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Friedhof der Kuscheltiere

Friedhof der Kuscheltiere

Titel: Friedhof der Kuscheltiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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war bewußtlos gewesen, nicht tot. Hieß es nicht, Katzen hätten neun Leben? Wie gut, daß er Ellie nichts davon gesagt hatte. Sie brauchte nicht zu wissen, wie knapp Church davongekommen war.
    Das Blut auf seinem Maul und auf seiner Brust... die Art, wie sich sein Kopf drehen ließ...
    Er war zwar Arzt, aber kein Tierarzt. Seine Diagnose war falsch gewesen, das war alles. Die Umstände waren alles andere als günstig gewesen, als er da auf Juds Rasen hockte, bei fast dreißig Grad unter Null und kaum noch Tageslicht. Das mochte...
    Ein aufgeblähter, entstellter Schatten stieg an der gekachelten Badezimmerwand empor wie der Kopf eines kleinen Drachens oder einer riesigen Schlange; etwas berührte leicht seine nackte Schulter und glitt ab. Louis fuhr hoch, wie von einem elektrischen Schlag getroffen; Wasser platschte aus der Wanne und durchnäßte die Badematte. Er drehte sich um, fuhr zurück und starrte in die trüben, gelb grünen Augen des Katers seiner Tochter, der auf dem heruntergeklappten Toilettensitz hockte.
    Church schwankte langsam vor und zurück, als wäre er betrunken.
    Louis betrachtete ihn mit einem Abscheu, der ihn ganz erfüllte, und nur die zusammengebissenen Zähne hinderten ihn, laut zu schreien.
    Church hatte nie so ausgesehen. Er hatte nie geschwankt wie eine Schlange, die versucht, ihre Beute zu hypnotisieren -- weder bevor er kastriert wurde, noch danach. Zum ersten und zum letzten Mal spielte er mit der Idee, daß dies ein anderer Kater war, einer, der nur so aussah wie Church, ein Kater, der zufällig in die Garage kam, als er dort das Regal baute, und daß der echte Church nach wie vor unter einem Steinhaufen auf dem Plateau in den Wäldern begraben lag. Aber die Zeichnung war die gleiche -- und das eine zerfetzte Ohr -- und die Pfote, die wie angebissen aussah. Ellie hatte diese Pfote in der Hintertür ihres Vorstadthäuschens in Chicago eingeklemmt, als Church noch ganz jung war.
    Es war Church.
    »Verschwinde«, flüsterte Louis heiser.
    Church starrte ihn einen Augenblick an -- auch seine Augen hatten sich verändert, irgendwie hatten sie sich verändert --, und sprang dann vom Toilettensitz herunter. Er landete ohne die erstaunliche Anmut, die Katzen sonst an den Tag legen. Er torkelte unsicher, prallte mit den Lenden gegen die Wanne und verschwand.
    Louis stieg aus dem Wasser und trocknete sich hastig ab. Er war rasiert und fast fertig angezogen, als das Läuten des Telefons durch das leere Haus schrillte. Als er es hörte, fuhr Louis herum, die Augen geweitet, die Hände erhoben. Er senkte sie langsam. Sein Herz raste, seine Muskeln spürten den Adrenalinstoß.
    Es war Steve Masterton, der noch einmal an das Hallentennis erinnerte; Louis versprach, sich in einer Stunde mit ihm im Memorial Gym zu treffen. Im Grunde hatte er nicht die Zeit dazu, und Hallentennis war das letzte in der Welt, wozu er sich aufgelegt fühlte, aber er mußte hier heraus. Er wollte fort von dem Kater, diesem unheimlichen Kater, der hier überhaupt nichts zu suchen hatte.
    Er beeilte sich, stopfte sein Hemd in die Hose, steckte Shorts, ein T-Shirt und ein Handtuch in einen Beutel und eilte die Treppe hinab.
    Church lag auf der viertuntersten Stufe. Louis stieg über ihn hinweg und wäre fast gefallen. Er bekam das Geländer zu fassen und entging mit knapper Not einem Sturz, der sehr unangenehm hätte sein können.
    Er stand am Fuß der Treppe, atmete stoßweise, fühlte, wie sein Herz raste und das Adrenalin unangenehm durch seinen Körper peitschte.
    Louis ging. Er hätte den Kater vor die Tür setzen sollen, das war ihm klar, aber er tat es nicht. In diesem Augenblick glaubte er nicht, daß er sich jemals wieder überwinden könnte, das Tier anzufassen.

 26
    Jud zündete sich eine Zigarette mit einem Küchenstreichholz an, schüttelte es aus und warf den Rest in einen Zinnaschenbecher mit einer kaum noch lesbaren Reklameaufschrift.
    »Ja, es war Stanny Bouchard, der mir von dem Ort erzählte.« Er hielt nachdenklich inne.
    Sie saßen in Juds Küche. Kaum angerührte Gläser mit Bier standen auf dem karierten Wachstuch, das den Küchentisch bedeckte. Das Heizöl in einem hinter ihnen an der Wand befestigten Behälter gluckste dreimal ganz bedächtig und war dann still. Louis hatte mit Steve im fast völlig menschenleeren Bear's Den ein paar Sandwiches gegessen. Seit er etwas im Magen hatte, hatte Louis das Gefühl, besser für Churchs Rückkehr gewappnet zu sein, die Dinge in ihrem richtigen Verhältnis

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