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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Erde. Er kratzte den letzten Rest mit der Schaufel in die Grube (es ist nie genug da, dachte er, und ihm fiel ein, was sein Onkel, der Bestattungsunternehmer, vor mindestens tausend Jahren einmal zu ihm gesagt hatte -- nie genug, um die Grube wieder zu füllen), und dann wandte er sich zu Jud.
    »Ihr Grabmal«, sagte Jud.
    »Ich bin ziemlich am Ende, Jud, und...«
    »Es ist Ellies Kater«, sagte Jud, und seine Stimme war weich, aber unerbittlich. »Sie würde wollen, daß Sie es ordentlich machen.«
    Louis seufzte. »Ja, das würde sie wohl.«
    Er brauchte weitere zehn Minuten, um die Steine aufzuschichten, die Jud ihm nacheinander reichte. Als er es geschafft hatte, lag ein niedriger, kegelförmiger Steinhaufen auf Churchs Grab, und Louis empfand tatsächlich eine Art schwacher, erschöpfter Befriedigung. Irgendwie sah es richtig aus, wie er da neben den anderen im Sternenlicht aufragte. Wahrscheinlich würde Ellie das Grabmal nie zu sehen bekommen -- schon der Gedanke, daß er sie durch den Sumpf mit dem Schwimmsand führte, würde Rachels Haare erbleichen lassen --, aber er hatte es gesehen, und es war gut.
    »Die meisten von ihnen sind umgestürzt«, sagte er zu Jud; er war aufgestanden und wischte die Erde von den Hosenbeinen. Er konnte jetzt mehr erkennen und sah deutlich, daß an mehreren Stellen die Steine verstreut herumlagen. Aber Jud hatte darauf geachtet, daß er das Grabmal nur aus Steinen errichtete, die aus dem von ihm selbst aus gehobenen Grab stammten.
    »Ich sagte Ihnen ja, der Platz ist alt«, sagte Jud.
    »Sind wir jetzt fertig?«
    »Ja.« Er schlug Louis auf die Schulter. »Sie haben gute Arbeit geleistet, Louis. Ich wußte, daß Sie das tun würden. Gehen wir.«
    »Jud...«, setzte er wieder an, aber Jud nahm nur die Hacke und ging auf die Stufen zu. Louis nahm die Schaufel; er mußte sich beeilen, um ihn einzuholen. Einmal blickte er zurück, aber das Steinmal über dem Grab von Winston Churchill, dem Kater seiner Tochter, war im Schatten versunken; er konnte es nicht mehr ausmachen.
    Der Film lief einfach rückwärts ab, dachte Louis müde, als sie einige Zeit später aus dem Wald kamen und auf das Feld hinter seinem eigenen Haus. Um wieviel später, wußte er nicht; er hatte seine Uhr abgenommen, als er sich am Nachmittag hingelegt hatte; wahrscheinlich lag sie noch auf der Fensterbank neben seinem Bett. Er wußte nur, daß er fertig war, kaputt, erledigt. Er konnte sich nicht entsinnen, seit seinem ersten Tag bei der Chicagoer Müllabfuhr in den Sommerferien vor sechzehn oder siebzehn Jahren jemals wieder so restlos erschöpft gewesen zu sein.
    Sie waren auf dem gleichen Weg zurückgekommen, aber er konnte sich kaum an etwas erinnern. Er war auf dem Totholz gestolpert -- daran erinnerte er sich --, er war nach vorn getaumelt, und absurderweise war ihm Peter Pan eingefallen -- o Jesus, ich habe meine glücklichen Gedanken verloren, und jetzt stürze ich ab --, und dann war Juds Hand dagewesen, fest und hart, und ein paar Augenblicke später hatten sie die letzte Ruhestätte von Kater Smucky und Trixie und Martha unserm Kanienchen passiert und befanden sich wieder auf dem Pfad, den er einst nicht nur mit Jud, sondern mit seiner ganzen Familie entlanggewandert war.
    Auf eine matte Art hatte er an den Traum mit Victor Pascow gedacht, der ihn zum Schlafwandeln veranlaßt hatte, doch es gab keine Verbindung zwischen jenem nächtlichen Spaziergang und diesem. Außerdem kam ihm der Gedanke, daß das ganze Abenteuer gefährlich gewesen war -- nicht im melodramatischen Sinn eines Wilkie Collins, sondern in einem sehr realen. In einem Zustand, der fast schlafwandlerisch war, hatte er sich die Hände fürchterlich zerschunden. Er hätte auf dem Totholz ums Leben kommen können. Sie hätten beide ums Leben kommen können. Wie sollte sich ein solches Verhalten mit Nüchternheit in Einklang bringen lassen? In seiner gegenwärtigen Erschöpfung neigte er eher dazu, es der Verwirrung und Bestürzung über den Tod eines Tieres zuzuschreiben, das die ganze Familie geliebt hatte.
    Kurze Zeit später waren sie zu Hause angelangt.
    Sie gingen nebeneinander, ohne zu sprechen, und blieben dann in Louis' Auffahrt stehen. Der Wind stöhnte und heulte. Wortlos reichte Louis Jud seine Schaufel.
    »Ich gehe am besten gleich hinüber«, sagte Jud schließlich. »Louella Bisson oder Ruthie Parks bringt Norma nach Hause, und dann fragt sie sich, wo ich stecke.«
    »Wissen Sie, wie spät es ist?« fragte Louis. Er war

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