Friesengold (German Edition)
hoffe, es ist nichts passiert.«
»Moin, Cornelia. Bin ich so ein Unglücksbote?«
»Ab und zu schon«, stellte die Fischexpertin zu Recht fest.
»Nein, diesmal bin ich nur hier, um Fisch zu kaufen.«
»Da bin ich beruhigt. Viel Auswahl habe ich allerdings nicht. Bei dem Wetter laufen die Kutter nicht aus. Das müsstest du eigentlich wissen. Nach Seezungen brauchst du also gar nicht zu suchen.«
»Erklär das Mona«, sagte Greven und stieß zwischen dem Eis in der Auslage auf ein paar Scharben, an der Küste Scharntje genannt. Eine Plattfischart, die oft unterschätzt wurde, dabei aber ein zartes und aromatisches Fleisch besaß.
»Hast du davon zufällig auch ein paar größere Exemplare?«
»Ich schau mal«, sagte sie und verschwand in den rückwärtigen Teil des Gebäudes, in dem die Kühlräume lagen.
Greven nahm währenddessen die geräucherten Fische näher in Augenschein. Schillerlocke, Scholle, Makrelen. Als er die Heringe erreichte, rührte sich sein Handy und kündigte per Display Häring an.
»Wir haben etwas. Unser lieber Dr. Behrends hat mal wieder nichts ausgelassen und jeden noch so kleinen Blutfleck unter die Lupe genommen. Dabei hat er doch auf dem Teppich tatsächlich zwei gefunden, die nicht von Wichmann stammen.«
»Fantastisch!«, freute sich Greven. »Der Täter muss sich während seiner Gewaltorgie irgendwie verletzt haben!«
Cornelia kehrte mit einer Plastikschale voll großer Fische zurück, die sie ihm unter die Nase hielt. Mit einer übertriebenen, lautlosen Mundbewegung stellte sie die Frage nach der Anzahl. Greven antwortete mit einem kreisenden Zeigefinger und erhob damit Anspruch auf die komplette Schale. Die Chefin des großen Unternehmens nickte und machte sich an das Abwiegen der Fische.
»Genau das hatte unser Wunderdoktor gehofft, aber uns erst einmal verschwiegen. Aber eine andere Erklärung gibt es nicht. Das Blut ist frisch und stammt von einem Mann.«
»Dessen genetischen Fingerabdruck wir nun haben«, fügte Greven hinzu. »Vielleicht ist er sogar schon irgendwo gespeichert. Ich glaube es zwar nicht, aber Behrends soll das einfach mal überprüfen. Ich habe inzwischen erfahren, das Thalke tatsächlich Sophie von Reetens Tante ist. Aber dazu später mehr. Wir kommen voran, Peter, wir kommen voran!«
»Die Morde in Aurich?«, fragte Cornelia.
»Ja«, antwortete Greven. »Wir haben endlich eine Spur. Aber das bleibt unter uns, okay?«
»Versprochen. Dreieinhalb Kilo.«
»Dreieinhalb Kilo?« Greven hatte den Faden verloren.
»Dein Fisch. Willst du wirklich so viel?«
»Ja, den Rest friere ich ein.«
»Hast du noch einen Wunsch?«
»Zwei Schillerlocken«, antwortete Greven. »Die passen ausgezeichnet zu einem trockenen Roten.«
»Dass du das kannst?!«
»Man muss nicht zwingend Weißwein zum Fisch trinken. Das ist längst überholt.«
»Nein, ich meine die Mordfälle. Ich will mir das gar nicht alles vorstellen. Wie du das mit den Nerven schaffst?!«
»Dafür habe ich ja den Fisch und den Wein. Nein, Spaß beiseite, ich kann dich verstehen. Aber man gewöhnt sich an den Anblick von Toten. Ich meine nicht den Tod oder den Mord, ich meine nur den Anblick. Außerdem bin ich ja derjenige, der den Täter jagt und in den meisten Fällen auch überführt.«
»Auch dieses Mal?«
»Auch dieses Mal!«, antwortete Greven und dachte dabei an die Trümpfe, die er heute aus dem Kartenstapel gezogen hatte.
Auf der Rückfahrt ohne jeden Schneefall traf er die Entscheidung, den Fisch nicht nur abzuliefern, sondern einen Teil auch gleich der heißen Pfanne zuzuführen. Schließlich stand ihm eine Mittagspause zu. Also ließ er sein Handy Monas Nummer wählen und kündigte sich an. Gerade noch rechtzeitig, denn Mona hatte schon die Gemüsesuppe vom Vortag auf den Herd gestellt. Stattdessen setzte sie nun den Schnellkochtopf mit Kartoffeln auf. Den Fisch zu braten war dann eine Kleinigkeit. Auf Wein musste Greven jedoch verzichten. Dafür kam er in den Genuss eines richtigen Mittagessens, was für ihn nicht alltäglich war. Vorsichtig gab es Gas, aber mehr als 60 km/h waren an diesem Tag nicht drin. Erst auf der B 72 konnte er etwas schneller fahren.
Die Scharben waren ausgezeichnet. Greven hatte sie mehliert und in einer von ihm experimentell ermittelten Mischung aus Sonnenblumenöl und Butter gebraten. Kartoffeln und geschmolzene Butter rundeten das einfache Rezept ab, das er und Mona für nicht verbesserungsfähig hielten, auch wenn Sterneköche das Gegenteil
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