Frisch gemacht!
Polyacryl-Hosen in die Reinigung?«, antworte ich so freundlich wie eben möglich. »Frechheit«, ist das Letzte, was ich von ihm höre. Auch recht – Freunde fürs Leben wären wir sowieso niemals geworden. Und die Reinigung dieses Zeltes hätte sicher eine Stange Geld gekostet. Dafür belegt er die Armlehnen konsequent bis zur
Landung an der Costa de la Luz. Jeder rächt sich auf seine Art.
Eine braun gebrutzelte Reiseleiterin erwartet uns in der Ankunftshalle. Wie beim Ausflug einer evangelischen Jugendgruppe versammeln wir uns brav rund um die Reiseleiterin und ihr Schild. Mit dem Bus geht’s ins Hotel. Der Transfer ist angenehm. Bis auf unsere Tochter. Claudia würzt die einstündige Fahrt mit einer aparten Duftnote. Ausgerechnet jetzt macht sie in die frische Windel. Schubweise wabert der Gestank durch die Busreihen. Die Frau in der Reihe hinter uns schnüffelt ein paar Mal geräuschvoll und setzt sich dann demonstrativ um. »Sollen wir sie schnell wickeln?«, fragt mich Christoph verlegen, was übersetzt so viel heißt wie: »Wickel sie doch mal eben«. Christoph ist schnell mal was peinlich. Aber: Im Bus wickeln, eine grandiose Idee. »Und die Windel – soll ich die dann aus dem Fenster werfen oder in die Handtasche stecken?«, stelle ich die entscheidende Entsorgungsfrage. Was nützt die frische Windel am Kinderhintern, wenn man die voll geschissene nicht los wird? »Dann machen wir eben einen kurzen Stopp und werfen sie in den Müll«, ist Christophs schlauer Vorschlag. Ich frage die Reiseleiterin: »Wäre es möglich, mal einen kurze Rast zu machen, um eine Windel loszuwerden?« Sie guckt entgeistert. »Eine Pause? In einer Viertelstunde sind wir da, ich glaube nicht, dass Ihre Mitreisenden eine Pause machen wollen. Vor allem nicht hier auf der Autobahn. Wo soll der Fahrer denn hier halten?« Ein einleuchtendes Argument. Und: Wer nicht bereit ist, auch nur Minuten seines Urlaubs zu opfern, muss eben noch 15 Minuten Gestank aushalten. Alles im Leben hat seine Konsequenzen.
An der Hotelrezeption ein Riesengetümmel. Als würden nur die Ersten, die drankommen, auch ein Zimmer bekommen. Jetzt gilt es kostbare Minuten zu sammeln, die man nachher am Pool abliegen kann.
Wir haben ein Doppelzimmer mit Beistellbett. Zur Straße hin. Ich war ja für Meerseite, aber Christoph, das alte Sparbrötchen, findet so was Geldverschwendung. »Ich bin doch nur nachts im Zimmer und da ist mir der Ausblick schnuppe. Ist doch eh dunkel nachts.« Männer sind schlichte Gemüter. Und denken so logisch. Nachts – ah – dunkel. Welche Kombinationsgabe. Mir hätte die Vorstellung schon gefallen: Christoph und ich, bei einem Glas Schampus mit Blick auf Meer und Sterne, und Claudia friedlich schnarchend in ihrem Beistellbett. Außerdem mag ich Meeres-rauschen als Geräuschkulisse auch lieber als Autolärm. »Du hörst doch nachts eh nichts«, meint Christoph, und das ist ehrlich gesagt nicht ganz falsch. Jedenfalls tue ich oft genug so als ob. Weil der Liebste sonst niemals seinen Hintern hochkriegen würde, wenn Claudia schreit. Bis wir unseren Kram auf dem Zimmer haben, sind wir beide nass geschwitzt. »Ich habe dir doch gesagt, mit deinen Tonnen Schuhen, das ist bekloppt«, meckert Christoph vor sich hin. Dabei war, wenn überhaupt, nur er bekloppt. Schließlich hätte man auch einen kleinen Wagen für das Gepäck haben können. Hätte haben können. Wenn man schnell genug gewesen wäre. Und zu den Zimmern mit Meerblick wäre es auch näher gewesen. Hätte, wenn, wäre. Ewig diese Lamentiererei. Ich will nicht im Konjunktiv leben.
»Jetzt haben wir es doch geschafft, lass uns runter ans Meer. Claudia und ich wollen Meer sehen«, schlage ich zur
Aufmunterung vor. Aber, man könnte glauben, Christoph wäre das Kind meiner Mutter, er will erst Koffer auspacken: »Das nervt mich, wenn ich vom Strand komme und Kofferkram machen muss.« Mich nervt es auch jetzt, Koffer auspacken nervt einfach immer. Mit dem Elend meiner Schuhe, »was glaubst du, wie verquetscht die aussehen«, schafft er es, mich zu überzeugen, und ordentlich, wie Deutsche nun mal sind, räumen wir unsere Koffer aus. Kleiderbügel im Hotel sind die Pest. Fest montiert im Schrank, weil der gemeine Tourist ja weiß Gott nichts Besseres zu tun hat, als die Bügel sofort zu klauen. Unser Kleiderschrank hat sechs Bügel. Für zwei Erwachsene und einen Säugling. Nicht, dass wir Claudia aufhängen wollten, aber sechs Bügel für zwei Erwachsene? Sind wir
Weitere Kostenlose Bücher