Frischluftkur: Roman (German Edition)
Fresh&Clean -Aktionspaket nicht so richtig hinbekommen hat. Das Material hat eher etwas an Farbe verloren, die Küche sieht seitdem merkwürdig aus, irgendwie persönlichkeitsgespalten.
Hanna bleibt vor der Spüle stehen und verfolgt gebannt die Putzbewegungen. »Ich könnte das viel schneller«, murmelt sie leise. Die anderen nicken zustimmend, die Frau bewegt sich wie in Zeitlupe. Hinter ihr öffnet sich eine Tür. Eine Hand erscheint durch den Spalt und winkt. Tina, Petra, Marlies und Hanna gucken sich fragend an. Dann streckt Edith den Kopf durch die Tür. Die Damen erkennen sie kaum, denn sie trägt eine Atemschutzmaske. »Kommt schon her«, krächzt sie gedämpft.
Die Freundinnen schieben sich nacheinander durch den engen Türspalt. Weiter öffnen geht nicht, ein Tisch steht ungünstig im Weg.
In dem Kabuff riecht es sehr merkwürdig. »Entschuldigt bitte, diese Messestände sind sehr beengt. Jeder Quadratzentimeter kostet eine horrende Miete. Und ich sehe so seltsam aus, weil mein HNO-Arzt mir diesen neuartigen Inhalator verschrieben hat, gegen meinen chronischen Husten.« Zum Beweis hustet Edith ein paarmal trocken. »So, und wie läuft die Operation Frischluftkur?«
»Och, geht so«, antwortet Petra.
»Du hast Recht: Wissen ist Macht – wir müssen nur noch überlegen, wie wir unser Wissen einsetzen«, ergänzt Tina. »Apropos Wissen, kennst du die Leute, die hier arbeiten? Da gibt es einen bei den Wischtüchern, der ist einfach ...«
»Nun lass doch den mal aus dem Spiel!«, beschwert sich Hanna.
Edith drückt, während sie zuhört, auf verschiedene Pumpzerstäuber. »Ihr habt doch nichts dagegen, dass ich hier noch schnell die nächste Präsentation vorbereite? Ich bin gleich ganz für euch da!« Sie sprüht stark duftende Substanzen in die Luft. Die Jungen Landfrauen sehen aus, als würde ihnen schwindelig werden.
»Oh«, sagt Edith, »das ist ein ganz neues Produkt, das haben wir gerade reinbekommen. Da müsst ihr mal dran riechen – ein Oberflächenveredler mit biologischem Apfel-Zimt-Duft!« Sie gibt ein kleines, giftgrünes Fläschchen mit der Aufschrift The Best for the Best herum. Ihre Kundinnen schnuppern daran. Die Pupillen weiten sich, der Blick wird glasig, bemerkt Edith mit Wohlwollen. Das ist genau die Wirkung, die sie beabsichtigt hat. Das neue Zeug scheint noch besser zu wirken als alle anderen Fresh&Clean -Produkte.
»Und, was habt ihr über eure Nachbarn herausgefunden?«, fragt sie so nonchalant wie möglich.
»Der Gärtner kauft seinen Rhododendron bei Aldi. Im Sonderangebot!«, flötet Petra. »Und verkauft den dann als teuren Qualitätsrhododendron!«
»Vor der Wohnung dieser Evelyn, die im Supermarkt arbeitet, parkt immer ein Mercedes mit Hamburger Kennzeichen«, steigert Hanna die unglaublichen Enthüllungen. »Wir haben sogar ein Foto vom Fahrer.« Sie nestelt ein Bild aus der Tasche und gibt es Edith. Die runzelt die Stirn und betrachtet kritisch das unscharfe Foto. Sieht aus wie eine Paparazziaufnahme von einem Lebkuchenmännchen bei Nebel.
»Marlies war uns allerdings keine große Hilfe«, petzt Petra. »Dabei arbeitet die auch bei Knurres und könnte dieser Evelyn einfach mal auf den Zahn fühlen.«
Marlies sagt nichts. Ihr ist das irgendwie unangenehm. Außerdem ist ihr schlecht. Muss das hier so nach Putzmitteln stinken?
»Keine Sorge, unsere Kleine wird schon bald viel lockerer werden. Wir haben sämtliche Junggesellen auf Marlies-Tauglichkeit geprüft. Drei sind in der engeren Wahl!«, triumphiert Tina.
Marlies zuckt zusammen. Das hat sie erstens nicht gewusst und zweitens ist es ihr total peinlich. Überhaupt, diese ganze Operation Frischluftkur ... ein höchst dubioses Unterfangen! Und diese Edith, die ist doch nicht ganz koscher, findet Marlies. Aber sie sagt natürlich nichts. Die anderen würden ihr eh nicht zuhören. Zumal sie im Moment viel zu sehr damit beschäftigt sind, der Reinigungsmittelfachfrau ihre kleinen Geheimnisse zu verraten.
»Der Soundso, der Grickel oder Frickel oder wie der heißt, der ist ein Heiratsschwindler«, gibt Tina gerade zum Besten.
»Außerdem wollen Knurres den Parkplatz umgestalten«, ergänzt Petra. »Und bei Gehrkens war Einsatz in vier Wänden , die haben jetzt überall türkise und lila Wände. Und ein individuelles, hinterleuchtetes Gewürzregal.«
Edith ist genervt. Dieser fade Dorfklatsch und illuminierte Gewürzregale interessieren sie nun überhaupt nicht. Alles Informationen, die sie nicht braucht. Vielleicht
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