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Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser

Titel: Fritz Neuhaus 03 - Nichtwisser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Senf
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hellen Straßenlaternen. Ein Lieferwagen fuhr langsam davon. Durch die Windschutzscheibe sah ich eine Zigarette glimmen. Ich dachte an den Tangotänzer.
    Barbara und Corinne saßen im Garten. Sie tranken Campari mit Zitrone und Soda.
    »Hallo.«
    »Hallo.«
    Ich mixte mir auch ein Glas Campari und setzte mich auf einen Korbstuhl.
    »Was gibt es Neues?«
    Barbara erzählte von ihrer Fahrt mit dem Priester und der Frau vom Flüchtlingsrat ins Krankenhaus. Und natürlich von dem Mädchen.
    »Dem Mädchen geht es elend. Schwer depressiv. Es steht unter Schock. Es kommt aus Bosnien. Es gibt noch einen Bruder. Der ist untergetaucht. Er führt ein chaotisches Leben. Ist akut gefährdet durch seine Unberechenbarkeit. Das Mädchen heißt Lea Bosic. Ich erfahre morgen mehr. Der Stationsarzt traute sich nicht, nähere Auskünfte zu geben. Ich soll mich an den Oberarzt wenden. Die Ärzte, die Illegale behandeln, dazu noch stationär, verhalten sich gesetzeswidrig. Das kann Konsequenzen haben. Häufig wird das illegale Verhalten der Ärzte geduldet. Das kenne ich aus meiner eigenen Arbeit. Frau Quack vom Flüchtlingsrat hat mir das alles erzählt. Sie hatte das Mädchen in den Bunker begleitet. Lea wollte unbedingt zu dieser Hochzeit. Ich muss mich von meiner besten Freundin verabschieden, sagte sie. Nichts kann mich davon abhalten. Sollen sie mich doch festnehmen und abschieben. Ich sehe sie nie wieder. Sie sagte nicht, warum sie ihre Freundin nie wieder sehen würde. Frau Quack ist eine couragierte Frau. Sie will uns morgen das Flüchtlingslager zeigen. Soweit wir da Zugang haben. Und uns die Geschichte von Lea und ihrem Bruder erzählen. Es ist auch ein Stück Geschichte über das Lager, das ursprünglich ein offenes Lager war ohne großartige Kontrollen und das immer mehr zu einem Straflager wurde.«
    Mein Handy klingelte. Wer rief da noch an um diese Nachtzeit? Ich holte das Handy aus meiner Jackentasche.
    »Ja?«
    »Schön, dass Sie noch wach sind. Ich muss Sie sprechen. Jetzt.«
    Es war der Fingernagelbehaucher.
    »Aha?«
    »Kommen Sie einfach raus. Ich warte auf Sie. Ich habe Neuigkeiten.«
    Er beendete das Gespräch. Die beiden Frauen sahen mich gespannt an.
    »Der Fingernagelbehaucher vom BND wartet draußen auf mich. Er hätte Neuigkeiten. Ich höre mir das mal an.«
    Ich erhob mich.
    »Pass auf dich auf«, sorgte sich Barbara.
    »Wird schon nichts passieren.«

    Der Markt war menschenleer. Ich stand vor dem Haus. Niemand war zu sehen. Ich ging ein paar Schritte. Blieb stehen. Wartete. Ein Auto kam angerollt und hielt vor mir. Der hintere Wagenschlag wurde geöffnet. Ich stieg ein. Ich saß jetzt neben ihm.
    »So sieht man sich wieder.«
    Er hatte eine Flasche Selterswasser mitgebracht und reichte sie mir. Ich lehnte ab. Vorne saßen der Tangotänzer und der Dicke. Der Dicke lenkte den Wagen. Wir fuhren auf die andere Seite des Marktes und hielten unter Bäumen. Der Dicke stellte den Motor ab. Wir saßen ein paar Minuten, ohne zu reden. Ein Mann lief langsam mit seinem Hund vorbei. Er führte ihn Gassi. Mann und Hund verschwanden in der Dunkelheit.
    »Wir suchen den kleinen Bruder Ihres neuen Schützlings.«
    »Schützlings?«
    »Lea Bosic. Das ist doch Ihr neuer Schützling?«
    »Ich kenne sie gar nicht.«
    »Ihr Bruder Thomas hat heute Nachmittag mit Komplizen eine Tankstelle überfallen.«
    »Was hat das mit mir zu tun?«
    »Lea und ihr Bruder Thomas waren bei dem verstorbenen Nemec in psychiatrischer Behandlung. Wir müssen alle Möglichkeiten in Betracht ziehen.«
    »Welche Möglichkeiten?«
    Er grinste, behauchte wieder seine Fingernägel und polierte sie am Ärmel seines Jacketts.
    »Alle.«
    Der Kerl machte sich offensichtlich lustig über mich.
    »Der Täter eilt nach der Tat schnurstracks hierher auf die Couch zur analytischen Nachbereitung seines Vergehens, oder was glauben Sie?«, regte ich mich auf. »Nemec ist tot. Er wurde umgebracht. Wahrscheinlich von Ihnen. Was also soll der Quatsch?«
    Mein Gegenüber ließ sich von mir nicht irritieren.
    »Wir haben niemanden umgebracht. Sie haben jemanden umgebracht. Nardini. Hier. Schauen Sie sich das mal an.« Er reichte mir eine kleine laufende Videokamera. Ich sah mich, wie ich das Hotelzimmer im ›Esplanade‹ betrat. Man sah Nardini, der die Türe geöffnet hatte. Dann sah man plötzlich ein Loch in seinem Kopf. Dann sah man, wie Nardini über den Teppich zu dem Sessel geschleift wurde. Dann sah man wieder mich, wie ich mich über den toten Nardini beugte,

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