Frisch verlobt
du dich nicht zu Hause in deinem Zimmer aufhalten?“
„Das geht dich überhaupt nichts an.“
„Das heißt also Ja“, stellte Nicole gesprächsweise fest. „Ich habe auch gehört, dass dein Dad dir das Auto entzogen hat, und ich würde mal probeweise behaupten, dass er dir von dem Baby nichts erzählt hat. Das wiederum bedeutet, dass es dir jemand anders gesagt haben muss.“
Sie ging davon aus, dass Hawk sicherlich ein paar Stunden brauchen würde, um die Neuigkeit zu verdauen. Und auf gar keinen Fall würde er Brittany diese Information einfach so reinwürgen. Ansonsten wusste niemand davon, außer …
Sie hob den Kopf und sah hinter Brittany Raoul aufragen. Offensichtlich hatte er das Gespräch mitbekommen, das sie mit Hawk geführt hatte.
Und das war ein Schmerz, den sie fühlen konnte. Es schmeckte sehr nach Verrat. Sie sah ihn an. „Du hast es ihr erzählt?“
Raoul trat von einem Bein auf das andere. „Irgendetwas musste ich einfach tun.“
„Und du hast es für eine gute Idee gehalten, sie das wissen zu lassen?“
„Jetzt nicht mehr.“
„Redet nicht über mich, als ob ich nicht anwesend wäre!“ Brittany stampfte mit dem Fuß auf. „Ich hasse das. Ich hasse das alles. Mein Dad war nie wütend auf mich, bevor er dich getroffen hat. Wegen dir ist alles anders geworden. Ich hätte nie gedacht, dass du das fertigbringen würdest. Er liebt dich nicht. Ich weiß, dass er das nicht tut. Und ich will, dass du es auch weißt. Du wirst ihn mir nicht wegnehmen. Mich liebt er mehr als dich.“
„Brittany, hör auf damit“, versuchte Raoul sie zu bremsen. Er nahm sie am Arm und wollte sie aus dem Zimmer ziehen. „Du sollst mit Nicole nicht so reden. Du meinst es doch gar nicht so.“
Sie riss sich von ihm los. „Sag mir nicht, was ich tun soll.“ Dann fuhr sie wieder Nicole an. „Das werde ich dir nie verzeihen.“
„Gleichfalls.“
„Was?“
„Es geht nichts über eine Krise, wenn man den Charakter eines Menschen kennenlernen will. Gut, dass ihr nicht geheiratet habt, Raoul. Glaub mir, das würdest du dir die nächsten dreißig Jahre lang nicht antun wollen.“
„Du Miststück!“, schrie Brittany.
Raoul stellte sich zwischen sie. „Das reicht jetzt“, sagte er seiner Freundin. „So wirst du nicht mit Nicole reden.“
„Du wirst dich doch wohl nicht auf ihre Seite stellen.“
„Genau das werde ich. Sie war gut zu mir. Sie hat mich und Sheila aufgenommen.“
„Aber du liebst mich doch.“
„Das tue ich auch, aber ich respektiere Nicole, und das solltest du auch.“
Er sprach diese Worte mit einer ruhigen Würde aus, einer Reife, die Nicole nicht erwartet hätte. So wie er sie jetzt verteidigte, vergaß sie fast den Schmerz, den sie empfunden hatte, als sie sich von ihm verraten fühlte. Sie beobachtete die beiden und fragte sich, wer wohl zuerst blinzeln würde.
Brittany nahm die Schultern zurück. „Ich möchte, dass du mich jetzt nach Hause bringst.“
„In Ordnung.“
Sie ging aus der Küche. Raoul sah Nicole an.
„Dauernd mache ich alles falsch. Tut mir leid.“
„Es muss dir nicht leidtun. Ich bin ja auch kein bisschen besser. Wenn das Leben sonst nichts ist, es ist wenigstens interessant.“
„Freust du dich auf das Baby?“
Sie legte ihren Löffel weg und verschloss den Eisbecher. „Ja, ich freue mich. Trotz allem.“
„Gut. Da bin ich froh. Hawk wird schon die Kurve kriegen.“
Darüber wollte Nicole jetzt lieber nicht sprechen. „Du solltest dafür sorgen, dass Brittany wieder nach Hause kommt, bevor ihr Dad etwas davon bemerkt. Ich bezweifle, dass er in der Stimmung ist, sonderlich viel Geduld mit ihr aufzubringen.“
„Ja, ich weiß.“ Er zögerte. „Das, was du gesagt hast, wie so etwas den wahren Charakter einer Person zeigt. Ich finde, du hältst dich klasse.“
Wenn es doch nur so wäre … „Nicht mehr lange. Ich plane, später am Tag noch zusammenzubrechen.“
„Ich bin da, wenn du mich brauchst.“
„Danke, aber ich werde schon damit fertig.“ Allein. Darin war sie gut.
Raoul ging und sie blieb allein im Haus.
Die Stille störte sie nicht. Sie machte es sich auf dem Sofa bequem und zappte sich durch die Fernsehkanäle. Es musste doch etwas geben, dass sie von ihrem Gespräch mit Hawk und seiner Reaktion auf ihre Schwangerschaft ablenken konnte. Irgendetwas, das ihr dabei half, weiter betäubt zu bleiben.
Aber der Schmerz war da und schlich näher. Sie hatte sich erlaubt zu hoffen, dann hatte sie sich verliebt, und
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