Frisch getraut: Roman (German Edition)
müssen schon noch runtergehen.«
»Ich habe Ihnen mein bestes Angebot gemacht.«
»Er kann einen Gebrauchtwagen in Zahlung geben«, gab
Sebastian seinen Senf dazu, um seinem alten Herrn unter die Arme zu greifen. »Stimmt’s?«
Leo drehte sich zu ihm um und schaute ihn strafend an. Zehn Minuten später gurkten sie im alten Town Car vom Parkplatz und fuhren zurück zum Kutschenhaus.
»Man bindet Verkäufern nie auf die Nase, dass man einen Gebrauchtwagen in Zahlung geben will, es sei denn, sie fragen danach. Ich hatte ihn schon fast so weit runtergehandelt, wie ich wollte«, schimpfte Leo, als sie das Autohaus hinter sich ließen. »Du kennst dich vielleicht mit Krawatten aus, aber vom Autokauf hast du überhaupt keine Ahnung.« Er schüttelte fassungslos den Kopf. »Jetzt muss ich diesen Händler abhaken. Hier kann ich kein Geschäft mehr machen.«
So viel zur Verbesserung der Vater-Sohn-Beziehungen.
Nach dem Abendessen schuftete Leo noch im Garten und ging nach den Zehn-Uhr-Nachrichten ins Bett. Sebastian entschuldigte sich dafür, dass er ihm sein Geschäft vermasselt hatte, und Leo lächelte und tätschelte ihm auf dem Weg ins Schlafzimmer die Schulter.
»Tut mir leid, dass ich ein bisschen hitzig geworden bin. Vermutlich sind wir einfach nicht aneinander gewöhnt. Das wird noch dauern.«
Sebastian fragte sich, ob sie sich je »aneinander gewöhnen« würden. Er hatte da so seine Zweifel. Sie waren beide in den Startlöchern und kämpften darum, etwas zu finden, das sie verband. Aber es hätte nicht so schwer sein sollen.
Allein in der Küche, ging er zum Kühlschrank und holte sich ein Bier heraus. Er gehörte in seine Wohnung am Mercer Place in Seattle. Dort wartete eine ganze Ladung Mist auf ihn. Er hatte mit seinen eigenen Problemen zu kämpfen und musste
das Haus seiner Mutter in Tacoma zusammenpacken. Sie hatte fast zwanzig Jahre darin gelebt, und es verkaufsfertig zu machen, würde eine Riesenarbeit werden.
Als er zehn wurde, hatte seine Mutter schon drei Scheidungen hinter sich. Jedes Mal war sie erfüllt von dem Versprechen gewesen, glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende mit ihrem Partner zusammenzuleben. Jedes Mal war sie überzeugt, dass die Ehe ein Leben lang halten würde. Doch keiner der Ehemänner war auch nur ein Jahr geblieben. Die Liebhaber in ihrem Leben hatten es noch nicht einmal so lange ausgehalten. Und jedes Mal, wenn wieder eine Beziehung scheiterte, hatte sie Sebastian ins Bett gebracht und sich in den Schlaf geweint, während er wach lag und sie durch die dünnen Wände schluchzen hörte. Dann hatte auch er weinen müssen. Ihr Kummer schmerzte auch ihn und machte ihn hilflos und ängstlich.
Als Sebastian im zweiten Highschool-Jahr war, hatten er und seine Mutter schon sechs Umzüge hinter sich. Seine Mutter war von Beruf »Schönheitsberaterin«, was bedeutete, dass sie Haare schnitt und stylte. Das machte es ihr leicht, einen Job zu finden, wohin sie auch gerade zogen, und jedes Mal hoffte sie auf einen »Neuanfang«. Was auch eine neue Umgebung bedeutete und dass Sebastian sich schon wieder neue Freunde suchen musste.
In dem Sommer, in dem er sechzehn wurde, landeten sie in dem kleinen Haus in North Tacoma. Aus irgendeinem Grund – vielleicht war seine Mutter endlich erwachsen geworden oder hatte die Umzieherei satt – hatte sie beschlossen, in diesem Häuschen in der Eleventh Street zu bleiben. Anscheinend hatte sie auch die Männer satt, denn sie verabredete sich fast überhaupt nicht mehr. Statt so viel Energie in ihre Beziehungen zu
stecken, verbrachte sie ihre Zeit nun damit, das Wohnzimmer des Hauses zu »Carols Frisierstube« auszubauen (benannt nach ihr) und es mit zwei Frisiersesseln, Waschbecken und Trockenhauben auszustatten. Ihre beste Freundin Myrna hatte Seite an Seite mit ihr gearbeitet, Haare geschnitten, Dauerwellen gelegt und sich mit ihr über den neuesten Tratsch ausgetauscht.
In »Carols Frisierstube« waren Engelslocken und Festiger nie aus der Mode gekommen und füllten das Haus mit dem Geruch von Ammoniak, Wasserstoff und Alkohol. Außer sonntags. Sonntags war der Salon geschlossen, und seine Mutter machte ihm ein Riesenfrühstück. Dann vertrieben Blaubeerpfannkuchen für ein paar Stunden den Gestank von Dauerwellenlösung, Färbemittel und Haarspray.
Noch im selben Jahr suchte sich Sebastian einen Job als Spüljunge in einem Restaurant und wurde schon nach kurzer Zeit zum Leiter der Spätschicht befördert. Von dem Geld kaufte er
Weitere Kostenlose Bücher