu tun.
    Der größte Schritt zur Befestigung seiner Alleinmacht war dadurch geschehen, daß er in einer geheimen Audienz bei August III. aus dem Lager der Königin sofort in das des Königs übertrat. Josepha und Quarini täuschte er damit, daß er katholisch wurde. Er operierte gegen die Königin beim König, operierte durch Einführung des strengen, altspanischen Zeremoniells gegen die Nebenbuhlerei des Hofes, -- und wenn Sulkowsky den König allein isoliert hatte, so isolierte nun Brühl zuerst das Herrscherpaar

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