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Friesenherz

Friesenherz

Titel: Friesenherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janna Hagedorn
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auf der falschen Bettseite verbracht hatte, war die Erleichterung langsam zerbröselt wie eine Kindersandburg. Klar konnte er mit Ronja reden, aber wie wollte er sie davon abhalten, trotzdem zu fahren? Er saß ja den ganzen Nachmittag in seinem Geschäftsführerbüro bei »Wind and Sun«, besprach Windparkprojekte und neue Wer beformen für erneuerbare Energien. Was sollte er tun, wenn er abends um acht nach Hause kam und sie einfach weg war? Wie ernst nahmen es diese Leute mit der Einwilligung der Eltern? Und wann genau sollte das denn nun überhaupt sein, dieses Shooting des Grauens?
    Ich brauchte dringend etwas Entspannung. Und etwas Ablenkung. So gesehen klang es ganz vielversprechend, was für diesen Vormittag auf dem Programm stand: ayurvedische Lebensberatung im »Konferenzraum Halligblick«. Immerhin würde ich dann etwas zu erzählen haben, wenn ich heute Abend wieder mit Torge und Ronja am Tisch in unserem offenen Esszimmer saß und irgendetwas aß, das nicht nach Bohnensuppe schmeckte.
    Als ich die Tür des Seminarraums öffnete, wäre ich beinahe über Bärbel gestolpert. Sie lag rücklings auf einer lilafarbenen Matte auf dem genoppten Linoleumboden, hatte ihr langärmliges Patchworkgewand hochgeschoben und rieb sich mit der rechten Hand kreisförmig den Nabel. Dazu hatte sie die Augen geschlossen und summte irgendeinen indischen Singsang. Auf den zweiten Blick sah ich, dass sie in der Hand eine Art Faustkeil hielt, ebenfalls lila und mit weißen Adern durchzogen. Ich hatte keine Ahnung, was sie da tat, aber es sah auf eine beunruhigende Weise intim aus.
    Sie schlug die Augen auf und sah mich an. »Na, so was«, sagte sie amüsiert. »Du bist ja immer noch da.«
    »Was dagegen?«, fragte ich patzig und deutete unbestimmt in Richtung Fenster. Noch immer jagende Wolken am Himmel, noch immer dasselbe Pfeifen in den Ritzen. Dieser Sturm hatte sich offensichtlich heimisch eingerichtet im westlichen Nordfriesland.
    Aber Bärbel ging nicht auf meinen patzigen Ton ein.
    »Nein, im Gegenteil«, sagte sie sanft. »Ich finde es schön, wenn unsere Gruppe nicht auseinandergerissen wird.«
    Um Bärbel herum lagen auf dem grauen, genoppten Konferenz raumboden weitere vier Matten, die kreisförmig angeordnet waren, auf jeder eine Decke und ein winziges besticktes Kissen, das aussah, als gehörte es einer Babypuppe. Eine Reihe weißer Kunststofftische war an den Rand des Raumes geschoben, in der Ecke stand ein Flipchart, dessen Blätter traurig herunterhingen. Auf dem obersten stand in grüner Filzstiftschrift das Wort »Touris mus-Agenda 2020«, drum herum eine Reihe unleserlicher Stich worte. Da hatten wohl zuletzt Bandix Höge und seine Kollegen getagt.
    Bärbel hörte auf zu summen, stützte sich auf die Ellenbogen und sah mich an.
    »Komm, leg dich zu mir«, sagte sie, »ich beiß nicht.«
    »Nein. Aber du singst.«
    Sie lachte. »Das tut jedenfalls nicht weh. Hoffe ich doch.«
    »Nein, natürlich nicht. Ich dachte nur … ich wollte dich nicht stören.«
    »Tust du nicht. Wusstest du eigentlich, dass du jeden Raum energetisch auflädst, wenn du ihn betrittst?«
    Ich sah verwundert an mir herunter. »Meinst du jetzt ich speziell oder als Mensch so allgemein?«, fragte ich.
    Bärbel klopfte einladend auf die Matte neben sich.
    »Nein. Ich mein schon dich persönlich. Du hast ganz viel Ganesh-Energie.«
    Man lernte nie aus. Ich kannte Atomenergie, Windenergie und noch eine ganze Reihe alternativer Energien – aber von Ganesh-Energie hatte ich noch nie gehört.
    »Was heißt das auf Deutsch?«, fragte ich vorsichtig.
    »Na, Ganesh-Energie eben«, sagte sie etwas ungeduldig, so wie ich mich vermutlich anhörte, wenn meine Bio-Profilkursler kurz vor dem Abitur noch Adenosindiphosphat mit Adenosintri phosphat verwechselten. »Du kennst doch Ganesh, den Hindu- Gott. Den mit dem Elefantenkopf.«
    »Und was hab ich mit dem zu tun?«
    »Eine Menge.« Bärbel lachte wissend. »Ganesh steht nämlich für die Energie des Anfangs. Er ist der Typ, der sich den Weg durch den Dschungel bahnt, alle Hindernisse aus dem Weg räumt.«
    »Der Weg durch den Dschungel. Ja«, sagte ich und grinste, »da hast du meinen Berufsalltag ganz gut beschrieben.«
    »Aber irgendetwas«, sie legte ihre ohnehin faltige Stirn in noch ein paar mehr Falten, »irgendetwas stimmt auch nicht damit. Als wäre dein Energiefluss gestaut.«
    Sie klopfte wieder neben sich auf die Matte.
    »Vielleicht sollten Ahimsa und ich mal ein wenig Körperarbeit mit dir

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