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Frieden auf Erden

Frieden auf Erden

Titel: Frieden auf Erden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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fürchtet man für Sie.«
    »Auf dem Mond verstehe ich das ja, aber HIER?«
    »Hier um so mehr.«
    »Soll das heißen, daß ich bis zum Start nicht mehr rausdarf?«
    »Leider ja.«
    »Wenn das so ist«, sagte ich sehr leise und freundlich wie immer, wenn mich die Wut packt, »werde ich nirgends hinfliegen. Von solchen Beschränkungen ist nie die Rede gewesen. Ich habe mich verpflichtet, den Kopf hinzuhalten, nicht aber im Knast zu sitzen. Ich sollte aus freiem Antrieb fliegen. Dieser Antrieb ist bei mir soeben stark im Schwinden. Wollt ihr mich mit Gewalt in die Rakete setzen, oder was wird nun?«
    »Aber was reden Sie denn da?«
    Ich stellte mich stur, und schließlich bekam ich meinen Ausgang. Ich wollte mich mal wieder als normaler Straßenpassant fühlen, im Treiben der Großstadt untertauchen, vielleicht ins Kino gehen, auf jeden Fall aber in einem anständigen Lokal zu Abend essen, nicht in einer Kantine mit irgendwelchen Kerlen, die Sekunde für Sekunde Ijon Tichys letzte Augenblicke in einem Sendling an sich vorüberziehen ließen, ehe der letztere in einem Feuerwerk zerstob. Doktor Lopez stellte mir sein Auto zur Verfügung. Es dunkelte bereits, als ich den Stützpunkt verließ. An der Auffahrt zum Highway sah ich im Licht der Scheinwerfer eine winkende Gestalt, daneben einen Kleinwagen mit eingeschalteten Notblinkleuchten. Ich stoppte. Es war eine junge hellblonde Frau in weißen Hosen und einem weißen Pullover. Ihr Gesicht war ölverschmiert, sie nahm an, der Motor habe sich festgefahren. Tatsächlich rührte er sich nicht einmal, wenn man den Anlasser betätigte. Ich bot ihr an, sie zur Stadt mitzunehmen. Als sie ihren Mantel aus dem Auto nahm, bemerkte ich neben dem Fahrersitz einen großen Mann. Er saß reglos wie ein Klotz.
    »Das ist mein Telemacker«, erklärte sie, als ich näher hinsah. »Er hat sich verklemmt. Mir geht alles kaputt. Ich wollte ihn zur Werkstatt bringen.«
    Ihre Stimme klang matt, ein bißchen schrill, beinahe kindlich. Ich mußte sie schon gehört haben, dessen war ich mir fast sicher. Ich öffnete die rechte Tür, um die Frau einsteigen zu lassen. Bevor das Lämpchen über dem Rückspiegel erlosch, sah ich aus der Nähe ihr Gesicht. Ich fiel fast vom Sitz, so sehr ähnelte sie Marilyn Monroe, dem Filmstar aus dem vergangenen Jahrhundert. Das gleiche Gesicht, der gleiche scheinbar unwissende, naive Ausdruck von Augen und Mund. Sie wollte, daß wir irgendwo bei einem Restaurant anhielten, damit sie sich waschen konnte. Ich nahm das Gas weg, langsam rollten wir an den hellen Lichtreklamen entlang.
    »Hier gibt es ein kleines italienisches Lokal, das ganz ordentlich ist«, sagte sie, und tatsächlich strahlte uns gleich darauf die Aufschrift »Ristorante« entgegen. Ich fuhr auf den Parkplatz.
    Drinnen war es duster, auf einigen Tischen brannten Kerzen. Das Mädchen ging zur Toilette, ich stand einen Moment unentschlossen, dann setzte ich mich in eine der durch hölzerne Blenden abgetrennten Nischen. Der Tisch war auf drei Seiten von Holzbänken umgeben. Es waren fast kaum Gäste da. Vor dem üblichen Hintergrund bunter Flaschen spülte ein rothaariger Barkeeper Gläser, daneben führte eine mit glänzendem Messing beschlagene Pendeltür zur Küche. In der Nachbarnische saß jemand vor den Resten einer Mahlzeit und schrieb gebückt in einem Notizbuch.
    »Ich habe Hunger«, sagte das Mädchen, als es zurückkam. »Über eine Stunde habe ich gestanden, keiner wollte anhalten. Essen wir? Ich lade Sie ein.«
    »Gern«, sagte ich. Ein dicker Mann, der mit dem Rücken zu uns an der Bar saß, starrte in sein Glas. Zwischen den Beinen hielt er einen großen schwarzen Regenschirm. Ein Kellner nahm unsere Bestellung entgegen, stieß mit dem Fuß die Schwingtür auf und verschwand mit einem Tablett schmutzigen Geschirrs in der Küche. Die Blonde zog schweigend eine zerknautschte Packung aus der Hosentasche, brannte sich an der Kerze eine Zigarette an, hielt mir das Päckchen hin. Ich dankte mit einer Kopfbewegung. Ohne auffälliges Gaffen suchte ich herauszufinden, ob sich diese Frau hier doch in irgend etwas von der Schauspielerin damals unterschied. Ich fand nichts; und das war um so seltsamer, als viele Frauen versucht hatten, der Monroe zu gleichen, und alle daran gescheitert waren.
    Die Monroe war unnachahmlich gewesen, obwohl sie sich weder durch große noch durch exotische Schönheit ausgezeichnet hatte. Viele Bücher sind über sie geschrieben worden, aber keines hat diese Mischung aus

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