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Frischluftkur: Roman (German Edition)

Frischluftkur: Roman (German Edition)

Titel: Frischluftkur: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kirsten Rick
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Es war eher ... na ja ... schwer .
    Genau genommen war nicht es schwer, sondern er , Torben Wegmann, wie er da auf ihr lag, so ... zementsackartig. Marlies hatte das Gefühl, ihr würden beide Beine einschlafen. Zum Glück war er dann eingeschlafen, und sie konnte ihn herunterrollen und sich aus der unbequemen Position befreien. Sie ging nach Hause und sprach nie wieder mit ihm. Nicht, dass sie vorher viel geredet hätten.
    Marlies hat in all den Jahren kein Wort darüber verloren und irgendwann gar nicht mehr daran gedacht. Bis zur Putzparty von Petra.
    Die kunstvoll aufgeschichtete Mango-Pyramide bricht zusammen und kullert über die Kiwis. Nicht über die normalen, sondern über die goldenen, diese neue, haarlose Sorte, die doppelt so teuer ist. Kiwi Gold – wie das schon klingt! So wertvoll, so besonders! Marlies ist ihnen sofort verfallen. Stundenlang kann sie eine in den Händen halten und sich nach Neuseeland träumen – mindestens so lang, wie ein Flug dorthin dauern würde. Marlies könnte nie nach Neuseeland fliegen. Nirgendwohin eigentlich – sie hat Flugangst. Trotzdem blättert sie manchmal die Reisekataloge aus dem Ladeneingangsbereich durch und malt sich aus, wie es wohl wäre, wenn sie ihren Urlaub in einem Fünf-Sterne-All-inclusive-Club verbringen würde. Ach, schön wäre das. Da würde sie bestimmt auch endlich ihren Traummann treffen. Obwohl: Der wäre ja erst ein Fremder. Und vor fremden Menschen hat Marlies Angst. Da bringt sie dann erst recht kein Wort heraus. Aber dem Traummann wäre das egal, denn er würde sie auch sprachlos lieben. Sonst wäre er ja kein Traummann.
    Weggefahren in den Ferien ist Marlies erst einmal in ihrem Leben. Zum Chiemsee. Mit den Eltern, da war sie zwölf. Schön war es da, der glatte See, die Berge, die vielen Knödel und Brezeln. Und die Leute haben so lustig geredet, verstanden hat sie kein Wort. Da wäre sie gerne noch mal hingefahren, aber die Eltern haben gemeint, einmal sei genug und das Geld könnte man besser sparen, für harte Zeiten, die kämen bestimmt. Seitdem spart Marlies. Sie würde das Geld gerne verprassen, sinnlos, im Rausch, für Champagner und teure Reisen. Aber dafür ist sie nicht der Typ, das hat ihre Mutter immer gesagt. Marlies glaubt ihr. Außerdem hat sie ja Flugangst. Das weiß sie ganz sicher, ohne je auch nur in die Nähe eines Flughafens gekommen zu sein.
    »Na, wovon träumen Sie denn schon wieder, Fräulein Marlies?« Frau Knurre, die Supermarktchefin, eine resolute, wohnzimmerschrankwandgroße Frau, hat sich von hinten angeschlichen. Ja, was soll man darauf antworten? Marlies sagt vorsichtshalber lieber gar nichts. Das wundert Frau Knurre nicht.
    »Wo ist denn Madame Evelyn?«
    Marlies zieht vorsichtig die Schultern hoch und lässt sie dann wieder sinken. Gelogen ist das nicht.
    »Das habe ich mir schon gedacht«, antwortet Frau Knurre. »Fräulein Marlies, wenn sie hier fertig sind mit dem Anschmachten der Südfrüchte, könnten sie sich dann bitte um das Sonderverkaufsdisplay Mediterrane Wochen kümmern und ein wenig Ordnung ins Appetit-auf-Asien -Regal bringen?«
    Marlies nickt. Die Fräulein-Anrede nervt sie. Dass Frau Knurre auch immer so darauf herumreiten muss, dass sie nicht verheiratet ist. Da kann sie doch nun wirklich nichts dafür! Als ob das ihre Schuld wäre. Sie würde eben nicht jeden nehmen, der werte Gatte von Frau Knurre könnte ihr zum Beispiel gestohlen bleiben. So ein kleines, hutzeliges Männchen. Und dann dieses boshafte Lachen. Ob die noch miteinander ...? Nein, Marlies mag da gar nicht dran denken!
    Während sie nicht dran denkt und die goldenen Kiwis wieder zurücklegt, greift ein Arm seitlich an ihr vorbei und nimmt sich eine Ananas. Zuerst sieht sie die Hand, eine starke Hand mit kräftigen Fingern. Darin wirkt die Ananas geradezu filigran, obwohl es sich nicht wirklich um eine zierliche Frucht handelt.
    Marlies dreht sich langsam um und sieht den Mann an, der zur Hand gehört. Er trägt ein T-Shirt mit Batikmuster, ausgebeulte Jeans und abgeschabte schwarze Lederschuhe. Eine Haarsträhne fällt über seine kiwischalenbraunen Augen und tippt seitlich den Nasenflügel an.
    Er sieht beinahe so aus wie das Unterwäsche-Model aus der Tchibo-Welt von letzter Woche. Das kann Marlies sehr gut beurteilen, denn sie hat den großen Pappaufsteller heimlich mit nach Hause genommen und unter ihrem Bett versteckt. Er könnte aber auch eine Kreuzung aus dem Maharadscha und dem Marokkaner sein. Auf jeden Fall sieht

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