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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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selbst schließt. Eine Stelle, die keine Mutter gern anfasst. Schon weil man denkt, wenn man zu fest auf die weiche Schädeldecke drückt, landet man direkt in der kindlichen Schaltzentrale. Trotzdem, jetzt gilt es. Es gibt Dinge im Leben, die sind unvermeidbar. Ich werde mein Kind doch nicht unter unentdeckter Hirnhautentzündung leiden lassen, nur weil ich zu zimperlich bin, eine Fontanelle anzufassen. Ist sie nach vorne gewölbt, wie im Kinderkrankheitenbuch beschrieben? Vorsichtig fasse ich Claudia auf den Kopf. Ertaste die Schädeldecke, so zart es eben geht. Ich bin unsicher. Da ich sonst nie auf dem Kopf rumtatsche, habe ich keinerlei Vorher-Nachher-Gefühl. Nach vorne gewölbt scheint mir die Fontanelle nicht zu sein, aber einen Eid würde ich darauf nicht ablegen. So oder so, auch ohne Fontanellenbeweis ist die Indizienlage erdrückend.
     
    Mittlerweile ist es halb elf abends, und wäre mir nicht jeder Appetit vergangen, könnte ich heute locker jedwede Energie sparen und mir ein Spiegelei auf dem Körper meiner Tochter braten. Ich messe ungefähr zum elften Mal Fieber. Immer noch 39 , 4 Grad. Jetzt brauche ich keine Ratschläge mehr, jetzt muss gehandelt werden. Besondere Situationen erfordern besondere Maßnahmen. Ich rufe den Kinderarzt an. Natürlich glaube ich nicht wirklich, dass er nachts noch in der Praxis abhängt, aber man weiß ja nie. Es soll ja auch Workaholics in diesem Bereich geben. Er ist nicht da. Oder geht nicht dran. Immerhin, er hat einen Anrufbeantworter, und auf dem Band ist eine Nummer für Notfälle. Uniklinik Frankfurt, Kinderklinik Notambulanz. Die Nummer ist besetzt. Telefonisch kann meine Tochter sowieso nicht errettet werden. Warme Worte helfen mir in der Lage keinesfalls weiter. Da kann ich gut drauf verzichten. Ich packe die Kleine gut ein, und ab geht die Fahrt Richtung Krankenhaus.
    Ich war in meinem Leben erst einmal als Patientin in der Uniklinik. Damals, als ich Christoph kennen lernte und mir auf einer öden Medizinerparty die Bänder im Fuß gerissen habe. Christoph hat mich dann, ganz gentlemanlike, in die Klinik gebracht und mir brav bei der Behandlung Händchen gehalten. Das war der furiose Auftakt unserer Beziehung.
     
    Es ist wenige Minuten vor Mitternacht, als ich am Klinikum ankomme. Déjà-vu. Das gleiche Bild wie damals: Ein gelangweilter, schläfriger Pförtner sitzt in seinem Pförtnerhäuschen und bewacht die Schranke. In der Hand die
Bild
-Zeitung. Gehört das eigentlich zum Berufsbild, dass man
bei der Arbeit die
Bild
lesen muss? »Was gibt’s denn?«, fragt er aus dem kleinen Loch in der Scheibe. »Meine Tochter ist krank«, sage ich, und tatsächlich, er macht die Schranke hoch. Ohne Nachfragen, Wenns und Abers. Beim letzten Mal saß da ein oberzickiger Depp, der fast noch das Versicherungskärtchen überprüft hätte, bevor er seine Schranke gelüpft hat. Es gibt also doch noch so was wie Fortschritt. Oder er war auf Mitarbeiterschulung. Oder er hat selbst Kinder und kennt die Misere. Netterweise drückt er mir sogar noch einen kleinen Plan in die Hand, damit ich die Kinderklinik auch finde. Seit ich auf dem Gelände bin, geht es mir schlagartig besser. Die Rettung ist nah. Ich habe die Sache im Griff und finde sogar einen Parkplatz direkt vorm Eingang. Claudia liegt völlig apathisch in ihrem Maxi Cosi. Dem Himmel sei Dank – sie schläft. Einen kurzen Moment habe ich schon Wahnvorstellungen von komatösen Zuständen gehabt. Aber Autofahren ist bei Claudia schon von Anfang an eines der besten Einschlafmittel überhaupt. Sie lebt, und ich bin hier, und wenn alles weiter so gut läuft, ist die Hirnhautentzündung bald nur noch eine kleine Schauderepisode aus der Vergangenheit.
     
    Wir warten knapp zwei Stunden. Es ist rappelvoll. Dreimal frage ich am Empfangsschalter, wie lange es noch dauert, bis wir zur Audienz gebeten werden. »Sie sehen doch selbst, was hier los ist«, raunzt die Frau hinter dem Glas mich an. Warum die alle in diesen Kabuffs sitzen, ist mir ein Rätsel. Zum Virenschutz? Oder um den Patienten gleich die Verhältnisse klarzumachen. Nach dem Motto: ›Ich habe die Macht – du bist Bittsteller.‹ Ich merke
schnell, dass die motzige Tour hier nicht weit führt. Also harre ich der Dinge. Gucke durch die Gegend, zähle Deckenplatten, und Claudia schläft derweil auf meinem Arm. Wäre sie noch nicht so schlimm krank, hier würde sie es garantiert. Was in diesem Raum an Viren durch die Luft schwirrt, ist unglaublich. Alles hustet,

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