Fröhliche Ferien am Meer
knochige kleine Ratte mit schwarzen Augen und blasser Haut. Auch ihr Temperament hatte ihn nicht angezogen, denn sie war leicht erregbar und niedergeschlagen, weinte im einen Moment und lachte im nächsten. Das war keltisch, nahm er an, und er verabscheute das keltische Temperament, das sich bei seiner Mutter so verheerend ausgewirkt hatte.
Jetzt war sie ganz annehmbar. Nicht hübsch wie Shelagh, und ganz bestimmt keine strahlende Schönheit wie Freddie, aber sie übte eine warme und lebhafte Anziehungskraft aus. Gleichgültig dachte er darüber nach, wie ihr Leben während der letzten Jahre wohl ausgesehen hatte. Sie lebte alleine in einer Wohnung; wahrscheinlich kam sie ganz gut zurecht. Er hatte gehört, daß sie an der Universität recht beliebt war, obwohl sie zu einer ziemlich verrückten Clique gehörte, die angeblich fortschrittliche Gedanken hatte.
So sah sie gar nicht aus. Wie sie so dalag mit geschlossenen Augen, halb schlafend, schien sie sehr jung und leicht verwundbar. Auch ziemlich traurig und etwas enttäuscht.
Er wandte sich ungeduldig ab. Ihn ging das nichts an. Er hatte nicht die Absicht, sich in das Leben seiner Geschwister einzumischen. Er war nur zu einem einzigen Zweck hier — wieder fit zu werden. Darauf wollte er sich konzentrieren, und schließlich waren diese Ferien nur ein Zwischenspiel.
4
Freddie seufzte tief beim Anblick des schmutzigen Frühstücksgeschirrs. »Wer spült? Wer putzt den Boden und kocht die Mahlzeiten? Oh, was für eine schrecklich langweilige Beschäftigung ist die Hausarbeit. Können wir nicht jemanden dafür einstellen?«
»Völlig hoffnungslos«, sagte Shelagh bestimmt. »Mrs. Youngson, unsere Kaufmannsfrau, hat für mich dieses nette Maori-Mädchen gefunden, aber nur für die drei Tage. Sie hat ihr eigenes Heim und braucht kein Geld.«
»Na ja, wir sind doch zu dritt«, sagte Angela mutig. »Wir können uns abwechseln. Natürlich muß gekocht werden, aber daraus wollen wir keine große Affäre machen.«
»O Schreck! Wenn man sich vorstellt, daß man bei diesem schönen Wetter im Haus hocken muß, um zu kochen. Natürlich werde ich meinen Anteil übernehmen, aber ich weiß eigentlich nicht genau, wie man kocht. So etwas haben wir in der Schule nicht gelernt.«
»Dann fängst du am besten so bald wie möglich damit an«, sagte ihr Bruder, »wenn du eine gute Hausfrau und Mutter werden willst. Natürlich ist es nicht ganz leicht für uns. Ich glaube, ich muß auch etwas tun. Laßt mich also beim Spülen helfen.«
»Das ist ein edles Angebot«, lobte Angela. »Jetzt kannst du dich wirklich nicht mehr beklagen, Freddie.«
»Weil ich die Älteste bin, will ich den heutigen Tag übernehmen«, erbot sich Shelagh, »aber ihr zwei müßt die Hausarbeit erledigen. Die Köchin putzt nicht und macht keine Betten.«
Freddie fegte mit dem Besen wie ein Wirbelwind durch das Haus, dann ging sie hinaus, um den Garten auszukundschaften. Ein breiter, bemooster Pfad führte durch ehemalige Blumenbeete; jetzt wucherten wilde Sträucher durcheinander, und Obstbäume, die schon lange keine Früchte mehr trugen, kämpften sich durch das Gestrüpp und rangen mit den Flechten. Wo einst Blumen geblüht hatten, wuchsen jetzt nur noch Immergrün und Efeu.
Zwei schöne Magnolienbäume waren geblieben, auch einige große Gummibäume, und auf beiden Seiten schirmte eine dicke Hecke die Nachbargärten ab. Das Grundstück war groß; es bedeckte bestimmt einen Morgen Land und mußte einmal sehr schön gewesen sein.
Freddie fand es romantisch. Diese breiten Erdhügel unter den Magnolienbäumen, die jetzt blaues Immergrün überwucherte, waren vielleicht alte Gräber. Sie schob die natürliche Decke aufgeregt beiseite, fand aber nur eine wenig erfreuliche Sammlung zerbrochener Flaschen und verbeulter Kochtöpfe. Es waren also nur alte Abfallhaufen. Etwas enttäuscht ging sie den Pfad hinunter.
Er endete an der hohen Hecke, in der sich ein großes, einladendes Loch befand. Sie bückte sich, schaute hindurch und sah einen gemähten Rasen und einen schwer beladenen Pflaumenbaum.
Auf allen vieren zwängte sie sich durch das Loch; die Berberitzen verfingen sich in ihrem Haar und zerkratzten ihr das Gesicht, und sie spürte, wie der Ärmel ihres Kleides leicht einriß. Aber diese Mißgeschicke spornten sie nur an, und noch immer auf allen vieren kroch sie auf dem Rasen weiter.
Als sie dort angelangt war, hockte sie sich auf die Fersen, warf ihr wildes Haar zurück und war erstaunt,
Weitere Kostenlose Bücher