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Frische Spur nach 70 Jahren

Frische Spur nach 70 Jahren

Titel: Frische Spur nach 70 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Gaby pilgerte scheinbar unentschlossen an den
Regalen entlang.
    Kotzbühl hatte die Kids scharf
im Auge, hielt es offenbar für möglich, dass sie ein 24-teiliges Kaffee-Service
unter dem Pullover verschwinden ließen.
    „Wie viel Geld wollt ihr denn
anlegen?“
    „Naja“, erklärte Tim. „Da sind
wir flexibel. Sozusagen nach beiden Seiten: zur preiswerten wie auch zur
kostspieligen. Aber das ist nicht das Problem. Sondern Omas besonderer Wunsch.
Sie hat sich da auf etwas versteift. Deshalb sind wir schon die ganze Woche in
der Stadt unterwegs — von einem Porzellanladen zum nächsten. Aber immer ohne
Erfolg. Sie“, Tim grinste ihn an, „sind unsere letzte Hoffnung.“
    „Was sucht ihr?“
    „Eine Porzellanfigur. Von der
wurden — wie man uns erklärt hat — nur fünf hergestellt. Drei sind im Eimer,
eine ist in den USA, die letzte wurde zuletzt hier in der Stadt gesehen. Es
handelt sich um eine Reiterin auf einem Schimmel. Leider fehlt dem armen Tier
ein Ohr, was aber auch einen Vorteil hat. Denn dadurch wird die schier
unbezahlbare Kostbarkeit für uns erschwinglich. Und kostet statt des
Katalogpreises von 20 000 DM nur noch — na, sagen wir mal: neun-Mark-fünfzig.“
    „Aha!“, sagte Kotzbühl und
seine Augen wurden schmal.
    „Die Figur heißt Lola
trabt“, erklärte Tim mit freundlicher Miene.
    „Aha!“
    „Die Spur dieses Trabes ist
verwirrend. Denn die Figur befand sich noch vor einem Jahr im Besitz einer
Kunstmalerin. Dann wurde dort eingebrochen und der Einbrecher stahl auch die
Porzellanfigur. Seitdem verwischt sich die Spur. Wir aber glauben, dass der
Einbrecher mit einem einohrigen Schimmel nicht viel anfangen kann. Damit
ergeben sich drei Möglichkeiten: Entweder die Lola-trabt-Figur steht beim
Einbrecher in der — ebenfalls geklauten — Biedermeier-Vitrine. Oder er hat die
Figur in den Müll geworfen. Oder er hat sie zusammen mit anderen Beutestücken
einem blauäugigen Gebrauchthändler überlassen. Mit blauäugig meine ich:
arglos.“
    „Aha!“
    Kotzbühl war anzusehen, dass er
die Verlängerung seiner Geschäftszeit für die drei vermeintlichen Kunden
bedauerte.
    Gaby trat zu Tim. „In den
Vitrinen ist sie nicht. In den Regalen auch nicht.“
    „Hast du auch nichts übersehen,
Pfote?“
    „Was soll denn das heißen, Tim?
Ich übersehe nie etwas. Ich bin zwar blauäugig, aber deshalb nicht arglos.“
    Tim wandte sich an Kotzbühl.
„Vielleicht haben Sie noch den ganzen Keller voller Porzellan — und die Figur
ist dort?“
    „Nein. Nicht, dass ich wüsste.“
    „Und das wissen Sie genau?“
    „Absolut. Der Ankauf dieser
Figur wäre ja, als würde ich Hehlerware nehmen.“
    „So ist es“, sagte Karl und kam
heran. „Jetzt haben wir ihn in der Falle, Tim. Soll ich Klößchen reinholen? Auf
die Feuerlöscher-Show können wir verzichten.“
    Sie redeten miteinander, als
wäre Kotzbühl nicht vorhanden.
    „Das mit dem Feuerlöscher“,
erklärte Gaby, „gibt aber Aufschluss darüber, wessen Geistes Kind dieser Mann
ist — nämlich der leibliche Sohn von Habgier und Skrupellosigkeit.“
    „Und die geistige Patentante“,
grinste Tim, „ist die unterlassene Hilfeleistung. Aber da wird er behaupten, er
hätte Klößchen für einen Feuerlöscher-Dieb gehalten. Feuerlöscher-Dieb! Das
muss man sich vorstellen! Das ist so, als würde jemand Grabsteine mit Inschrift
stehlen — und dann in der Zeitung inserieren: gebrauchter Grabstein, ganz
preiswert, passend für einen Paul-Otto Meier, geboren 1.1.1910, verstorben
31.12. 98. Jawoll!“
    Karl war zur Tür gegangen und
holte Klößchen herein. Kotzbühl stand da, als hätte man ihn bis zu den Knien in
Beton eingegossen.
    Klößchen sparte nicht mit
wütenden Blicken. „Na, erkennen Sie mich?“

    „Verlasst sofort mein
Geschäft!“
    Kotzbühls Stimme hatte sich
verändert und besaß jetzt etwa so viel Festigkeit wie eine Portion
Vanille-Pudding, die unbedingt weg muss.
    „Ich glaube, er hat noch nicht
alles begriffen“, sagte Gaby zu Tim.
    „Es scheint so, Pfote! Woher
soll er auch wissen, wie gut wir informiert sind. Dass uns zum Beispiel bekannt
ist, wo sich die Lola-trabt-Figur zurzeit befindet, nämlich in der
Asservatenkammer der Polizei. Dort wird er am Montag seinen Ramsch abholen. Ja,
Herrrrrrr Kotzbühl“, wandte sich Tim jetzt direkt an ihn. „Sie sitzen mit dem
Hintern auf der Leimrute. Die Figur ist Sore. Sie werden natürlich behaupten,
Sie hätten sie zufällig gefunden, zum Beispiel in der Kirche, wo Sie

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