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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Ever-Lock eine gewaltige Haftkraft entwickelt, nachdem das Gewicht des Deckels eine Weile darauf gelastet hatte.
    Onkel Carl, der gern Geschichten erzählte (zumindest im Kreis von Berufskollegen, und Louis, der mehrere Sommer bei ihm gearbeitet hatte, konnte als eine Art Bestattungsunternehmer-Lehrling gelten), hatte Louis einmal von einem Exhumierungsauftrag erzählt, den er vom Büro des Staatsanwalts von Cook County erhalten hatte. Er war nach Groveland gefahren, um die Exhumierung zu überwachen. Das konnte eine heikle Sache sein -- Leute, die ihre Vorstellungen über das Ausgraben von Leichen nur aus Horrorfilmen mit Boris Karloff als Dr. Frankensteins Monster und Dwight Frye als Igor bezogen, lagen völlig falsch. Das Öffnen einer versiegelten Gruft war kein Job für zwei Männer mit Hacken und Schaufeln -- es sei denn, sie hätten ungefähr sechs Wochen Zeit. In diesem Fall lief zunächst alles, wie es laufen sollte. Das Grab wurde geöffnet, und der Kran ergriff den Deckel der Gruft. Aber der Deckel löste sich nicht, wie er es eigentlich hätte tun sollen. Die ganze Gruft, deren Betonwände schon ein wenig feucht und verfärbt waren, begann sich aus der Erde zu heben. Onkel Carl schrie dem Kranführer zu, das Ganze wieder herunterzulassen; er würde in sein Geschäft fahren und ein Mittel holen, das die Versiegelungsmasse auflöste. Aber entweder hörte der Kranführer ihn nicht, oder er wollte das ganze Ding herausholen wie ein Kind, das mit einem Spielzeugkran auf einem Jahrmarkt nach irgendwelchem Plunder angelt. Onkel Carl sagte, der verdammte Narr hätte es sogar beinahe geschafft. Die Gruft war zu drei Vierteln aus der Erde -- Onkel Carl und sein Assistent hörten bereits das Wasser von der Unterseite der Gruft auf die Grabsohle plätschern (es war eine nasse Woche gewesen in Chicago und Umgebung) --, als der Kran umkippte und kopfüber ins Grab stürzte. Der Kranführer prallte gegen die Frontscheibe und brach sich das Nasenbein. Das ganze Spektakel kostete Cook County rund 3 000 Dollar -- 2 100 mehr, als derartige Unternehmen normalerweise kosteten. Die Pointe der Geschichte lag für Onkel Carl darin, daß der Kranführer sechs Jahre später zum Vorsitzenden der Chicagoer Sektion der Transportarbeiter-Gewerkschaft gewählt worden war.
    Grabeinsätze waren harmloser. Ein Grabeinsatz bestand nur aus einem schlichten, oben offenen Betonkasten. Er wurde am Morgen der Beerdigung ins Grab gestellt, und nach dem Gottesdienst wurde der Sarg hineingesenkt. Dann brachten die Totengräber den Deckel, der in der Regel zweiteilig war. Die Teile wurden an beiden Schmalseiten senkrecht hinabgelassen, so daß sie wie Buchstützen auf dem Kasten standen. Am oberen Ende jedes Teils waren Eisenringe in den Beton eingelassen. Die Totengräber zogen Ketten durch diese Ringe und senkten die Deckel dann langsam auf den Grabeinsatz ab. Jedes Teil wog dreißig, vielleicht fünfunddreißig Kilo -- höchstens vierzig. Und ein Versiegelungsmittel wurde nicht verwendet.
    Ein Grabeinsatz ließ sich unschwer öffnen; das war es, worauf Jud hinauswollte.
    Er ließ sich leicht öffnen, wenn ein Mann den Leichnam seines Sohnes herausholen wollte, um ihn anderswo zu begraben.
    Still -- still. Von solchen Dingen wollen wir nicht reden. Es sind geheime Dinge.
    »Ja, den Unterschied zwischen einer versiegelten Gruft und einem Grabeinsatz kenne ich schon«, sagte Louis. »Aber ich dachte nicht an das -- von dem Sie denken, ich dächte daran.«
    »Louis...«
    »Es ist spät«, sagte Louis. »Es ist spät, ich bin betrunken, und mein Herz ist schwer. Wenn Sie glauben, Sie müßten mir diese Geschichte erzählen, dann tun Sie es, damit wir es hinter uns haben.« Vielleicht hätte ich mit Martinis anfangen sollen, dachte er. Dann wäre ich schon hinüber gewesen, als er klopfte.
    »Gut. Danke, Louis.«
    »Erzählen Sie schon.«
    Jud überlegte einen Augenblick, dann begann er zureden.

 39
    »Damals -- damals im Krieg, meine ich -- hielt der Zug noch in Orrington, und Bill Baterman hatte veranlaßt, daß am Verladebahnhof ein Leichenwagen auf den Güterzug wartete, mit dem der Leichnam seines Sohnes ankam. Vier Eisenbahner luden den Sarg aus; einer davon war ich. Im Zug saß ein Offizier von Graves and Registration -- das war damals die Abteilung, die für die Gefallenen zuständig war --, aber er kam nicht aus dem Zug heraus. Er saß total betrunken in einem Güterwagen, in dem immer noch zwölf Särge standen.
    Wir schoben Timmy auf die

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