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Frisch gemacht!

Frisch gemacht!

Titel: Frisch gemacht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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sich Claudia. »Also, auf den ersten Blick würde ich sagen, das Kind ist nicht lethargisch, sondern es schläft, was ja auch sehr vernünftig ist um diese Zeit.« Ich ahne, was das hier wird. Einlauf Teil eins. Das klingt ja sehr viel versprechend. Sie wirft mir einen strengen Blick zu und versucht, Claudia aufzuwecken. Bitte sehr, wenn sie es so haben will, ich kann auch eklig werden. Dann kriegt sie jetzt mal ihre große Niederlage aufs Brot geschmiert. »Übrigens, Sie erinnern sich
sicher, als ich damals mit dem Bänderriss hier war, der Mann, dieser große Blonde, der ist jetzt der Vater von Claudia.« »Die Kleine hatte schon einen Bänderriss?«, sie scheint fassungslos. Stellt die sich doof oder erinnert die sich wirklich nicht mehr an mich? Ich muss ja einen irren Eindruck hinterlassen haben. Gar keinen. Null. Nada. »Ach, ist egal«, biege ich die Geschichte ab. Jetzt wollte ich mein Ego aufpolieren und habe mir das Gegenteil eingefangen. Claudia ist kaum wach, da schreit sie schon wieder. Sie rächt ihre Mutter, das gute Kind. Merkt instinktiv, dass die Verhärmte keine nette Person ist. Die lässt sich von einem schreienden Kind nicht aus dem Konzept bringen und misst Fieber, bewegt Claudias Kopf, tastet auf die Fontanelle und schaut ihr genau in die Augen. Hat die dasselbe Kinderkrankheitenbuch zum Studium benutzt, wie ich es daheim habe? Was macht die eigentlich in der Kinderklinik, wenn sie vor ein paar Jahren noch gerissene Bänder im Fuß versorgt hat? »Seit wann sind Sie denn hier in der Kinderklinik?«, erkundige ich mich vorsichtig. Nicht dass sich hier eine Orthopädin erstmals an einer Hirnhautentzündung ausprobiert. Natürlich müssen auch Ärzte trainieren, aber bitte nicht an meinem Kind. »Seit wann ich hier bin, wollen Sie wissen? Das Datum habe ich gerade nicht parat, aber seit ich meine Fachärztinnenausbildung mache. Eineinhalb Jahre, um genauer zu sein. Wie kommen Sie eigentlich auf die Frage?«, wird sie jetzt pampig, »oder haben Sie einen Herrn Doktor erwartet?« 1 : 1 . Nun sind wir beide beleidigt.
     
    Sie öffnet Claudias Mund und tastet drin herum. »Hirnhautentzündung, witzig, die Hirnhautentzündung ist – ein
Zahn. Ihre Tochter bekommt einen Zahn. Sehen Sie zu, dass sie die Kleine nach Hause bringen, und geben Sie ihr ein Zäpfchen. Haben Sie Zäpfchen?«, fragt sie mich. Als sie mein belämmertes Gesicht sieht, fängt sie an zu lachen. Sie lacht mich aus. Diese Frau, eine Ärztin, die Menschenleben retten soll, lacht mich aus: »Keine Sorge. Es gibt noch viel hysterischere Mütter als Sie. Neulich hatten wir eine, die hat ihr Kind nachts um vier gebracht, weil es so blass war. Ich wäre auch blass, wenn man mich nachts um vier wecken würde.« Haha. Was kann die da lachen. Ihr Geschichtchen scheint ihr selbst riesig zu gefallen. Sie legt noch mal nach: »Die hat doch echt gedacht, ihr Kind hätte Leukämie, und wollte sofort eine umfassende Blutanalyse und Blutkörperzählung. Als ich das abgelehnt habe, weil die Kleine einen total normalen Eindruck gemacht hat, wollte die Tante mich doch glatt verklagen. Unglaublich, was sich die Leute so einbilden. Rauschen hier nachts an und wundern sich, dass wir nicht vor Begeisterung in die Hände klatschen.« Die letzten Worte sind eindeutig für mich bestimmt. Was für eine hochnotpeinliche Situation. Sollte diese Frau Recht haben, bin ich total blamiert. Nächtlicher Ausflug in die Notaufnahme mit dem ersten Zahn. Das ist peinlich. Sehr peinlich. »Ja, sind Sie denn sicher?«, will ich, schon wesentlich freundlicher im Ton, doch noch wissen. »Ja«, sagt sie, »da bin ich mir sicher. Sogar ganz sicher. Ich habe schon mehr zahnende Babys gesehen. Geben Sie ihr einen kühlen Beißring, viel zu trinken, und morgen oder übermorgen ist es ausgestanden. Beim nächsten Zahn und beim nächsten Kind wissen Sie dann Bescheid.« Sie hat auch einen etwas versöhnlicheren Ton angeschlagen. Ich bedanke mich, ringe mir sogar so was
wie eine zaghafte Entschuldigung ab und mache mich vom Acker. Im Wartesaal gehe ich ganz knapp an der Hysterischen vorbei, die immer noch rumsitzt. »Es tut mir sehr Leid, schlechte Neuigkeiten, wahrscheinlich ist Ihr Kind schon angesteckt«, mit diesen Worten rausche ich raus. Das war zwar nicht nett, hat mir aber gut getan.
    Schnellstmöglich verlasse ich den Ort meiner persönlichen Schmach.
     
    Mit dem Zäpfchen schläft Claudia tatsächlich recht gut. Ich versuche noch zweimal, Christoph ans Telefon zu

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