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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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unten in Haiti. In den Filmen sieht man, wie sie irgendwie dahintorkeln, die toten Augen starr nach vorn gerichtet, ganz langsam und irgendwie schwerfällig. So war Timmy Baterman, wie ein Zombie in so einem Film -- aber nicht ganz. Da war noch etwas mehr. Hinter seinen Augen ging etwas vor. Manchmal konnte man es sehen, und manchmal nicht. Irgendetwas hinter seinen Augen, Louis. Ich glaube nicht, daß man es Denken nennen konnte, aber ich weiß nicht, als was man es sonst bezeichnen sollte.
    Er war hinterhältig, so viel steht fest. Die Art, wie er zu Missus Stratton sagte, er würde gern mal wieder mit ihr tanzen. In ihm ging irgendetwas vor, Louis, aber ich glaube nicht, daß es Denken war, und ich glaube auch nicht, daß es viel -- wenn überhaupt etwas -- mit Timmy Baterman zu tun hatte. Es war mehr wie ein -- ein Funksignal, das von irgendwo anders herkommt. Man sah ihn an und dachte, wenn er mich anrührt, dann schreie ich. So ungefähr.
    Er ging hin und her, die Straße auf und ab, und eines Tages kam ich von der Arbeit nach Hause -- das muß so um den 30. Juli herum gewesen sein --, und da sitzt George Andersen, Sie wissen schon, der Posthalter, bei mir auf der Hinterveranda und trinkt Eistee mit Hannibal Benson, der damals zweiter Mann im Magistrat war, und Alan Purinton von der Feuerwehr. Norma saß bei ihnen, sagte aber kein Wort.
    George rieb ständig an dem Stumpf von seinem rechten Bein herum. Er hatte den größten Teil seines Beins bei der Arbeit für die Eisenbahn verloren, und an schwülen Tagen hatte er ziemliche Schmerzen in diesem Stumpf. Aber da saß er, trotz seiner Schmerzen.
    ›Das ist jetzt weit genug gegangen‹, sagte George zu mir. ›Ich habe eine Briefträgerin, die sich weigert, in der Pedersen Road die Post zuzustellen, und das ist das eine. Das andere ist, daß die Regierung Lunte gerochen hat. Und da hört der Spaß auf.‹
    ›Was soll das heißen, die Regierung hat Lunte gerochen?‹ fragte ich.
    Hannibal sagte, er hätte einen Anruf vom War Department bekommen. Von einem Leutnant Kinsman, dessen Job es war, herauszufinden, ob jemand eine Bosheit im Sinne hat oder nur einen harmlosen Streich. ›Vier oder fünf Leute haben anonyme Briefe ans War Department geschrieben‹, sagte Hannibal, ›und dieser Leutnant Kinsman fängt an, sich Gedanken zu machen. Wenn nur einer einen solchen Brief geschrieben hätte, hätten sie darüber gelacht. Und wenn nur einer einen Haufen Briefe geschrieben hätte, sagt Kinsman, dann würde er die Staatspolizei drüben in Derry Barracks anrufen und den Leuten sagen, in Ludlow gäbe es möglicherweise einen Psychopathen mit einem Haß auf die Familie Baterman. Aber diese Briefe stammten von verschiedenen Leuten. Das könnte man an der Handschrift erkennen, auch wenn sie anonym wären, und in allen stünde ungefähr dasselbe -- daß Timothy Baterman, wenn er tot wäre, eine ziemlich lebendige Leiche abgäbe, wie er da auf der Pedersen Road herumwanderte, so daß jeder sein Gesicht sehen könnte.
    Dieser Kinsman will einen Mann herschicken oder selbst kommen, wenn das nicht aufhört‹, beendete Hannibal seinen Bericht. ›Sie wollen wissen, ob Timmy tot ist oder desertiert, oder was sonst dahintersteckt, weil ihnen der Gedanke nicht schmeckt, daß ihre Statistik nicht in Ordnung sein könnte. Außerdem wollen sie wissen, wer in Timmy Batermans Sarg begraben wurde, wenn nicht er selber.‹
    Sie können sich vorstellen, Louis, in was für einer Lage wir waren. Fast eine Stunde lang saßen wir da, tranken Eistee und redeten darüber. Norma fragte, ob wir ein paar Sandwiches wollten, aber keiner hatte Appetit darauf.
    Wir redeten und redeten, und schließlich einigten wir uns darauf, zu Baterman hinüberzufahren. Ich vergesse diesen Abend nie, und wenn ich doppelt so alt werde, wie ich jetzt bin. Es war heiß, heißer als in der tiefsten Hölle, und die Sonne ging hinter den Wolken unter wie ein Eimer voll blutiger Gedärme. Keiner von uns wollte zu Baterman, aber uns blieb nichts anderes übrig. Norma wußte es früher als wir alle. Sie holte mich unter irgendeinem Vorwand ins Haus und sagte: ›Laß nicht zu, daß einer von denen es mit der Angst zu tun kriegt und einen Rückzieher macht, Judson. Es muß etwas getan werden. Das ist ein Greuel.‹«
    Jud blickte Louis direkt in die Augen.
    »So hat sie es genannt, Louis. Dieses Wort hat sie gebraucht. Ein Greuel. Und dann flüsterte sie mir ins Ohr: ›Wenn irgendetwas passiert, Jud, dann lauf. Kümmere

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