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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Mann vergißt, wann ein Hund vor mehr als siebzig Jahren gestorben ist. Oder die Umstände, unter denen er starb. Vergiß es, Louis.
    Aber er konnte nicht gleich wieder einschlafen; er lag lange wach und war sich des leeren Hauses und des Windes, der draußen ums Dachgesims heulte, nur allzu bewußt.
    Irgendwann schlief er ein, ohne recht zu merken, daß er in den Schlaf hinüberglitt; es mußte so sein, denn als er einschlief, war ihm, als hörte er nackte Füße die Treppe heraufsteigen, und er dachte: Laß mich in Ruhe, Pascow, laß mich in Ruhe, was geschehen ist, ist geschehen, und was tot ist, ist tot -- und die Schritte verklangen.
    Und obwohl sich eine ganze Reihe von unerklärlichen Dingen ereignete, während das Jahr seinem Ende zuging, wurde Louis niemals wieder von Pascows Geist heimgesucht, weder im Wachen noch im Traum.

 23
    Am nächsten Morgen wachte er gegen neun auf. Durch die Ostfenster des Schlafzimmers fiel heller Sonnenschein herein. Das Telefon läutete. Louis langte hinüber und ergriff den Hörer. »Hallo?«
    »Hi«, sagte Rachel. »Habe ich dich geweckt? Ich hoffe es.«
    »Du hast mich geweckt, du Biest«, sagte er lächelnd.
    »Was für unfreundliche Worte am frühen Morgen, du böser alter Bär«, sagte sie. »Ich habe gestern abend schon versucht, dich anzurufen. Warst du drüben bei Jud?«
    Er zögerte nur den Bruchteil einer Sekunde.
    »Ja«, sagte er. »Wir haben ein paar Bier getrunken. Norma war bei irgendeinem Thanksgiving-Essen. Ich dachte daran, dich anzurufen, aber -- du weißt ja, wie das geht.«
    Sie unterhielten sich eine Weile. Rachel erzählte von ihren Eltern, worauf er gern verzichtet hätte, obwohl ihm die Neuigkeit, daß sich die kahle Stelle auf dem Kopf ihres Vaters jetzt schneller zu vergrößern schien, eine Spur niederträchtiger Genugtuung bereitete.
    »Möchtest du mit Gage sprechen?« fragte Rachel.
    Louis grinste. »Ja, laß ihn ran«, sagte er. »Aber paß auf, daß er nicht wieder den Hörer auflegt wie beim letzten Mal.«
    Einige Unruhe am anderen Ende. Undeutlich hörte er, wie Rachel den Jungen dazu zu bringen versuchte, Hi, Daddy zu sagen.
    Endlich sagte Gage: »Hi, Day-iii.«
    »Hi, Gage«, sagte Louis fröhlich. »Wie geht es dir? Was hast du angestellt? Hast du Grandpas Pfeifenständer wieder umgeworfen? Ich hoffe es. Vielleicht kannst du diesmal sogar seine Briefmarkensammlung durcheinanderbringen.«
    Gage plapperte etwa dreißig Sekunden lang vor sich hin und streute dabei in sein Kollern und Grunzen ein paar erkennbare Worte aus seinem wachsenden Vokabular ein -- Mommy, Ellie, Grandma, Grandpa, Auto, Laster und Scheiße.
    Endlich nahm Rachel Gage den Hörer aus der Hand, worauf er mit Protestgeschrei reagierte, aber Louis war ein wenig erleichtert -- er liebte seinen Sohn und vermißte ihn sehr, aber ein Telefongespräch mit einem noch nicht ganz Zweijährigen hatte etwas von einer Partie Cribbage mit einem Irren an sich -- die Karten flogen in alle Richtungen, und manchmal wußte man nicht, ob man vorwärts oder rückwärts zählte.
    »Und wie geht es dir?« fragte Rachel.
    »Danke, gut«, sagte Louis, jetzt ohne jedes Zögern -- aber im Bewußtsein, eine Linie überschritten zu haben, als Rachel ihn gefragt hatte, ob er am vergangenen Abend zu Jud hinübergegangen wäre, und er gesagt hatte, er hätte es getan. In Gedanken hörte er plötzlich Jud Crandall sagen: Der Acker im Herzen eines Mannes ist steiniger, Louis... Ein Mann bestellt ihn -- und läßt darauf wachsen, was er kann. »Ein bißchen öde, wenn du es genau wissen willst. Du fehlst mir.«
    »Willst du damit sagen, daß du deine Ferien von Weib und Kindern nicht genießt?«
    »Ich genieße die Ruhe«, gab er zu. »Aber nach ungefähr vierundzwanzig Stunden kommt sie einem komisch vor.«
    »Kann ich mit Daddy sprechen?« Das war Ellies Stimme im Hintergrund.
    »Louis? Hier ist Ellie.«
    »Okay, laß sie ran.«
    Er unterhielt sich fast fünf Minuten mit Ellie. Sie erzählte von der Puppe, die ihre Großmutter ihr geschenkt hatte, von dem Ausflug zum Viehhof, den sie mit ihrem Großvater unternommen hatte (»Die stinken vielleicht, Daddy«, sagte Ellie, und Louis dachte, Dein Großvater ist auch keine Rose, Kleines), wie sie beim Brotbacken geholfen hatte, wie Gage davongelaufen war, während Rachel ihn umzog. Gage war den Korridor entlanggelaufen und hatte genau auf der Schwelle von Grandpas Arbeitszimmer einen Wind fahren lassen. (Bravo, Gage, dachte Louis und grinste von einem Ohr zum

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