Frisch gemacht!
großherzig an. Conny verzichtet dankend. »Man gewöhnt sich zu schnell«, wehrt sie ab, aber ich kann es mir nicht verkneifen. An meine Hand passt er fast besser als an Evas. Große Steine erfordern auch große Hände. Der Ring sitzt so gut, als wolle er nie mehr zurück an Evas Hand.
Wenn ich an die Schokoherzen denke, die ich zur Geburt bekommen habe, könnte ich vor Wut platzen. Das werde ich Christoph heute Abend sofort unter die Nase reiben. Einkaräter. Andere Frauen kriegen Einkaräter. Zur Geburt. Dem werde ich den Marsch blasen. Wenn auch nur telefonisch. Christoph befindet sich nämlich auf Fortbildung. Für eine Woche. In Paderborn.
Aber trotz aller Neidattacken ist es schön, Conny und Eva getroffen zu haben. Wir beschließen eine Art Jour fixe. Einmal die Woche, Treffen bei einer von uns. Reihum.
Wofür Pekip auch immer gut ist, mein Sozialleben steigert es sofort. Bei Claudia allerdings scheint es die Körpertemperatur zu steigern. Mit jeder Stunde zu Hause wird ihr Kopf röter und ihr Körper heißer. Claudia war noch nie krank. Mit kranken Kindern kenne ich mich nicht aus. Eher schon mit kranken Männern. Das hat mir gerade noch gefehlt. Kaum ist Christoph weg, kränkelt Claudia. Hektisch messe ich Fieber. Im Ohr. 38 , 5 Grad. So ein Mist.
Was mache ich denn jetzt? Christoph ist nicht zu erreichen. Ich spreche ihm auf die Mailbox. Wozu der ein Handy hat, wenn dann doch jedes Mal die Mailbox drangeht? In diesem Fall ist es wahrscheinlich egal, denn Erfahrung mit Kinderkrankheiten hat der nicht. Außer mit seinen eigenen, und die Schilderungen seiner dramatischen Scharlachgeschichte kann ich mittlerweile bald genauer erzählen als er, so oft habe ich sie schon gehört. Aber trotz allem, ein paar unterstützende Worte hätten mir sicher gut getan.
Ich beschließe: Das ist ein Fall für Mama. Ich rufe sie an. Immerhin sie ist zu Hause. Glück. »Mama, Claudia hat 38 , 5 Grad Fieber und sieht nicht sehr glücklich aus, was mach ich denn jetzt?«, suche ich Rat bei meiner Mutter. »Unterm Arm oder im Po?«, erkundigt sich die Fachfrau. »Im Ohr«, antworte ich. »Im Ohr, Andrea, bist du noch bei Trost? Seit wann wird Fieber im Ohr gemessen? Nur die Powerte geben wirklich Aufschluss, was Sache ist.« Gut, dass ich seit Inges Blähungstrick auch ein stinknormales Fieberthermometer in meinem Besitz habe. »Ich ruf dich gleich wieder an, wenn ich den Wert habe«, rufe ich in den Hörer und mache mich an die Arbeit. Entweder ist das Fieber in den letzten Minuten rasant gestiegen, oder im Po ist es einfach heißer als im Ohr. Ist ja auch tiefer drin. 39 , 4 Grad. Mama hilf.
Es ist besetzt. Die weiß doch, dass ich sofort wieder anrufen wollte. Ist die verrückt geworden. Nach zehn Minuten eine freie Leitung. »Endlich«, motze ich in die Muschel, »mit wem hast du denn da rumgeschwätzt? Du weißt doch, dass Claudia total krank ist.« Sie ist empört. Über meinen
Ton. »Jetzt mach mal halblang, Andrea. Obwohl es dich eigentlich nichts angeht, das war Karl. Ein Golfbekannter von mir. Kennst du noch nicht. Der hat auch Probleme. Allerdings kein krankes Kind. Oder doch irgendwie. Seine Frau. Na ja. So ein junges Ding. Und außerdem hatte ich noch Fragen zu meinem neuen Driver. Ich kaufe mir doch nächste Woche ein Einser-Holz. Wahrscheinlich von Taylor Made. Also er hat gemeint, die wären prima. Und, was ist jetzt mit Claudia?«, fragt sie dann doch noch nach ihrer Enkelin. » 39 , 5 Grad im Po«, gebe ich Auskunft und runde mal eben etwas auf. Mehr macht mehr her. Nicht nur bei Diamantringen und der Karatzahl, sondern auch bei schnödem Fieber. »Aha«, kommt es ziemlich unbeeindruckt von Mutti, »gib ihr ein Zäpfchen, und wenn es nicht besser wird, machst du Wadenwickel. Nicht zu kalt. Leg was unter, sonst wässerst du noch euer neues Parkett. Gute Besserung und noch einen schönen Abend.« Sie beendet das Gespräch. Reizend. Da wünscht mir meine Mutter allen Ernstes einen schönen Abend. Sehr aufmerksam. Mit einem hochfiebrigen Kind. Das wird mit Sicherheit ein ganz bezaubernder Abend. Ein Highlight in meiner jungen Muttergeschichte. Ich fühle mich allein gelassen. Weiß nicht, wen ich anrufen könnte. Mit wem hat meine Mutter da eben angeblich telefoniert? Mit Karl, einem Golfbekannten. Ob das Evas Karl ist? Das wäre ja wohl der Knaller. Die Welt ist ja voller Zufälle. Da höre ich an ein und demselben Tag zweimal was von einem Mann, über den ich bisher nie was gehört habe. Könnte ja
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