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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zu.
    »Louis?« versuchte er noch einmal zu rufen, aber er brachte nur ein schwaches Krächzen zustande. Denn jetzt roch er das Ding, das am Ende der Nacht in sein Haus eingedrungen war. Es war ein schmutziger, widerlicher Geruch -- der Geruch vergifteten Brackwassers.
    Jud konnte in der Dämmerung grobe Umrisse erkennen -- Normas Kleiderschrank, die Eichenkommode, das Vertiko --, aber keine Einzelheiten. Er versuchte hochzukommen -- auf Beine, die sich in Wasser verwandelt hatten; und sein Verstand schrie, daß er mehr Zeit brauchte, daß er zu alt war, um das alles noch einmal durchzumachen. Timmy Baterman war schlimm genug, und damals war Jud noch jung gewesen.
    Die Schwingtür öffnete sich und ließ Schatten ein. Einer der Schatten war körperlicher als die anderen.
    O Gott, dieser Gestank.
    Schlurfende Schritte in der Dunkelheit.
    »Gage?« Endlich gelang es Jud, auf die Beine zukommen. Aus einem Augenwinkel heraus sah er den säuberlichen Aschenzylinder in seinem Aschenbecher. »Gage, bist du...«
    Jetzt ertönte ein gräßliches Miauen, und für einen Moment verwandelten sich Juds Knochen in weißes Eis. Nicht Louis' Sohn war aus seinem Grab auferstanden, sondern ein grauenhaftes Ungeheuer.
    Nein, es war keines von beiden.
    Es war Church, der auf der Schwelle hockte. Die Augen des Katers glommen wie schmutzige Lampen. Dann wanderte sein Blick zur Seite und richtete sich auf das Ding, das mit dem Kater hereingekommen war.
    Jud wich zurück, versuchte, seine Gedanken festzuhalten, versuchte, angesichts dieses Gestanks nicht den Verstand zu verlieren. Oh, es war kalt hier drinnen -- das Ding hatte Kälte mitgebracht.
    Jud schwankte unsicher auf den Füßen -- der Kater, der ihm um die Beine strich, ließ ihn taumeln. Jud versetzte ihm einen Tritt, vertrieb ihn. Er entblößte seine Zähne und fauchte.
    Denk nach! Denk nach, alter Schwachkopf, vielleicht ist es noch nicht zu spät, vielleicht ist es selbst jetzt noch nicht zu spät... es ist zurückgekommen, aber man kann es wieder töten... wenn du es nur zuwegebrächtest... wenn du nur denken könntest...
    Er wich in Richtung Küche zurück, und dann fiel ihm plötzlich die Werkzeugschublade neben dem Ausguß ein. In der Schublade lag ein Hackmesser.
    Seine mageren Waden berührten die Schwingtür, die in die Küche führte: er stieß sie auf. Das Ding, das in sein Haus eingedrungen war, war noch immer nicht deutlich zu erkennen, aber Jud konnte es atmen hören. Er sah eine weiße Hand, die sich vor- und zurückbewegte -- die Hand hielt etwas, aber er konnte nicht erkennen, was es war. Die Tür schwang zurück, als Jud die Küche betrat, und jetzt erst drehte er sich um und lief zur Werkzeugschublade. Er riß sie auf und ertastete den abgegriffenen Holzstiel des Hackmessers. Er riß es heraus und wandte sich wieder zur Tür; er machte sogar einen oder zwei Schritte darauf zu. Ein Teil seines Mutes war zurückgekehrt.
    Denk daran, das ist kein kleines Kind. Vielleicht kreischt es, wenn es sieht, daß du ihm ans Leder willst; vielleicht weint es. Aber du läßt dich nicht zum Narren halten. Du hast dich schon viel zu oft zum Narren halten lassen, Alter. Dies ist deine letzte Chance.
    Die Schwingtür öffnete sich wieder, doch zuerst kam nur der Kater herein. Juds Blick folgte ihm einen Augenblick, dann schaute er wieder hoch.
    Die Küche lag nach Osten, und durch die Fenster kam das erste Tageslicht herein, blaß und milchigweiß. Nicht viel Licht, aber genug. Zuviel.
    Gage Creed kam herein, in dem Anzug, in dem er begraben worden war. Auf den Schultern und Aufschlägen wuchs Moos. Moos besudelte sein weißes Hemd. Sein feines, blondes Haar war schmutzverkrustet. Ein Auge zeigte zur Wand: es starrrte mit entsetzlicher Konzentration ins Leere. Das andere war auf Jud gerichtet.
    Gage grinste ihn an.
    »Hallo, Jud«, quakte Gage mit der Stimme eines Kleinkindes, aber völlig verständlich. »Ich bin gekommen, um deine verfaulte, stinkende Seele in die Hölle zu schicken. Du hast einmal mit mir gefickt. Hast du etwa geglaubt, ich käme nicht früher oder später zurück, um mit dir zu ficken?«
    Jud hob das Hackmesser. »Dann komm und hol deinen Pinsel raus, was immer du bist. Wir wollen sehen, wer mit wem fickt.«
    »Norma ist tot, und um dich wird keiner trauern«, sagte Gage. »Was war sie doch für eine billige Hure! Sie hat es mit all deinen Freunden getrieben, Jud. Sie hielt ihnen immer den Arsch hin. So hatte sie es am liebsten. Jetzt schmort sie in der

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