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Friss oder stirb

Friss oder stirb

Titel: Friss oder stirb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens G. Arvay
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anpassen. Und das ist einfach verrückt und gefährlich. Immerhin geht es um unsere Nahrung, die wir brauchen, um am Leben zu bleiben. Das Klima wird sich ändern, ganz egal, ob dies nun rasch oder schleichend passieren wird.

    Clemens G. Arvay : Samenfeste, reinerbige Sorten sind also wichtig für die Ernährungssicherheit der Menschen. Gibt es außerdem noch etwas, das wir durch ihre Verdrängung aufs Spiel setzen?

    Ben Gable : Wir haben diesen riesengroßen Erfahrungsschatz von Menschen, die in den vergangenen Jahrtausenden Pflanzenzucht betrieben haben. Jede Generation hat die Vorarbeit der vorangegangenen Generationen fortgesetzt. Da hat sich wertvolles Wissen, hat sich ein immenser Erfahrungsschatz gebildet. Die Kulturpflanzen sind Teil eines großen Menschheitserbes. Und jetzt plötzlich sagen wir: „Wisst ihr was? Vergessen wir das alles, das bringt uns doch wirtschaftlich nicht weiter. Machen wir ein paar Hybriden, mit denen sich viel Geld verdienen lässt, und wenden wir Unmengen an fossilen Brennstoffen auf, um sie zum Wachsen zu bringen. Verkaufen wir sie im Supermarkt und machen wir uns keine weiteren Gedanken.“

    Clemens G. Arvay : Haben wir Hoffnung, dass die Manager der Supermärkte und Lebensmittelkonzerne diese Gefahr ernst nehmen und umdenken werden?

    Ben Gable : Supermärkte sind die absolute Verdichtung des Problems, über das ich gesprochen habe. Sie sind mit ihrer Wirtschaftspolitik die Verursacher der Misere. Wenn Menschen im Supermarkt zum Beispiel Bio-Produkte kaufen, dann frage ich mich oft: „Was tut Ihr überhaupt in einem solchen Laden, wenn Euch ökologischer Landbau wichtig ist?“
Die Lösung muss sein, wieder regionale Strukturen aufzubauen, wo gänzlich anders gewirtschaftet werden kann. Wir brauchen ein neues Denken in der Landwirtschaft, eine angemessene Form der Bewirtschaftung. Aber wir müssen, meiner Meinung nach, damit anfangen, nicht mehr im Supermarkt einzukaufen. Solange wir in den Supermarkt gehen, haben wir keine Hoffnung.

    Clemens G. Arvay : Gibt es aus Ihrer Sicht auch etwas Positives an Supermärkten?

    Ben Gable : Es gibt zwei gute Dinge über Supermärkte zu sagen. Erstens: Bald – vielleicht sogar noch innerhalb meiner eigenen Lebenszeit und spätestens in geschätzten 200 Jahren – wird es keine Supermärkte mehr geben, zumindest nicht in der Form, in der wir sie heute kennen. Denn die zentralistische Verteilungskette wird bald nicht mehr aufrechtzuerhalten sein, zum Beispiel, wenn Erdöl immer teurer wird. Die immens energieaufwendige Wirtschaftsweise der Supermärkte wird also nicht für immer finanziert werden können und die Konzerne werden zu einem massiven Umdenken gezwungen werden.
Zweitens: Obwohl es schrecklich ist, wie Supermarktkonzerne beispielsweise ihre Bio-Produkte unter dem „grünen Mäntelchen“ anpreisen, ohne dass diese wirklich nachhaltig oder ökologisch produziert werden, sondern bestenfalls „formal biologisch“ sind, sollten wir froh sein, dass sie inzwischen auch Erzeugnisse anbieten, die etwas besser als die konventionellen sind. Durch den Bio-Boom der Lebensmittelkonzerne haben wir nun eine Situation, in der die biologische Landwirtschaft zu einem gesellschaftlichen Thema geworden ist. Es gibt die Aufmerksamkeit, mit der wir arbeiten können. Jetzt ist es an der Zeit, Information anzubieten, um Bewusstsein für ökologische Lebensmittel zu schaffen. Der nächste Schritt könnte schon sein, dass immer mehr Menschen aufhören, im Supermarkt einzukaufen und stattdessen Alternativen unterstützen oder sogar mit aufbauen.
    An der Nase herumgeführt
    Dieser Bewusstwerdung der Konsumenten steht derzeit noch eine übermächtige Werbemaschinerie der Konzerne gegenüber, die falsche Bilder unserer Lebensmittelproduktion verbreitet und äußerst erfolgreich dafür sorgt, dass sich die Konsumenten nur sehr schwer ein Bild der Realität machen können. Damit meine ich nicht nur die plumpe und durchschaubare TV-Werbung, in der sprechende Schweinchen über saftig grüne Almwiesen tollen, wo industrieller Griespudding mit „großmütterlicher Liebe“ zubereitet wird und wo uns Industriebrot unter dem Deckmäntelchen des „traditionellen Bio-Handwerks“ verhökert wird.
    Nein, die PR-Maßnahmen der Lebensmittelkonzerne – ob nun für konventionelle oder für Bio-Produkte – gehen noch viel weiter und sind für Konsumenten meist schwer zu durchschauen.
    Als ich im Jahr 2011 auf Besuch in einer Werbeagentur von Ja!Natürlich (REWE) war,

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