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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Ihrer Stelle auch nicht über das sprechen, was wir gestern abend getan haben, jedenfalls nicht in der Gegend um North Ludlow. Es gibt noch andere Leute, die den alten Begräbnisplatz der Micmac kennen, und es gibt Leute in der Stadt, die ihre Tiere dort begraben haben. Man könnte sagen, es ist ein Teil vom Tierfriedhof. Ob Sie es glauben oder nicht, dort oben liegt sogar ein Bulle begraben! Der alte Lester Morgan, der draußen an der Stackpole Road wohnte, hat 1967 oder '68 seinen Preisbullen Hanratty auf dem Begräbnisplatz der Micmac begraben. Er hat mir erzählt, er und seine beiden Söhne hätten den Bullen dort hinauf geschleppt, und ich habe gelacht, bis ich dachte, ich platze! Aber die Leute hier reden nicht gern darüber. Sie schätzen es nicht, wenn Leute, die sie für ›Außenseiter‹ halten, davon wissen -- nicht, weil einige dieser abergläubischen Ideen mehr als dreihundert Jahre zurückreichen (was sie tatsächlich tun), sondern weil sie irgendwie an diese abergläubischen Ideen glauben und meinen, ein Außenseiter, der das weiß, würde sie auslachen. Klingt das vernünftig? Ich glaube nicht, aber so liegen die Dinge nun einmal. Also tun Sie mir den Gefallen und reden Sie nicht darüber.
    Wir können uns weiter über dieses Thema unterhalten, vielleicht heute abend, und dann werden Sie es besser verstehen. Fürs erste wollte ich Ihnen sagen, daß Sie sich gut gehalten haben. Aber das wußte ich schon vorher. --
    PS. Norma weiß nicht, was in diesem Brief steht -- ich habe ihr etwas anderes erzählt --, und wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich es gern dabei belassen. In den achtundfünfzig Jahren, die wir verheiratet sind, habe ich ihr schon mehr als eine Lüge erzählt, und ich glaube, die meisten Männer erzählen ihren Frauen einen Haufen Lügen, aber wie Sie wissen, könnten die meisten von ihnen vor Gott treten und sie eingestehen, ohne beschämt den Blick zu senken.
    Also kommen Sie heute abend herüber, damit wir uns einen hinter die Binde gießen können.
    J.
     
    Louis stand auf der obersten Stufe zu Juds und Normas Veranda -- sie war jetzt leer, die bequemen Rattanstühle waren bis zum nächsten Frühjahr weggepackt worden -- und dachte über den Brief nach. Er sollte Ellie nicht erzählen, daß Church überfahren wurde -- gut, er hatte es nicht getan. Aber andere Tiere, die dort begraben waren? Abergläubische Ideen, die dreihundert Jahre zurückreichten?
    ... und dann werden Sie es besser verstehen.
    Er legte den Finger leicht auf diese Zeile und gestattete seinen Gedanken zum ersten Mal bewußt, zu dem zurückzukehren, was sie am Abend zuvor getan hatten. Es war in seiner Erinnerung verschwommen wie schmelzende Zuckerwatte, wie die Erinnerung an Träume oder an Dinge, die man unter einem leichten Drogennebel getan hat. Er konnte sich daran erinnern, daß sie über das Totholz gestiegen waren, an die seltsame Helligkeit im Sumpf -- und daran, daß es ihm dort vier oder fünf Grad wärmer vorgekommen war --, aber das Ganze kam ihm vor wie eine Unterhaltung mit einem Anästhesisten, bevor er einen ausschaltet wie ein Licht.
    ... und ich glaube, die meisten Männer erzählen ihren Frauen einen Haufen Lügen...
    Ihren Frauen und ihren Töchtern, dachte Louis -- aber es hatte etwas Gespenstisches, wie Jud zu wissen schien, was heute morgen vorgegangen war, sowohl am Telefon als auch in seinem Kopf.
    Langsam faltete er den Brief wieder zusammen, der auf ein Blatt liniertem Papier wie aus dem Heft eines Schulanfängers geschrieben war, und schob ihn wieder in den Umschlag. Dann steckte er den Umschlag in die Hüfttasche und ging wieder über die Straße.

 25
    Es war gegen ein Uhr mittags, als Church zurückkehrte. Louis war in der Garage, wo er in den letzten sechs Wochen dann und wann an einem ziemlich komplizierten Regal gearbeitet hatte; es sollte all das gefährliche Zeug, das in der Garage herumstand -- Flaschen mit Scheibenreiniger, Frostschutzmittel und scharfe Werkzeuge -- aufnehmen und außer Gages Reichweite bringen. Er schlug gerade einen Nagel ein, als Church mit hoch erhobenem Schwanz hereinkam. Louis ließ den Hammer nicht fallen und schlug sich auch nicht auf den Daumen -- sein Herz bewegte sich in seiner Brust, machte aber keinen Satz; in seinem Magen schien einen Augenblick lang ein heißer Draht zu glühen, der sofort wieder abkühlte -- wie der Leuchtfaden in einer Glühbirne, der einen Moment lang überhell leuchtet und dann durchbrennt. Ihm war, so meinte er später,

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