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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zog. Das Rechteck knirschte an seinem Drehpunkt und hob sich bereitwillig. Dann stand es aufrecht am Rand eines schwarzen Vierecks, kein waagerechter Deckel mehr, sondern ein senkrechter Grabstein.
    Louis zog das Seil aus den Ringen und warf es beiseite. Für die zweite Hälfte brauchte er es nicht; er konnte sich auf die Kanten des Grabeinsatzes stellen und sie anheben.
    Wieder stieg er in das Grab, aber jetzt sehr vorsichtig, damit die Zementplatte, die er aufgerichtet hatte, nicht wieder umstürzte und ihm die Zehen zerschmetterte; überdies war das verdammte Ding so dünn, daß es zerbrechen konnte. Steinchen prasselten in das Grab, und er hörte, wie einige hohl auf Gages Sarg aufschlugen.
    Er bückte sich, ergriff die zweite Hälfte des Deckels und zog sie hoch. Dabei spürte er, daß seine Finger etwas Kaltes zerdrückten. Als auch die andere Deckelhälfte aufrecht stand, warf er einen Blick auf seine Hand und sah einen fetten Regenwurm, der sich noch schwach ringelte. Mit einem unterdrückten Laut des Ekels wischte er die Hand an der Seitenwand des Grabes ab.
    Dann richtete er die Taschenlampe wieder abwärts.
    Da war der Sarg, den er zuletzt gesehen hatte, als er auf verchromten Stangen über dem Grab ruhte, umgeben von diesem scheußlich grünen Kunstrasen. Der Tresor, in dem er all seine Hoffnungen für seinen Sohn hatte begraben sollen. Wut, weißglühende Wut, das genaue Gegenteil seiner bisherigen Kälte, wallte in ihm auf. Er dachte nicht daran. Die Antwort war nein!
    Louis tastete nach dem Spaten und fand ihn. Er hob ihn über die Schulter und ließ ihn auf den Sargverschluß herabschmettern, einmal, zweimal, ein drittes und noch ein viertes Mal. Seine Lippen verzogen sich zu einer wütenden Grimasse.
    Ich hau dich hier heraus, Gage, du wirst es sehen!
    Der Verschluß war schon beim ersten Schlag zersplittert, und wahrscheinlich wären die weiteren Schläge nicht nötig gewesen, aber er machte weiter, als wollte er den Sarg nicht nur öffnen, sondern ihm wehtun. Doch dann kehrte so etwas wie Vernunft zurück, und er hielt inne, den Spaten schon zu einem weiteren Hieb erhoben.
    Das Blatt war verbogen und zerkratzt. Er warf den Spaten beiseite und mühte sich auf schwachen Beinen, die sich wie Gummi anfühlten, aus dem Grab. Ihm war übel; die Wut war so schnell verflogen, wie sie gekommen war. An ihre Stelle war wieder die Kälte getreten, und noch nie in seinem Leben war er sich so einsam und losgelöst vorgekommen; ihm war zumute wie einem Astronauten, der auf einem Raumspaziergang in unendlicher Schwärze schwebt und in geliehener Zeit atmet. Ob sich Bill Baterman auch so gefühlt hat? fragte er sich.
    Er legte sich wieder hin, diesmal auf den Rücken, und wartete, bis er wieder Herr seiner selbst war und weiter machen konnte. Als das Gummigefühl aus seinen Beinen verschwunden war, setzte er sich auf und ließ sich dann wieder in das Grab gleiten. Er richtete die Taschenlampe auf den Verschluß und sah, daß er nicht nur zerbrochen, sondern völlig demoliert war. Er hatte den Spaten in blinder Wut geschwungen, aber jeder Schlag hatte ins Schwarze getroffen, als wäre er gelenkt worden. Das Holz ringsum war zersplittert.
    Louis klemmte die Taschenlampe in die Achselhöhle. Dann ging er in die Hocke. Seine Hände tasteten wie die des Fängers in einer Truppe von Zirkusartisten, der darauf wartet, bei einem lebensgefährlichen Kunststück seine Rolle zu spielen.
    Er fand die Vertiefung im Deckel und ließ seine Finger hineingleiten. Er hielt einen Augenblick inne -- man konnte es nicht einmal ein Zögern nennen --, und dann öffnete er den Sarg seines Sohnes.

 50
    Rachel Creed hätte ihr Flugzeug von Boston nach Portland beinahe erreicht. Beinahe. Die Maschine startete pünktlich in Chicago (ein wahres Wunder), landete planmäßig auf dem La Guardia-Flughafen (ein weiteres Wunder) und verließ New York mit nur fünf Minuten Verspätung. In Boston kam sie mit fünfzehn Minuten Verspätung um 23.12 Uhr an. Damit blieben ihr dreizehn Minuten.
    Vielleicht hätte sie ihren Anschlußflug trotzdem noch erreicht. Aber der Bus, der zwischen den Terminals von Logan die Runde machte, hatte gleichfalls Verspätung. Rachel wartete, jetzt in einem Zustand leichter Panik, trat von einem Fuß auf den anderen, als müßte sie die Toilette aufsuchen, und wechselte die Reisetasche, die ihre Mutter ihr geliehen hatte, von einer Schulter zur anderen.
    Als der Bus um 23.25 noch immer nicht gekommen war, begann sie zu

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