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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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würden wie MORTUI SUNT UT NOS BENE EDAMUS oder MAKE SALAD, NOT WAR. Vor allem für vegetarische Speisegaststätten sollte das gelten, denn mit den Tieren gab es weniger Aufwand. Um Koteletts zu klopfen oder Hackfleisch für Hamburger zu gewinnen, brauchte man nur zuzusehen, was Hyäne oder Schakal mit einem Kadaver machten, und bei den Eiern war das nicht anders. Die Franzosen mit ihren sechshundert Käsesorten haben sich vielleicht eine kleine Medaille verdient, keinesfalls aber Marmortafeln oder gar ein Denkmal, denn die meisten dieser Käse entstanden infolge von Zerstreutheit – ein vergeßlicher Hirte hat einmal neben dem Quark eine Scheibe Brot liegenlassen. Sie verschimmelte, und so entstand der Roquefort.
    Als der Cousin daranging, zeitgenössische Politiker herabzusetzen, die nichts von Gemüse hielten, klingelte das Telefon. Er nahm den Hörer ab, lauschte hinein und gab ihn mir. Mich wolle man sprechen. Ich war sehr erstaunt, weil niemand von meiner Rückkehr wissen konnte, aber der Fall klärte sich sogleich auf.
    Aus dem Büro des UN-Generalsekretärs hatte man Tarantoga nach meiner Adresse fragen wollen, und der Cousin hatte, indem er mich ans Telefon bat, alles sozusagen kurzgeschlossen. Am Apparat war Doktor Kakesut Wahatan, der Sondergehilfe des Beraters für Fragen der globalen Sicherheit beim Generalsekretär der Vereinten Nationen. Er wünschte mich möglichst rasch zu sehen, wir verabredeten uns für den nächsten Tag, und als ich mir den Termin notierte, konnte ich nicht wissen, worauf ich mich einließ. Für den Augenblick hatte sich der Anruf immerhin als nützlich erwiesen, weil er den Redestrom von Tarantogas Cousin unterbrochen hatte. Dieser wollte bei den Pfeffergewürzen fortfahren, es gelang mir jedoch, mich zu verabschieden, indem ich Eile vorschützte und das heuchlerische Versprechen abgab, ihn bald wieder zu besuchen.
    Etliche Zeit später erzählte mir Tarantoga, die Primel sei eingegangen, der Cousin in seinem paläobotanisch-gastronomischen Rausch habe sie zu gießen vergessen. Ich nahm das als eine typische Erscheinung hin: Wer sich der Mehrzahl ergeben hat, hält nichts von der Einzahl. Daher rührt es, daß die großen Melioratoren, die die ganze Menschheit auf einmal glücklich machen wollen, mit Einzelpersonen keine Geduld haben.
    Die Katze blieb noch lange im Sack. Ich erfuhr nicht, daß ich für die Menschheit den Kopf hinhalten und auf den Mond fliegen sollte, um nachzusehen, was die erfinderischen Waffen dort ausheckten. Zunächst einmal wurde ich mit Mokka und altem Weinbrand von Doktor Wahatan empfangen. Er war Asiat und als solcher vollkommen: das reine Lächeln, und nichts herauszukriegen. Angeblich wollte der Generalsekretär unbedingt meine Bücher kennenlernen, aber da er in seiner hohen Stellung außerordentlich überlastet sei, sollte ich selbst ihm die Titel empfehlen, die ich für die wesentlichsten hielte. Wie zufällig fanden sich bei Wahatan noch einige andere Burschen ein, die um Autogramme baten. Ich konnte es ihnen nicht abschlagen. Freilich, wir unterhielten uns auch, über Roboter etwa und den Mond, über letzteren aber vor allem in seiner historischen Rolle als Exponat oder Dekoration in der Liebesdichtung. Viel später kam mir zu Ohren, daß es sich dabei nicht um simple Plaudereien, sondern um den Übergang vom Screening zur Clearance handelte. Der Sessel nämlich, in dem ich es mir bequem gemacht hatte, war mit Sensoren gespickt, mit denen man anhand der mikroskopisch kleinen Veränderungen der Muskelstruktur meine Reaktionen auf Schlüsselreize testen konnte, Wörter wie eben »Mond« oder »Roboter«. Die Situation, die ich auf der Erde zurückgelassen hatte, als ich zum Sternbild des Kalbes flog, hatte sich seither nämlich umgekehrt: Meine Tauglichkeit wurde vom Computer getestet und bewertet, und meine Gesprächspartner dienten sozusagen nur als Hörgeräte. Ich weiß selber nicht mehr, wie es kam, daß ich den Tag darauf erneut ins UN-Büro ging. Nachher luden sie mich immer wieder ein, sie wollten mich unbedingt sehen, ich aß sogar aus bloßer Geselligkeit mit ihnen in der, übrigens ganz ordentlichen, Kantine zu Mittag, aber der außerhalb liegende Zweck meiner immer häufigeren Besuche blieb unklar. Es schien sich ein Plan abzuzeichnen, daß die Vereinten Nationen meine Gesammelten Werke in allen Sprachen der Welt herausbringen wollten. Dieser Sprachen gibt es über viereinhalbtausend. Obgleich ich alles andere bin als eitel, hielt ich

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