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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Bett.
    ›Sind Sie krank, Margie?‹ fragte George. ›Sie sind weiß wie ein Möwenflügel.‹
    ›Mir sitzt der größte Schrecken meines Lebens in den Knochen, aber ich rede nicht darüber‹, sagte Marjorie Washburn. ›Ich werde auch Brian nichts davon erzählen, meiner Mom nicht und überhaupt keiner Menschenseele. Wenn ich einmal in den Himmel komme und Jesus mich bittet, ihm davon zu erzählen, dann werde ich es vielleicht tun. Aber glauben kann ich es nicht.‹ Und fort war sie.
    Alle Leute wußten, daß Timmy tot war; in den Bangor Daily News und im Ellsworth American hatten Nachrufe gestanden, mit Photos und allem, was dazugehört, und zu seiner Beerdigung war die halbe Stadt erschienen. Und nun hatte Margie ihn gesehen, wie er die Straße entlangging -- die Straße entlangtorkelte, wie sie dem alten George Anderson schließlich erzählt hat --, zwanzig Jahre später, als sie im Sterben lag; und George sagte mir, er hätte das Gefühl gehabt, daß sie jemandem erzählen mußte, was sie gesehen hatte. George sagte, er hätte das Gefühl gehabt, daß es ihr schwer auf der Seele lag.
    Bleich war er, erzählte sie, und er trug eine alte Drillichhose und ein verblichenes, langärmeliges Flanellhemd, obwohl wir an diesem Tag ungefähr dreißig Grad im Schatten hatten. Margie sagte, ihm hätten die Haare zu Berge gestanden, als hätte er monatelang keinen Kamm gesehen. ›Seine Augen sahen aus wie Rosinen in Brotteig. Ich habe einen Geist gesehen, George. Das ist mir in die Glieder gefahren. Ich hätte nie gedacht, daß mir das jemals passieren könnte, aber so war es.‹
    Nun, die Sache sprach sich herum. Bald hatten auch andere Leute Timmy gesehen. Missus Stratton -- nun ja, wir nannten sie ›Missus‹, aber niemand wußte Genaueres über sie, sie hätte ebenso gut ledig oder geschieden oder Strohwitwe sein können; sie hatte ein kleines Haus mit zwei Zimmern da unten, wo die Pedersen Road in die Hancock Road einmündet. Sie hatte eine Menge Jazzplatten und war nicht abgeneigt, dann und wann eine kleine Party zu geben, wenn man eine Zehndollarnote übrig hatte. Sie sah ihn von ihrer Veranda aus, und sie sagte, er wäre an den Straßenrand gekommen und da stehengeblieben.
    Er stand nur da, sagte sie, mit baumelnden Händen und vorgeschobenem Kopf, und er sah aus wie ein Boxer, der im Begriff ist, in den Ring zu steigen. Sie sagte, sie hätte auf ihrer Veranda gestanden, zu erschrocken, um sich zu bewegen, und ihr Herz hätte geklopft wie ein Schmiedehammer. Und dann hätte er sich umgedreht, es hätte ausgesehen, als versuchte ein Betrunkener, eine Kehrtwendung zu machen. Ein Bein zur Seite gestellt, der andere Fuß verdreht -- er wäre beinahe hingeschlagen. Sie sagte, er hätte sie direkt angesehen, und da wäre alle Kraft aus ihren Händen gewichen, sie hätte den Korb mit der Wäsche, die sie gerade aufhängen wollte, losgelassen, und die Wäsche wäre herausgefallen und wieder schmutzig geworden.
    Seine Augen, sagte sie, hätten so tot und staubig ausgesehen wie Murmeln, Louis. Aber er sah sie an und grinste -- und sie sagte, er hätte mit ihr gesprochen. Hätte sie gefragt, ob sie ihre Schallplatten noch hätte, er würde gern mal wieder mit ihr tanzen. Vielleicht noch am gleichen Abend. Und Missus Stratton schloß sich in ihrem Haus ein und kam fast eine Woche nicht wieder heraus, und bis dahin war sowieso schon alles vorbei.
    Eine Menge Leute haben Timmy Baterman gesehen. Die meisten von ihnen leben inzwischen nicht mehr, Missus Stratton zum Beispiel; andere sind weggezogen, aber ein paar alte Knacker wie mich gibt es noch, die Ihnen davon erzählen könnten -- wenn Sie die richtigen Fragen stellen.
    Wir sahen ihn, das kann ich Ihnen versichern, wie er auf der Pedersen Road auf und ab ging, vom Haus seines Daddys eine Meile nach Osten und eine Meile nach Westen. Auf und ab, den ganzen Tag und vielleicht auch die ganze Nacht, wer weiß. Mit heraushängendem Hemd, bleichem Gesicht, Haaren, die ihm zu Berge standen, manchmal mit offenem Hosenschlitz, und der Ausdruck in seinem Gesicht -- dieser Ausdruck...«
    Jud hielt inne, um sich eine Zigarette anzuzünden. Er löschte das Streichholz mit einer Handbewegung und blickte Louis durch den Schleier aus driftendem blauem Rauch an. Und obwohl die Geschichte natürlich völlig absurd war, war in Juds Augen keine Spur einer Lüge zu entdecken.
    »Sie wissen, es gibt diese Geschichten und diese Filme -- ich weiß nicht, ob sie wahr sind -- über die Zombies da

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