Fröhliche Wiederkehr
Alarmknopf, bis er in der Ferne das Glockengeläut der heranbrausenden Feuerwehr hörte. Sie kam gleich mit zwei Löschzügen, vierspännig und mit je sechs Mann besetzt, die schon absprangen, bevor die schweren Fahrzeuge noch ausgerollt waren. Und da weder Flammen noch Rauch zu entdecken waren, fragte der Hauptmann ziemlich ungnädig, wo es nun — zum Teufel noch einmal — bei uns denn brenne. Inzwischen hatte sich auch Vater wieder vor dem Hause eingefunden und war gerade dabei, dem Hauptmann zu erklären, daß es sich bei uns nicht um eine Feuersnot, sondern um eine Wassernot handle, aber da stürzte Ernst aus dem Hause und schrie uns zu, das Wasser käme nicht aus unserer Wohnung, sondern es rinne aus Pankows — des von mir so sehr bewunderten Kriminalkommissars — Wohnung durch die Decken zu uns herab. Kriminalkommissar Pankow war mit seiner jungen Frau zu deren Eltern auf Weihnachtsurlaub gefahren, aber niemand wußte zu sagen, wohin. Der Feuerwehrhauptmann jedoch fragte Vater sehr unfreundlich, ob denn in diesem ganzen verdammten Haus kein Mensch auf den naheliegenden Einfall gekommen wäre, den Wasser-Haupthahn abzudrehen, und überhaupt sei für solche Rohrbrüche nicht die Feuerwehr, sondern das städtische Wasserwerk zuständig — und Vater könne sich auf eine Anzeige wegen unbefugten Gebrauchs des Feuermelders und auf eine gesalzene Rechnung gefaßt machen. Aber da sie nun schon einmal da waren, ging einer von den Feuerwehrmännern in diesem Haus, das nur von Schwachsinnigen bewohnt zu sein schien, in den Keller und legte die Leitung trocken. Und nachdem jemand einen Schutzmann herbeigerufen hatte, dem das Unheil, das seinen Vorgesetzten betroffen hatte, sehr zu Herzen ging, drangen sie sogar in die Wohnung des Kommissars ein, in der das Wasser halberstarrt kniehoch stand. Es war ein Wunder, daß unter der ungeheuren Last keine Decke eingestürzt war. Herr Pankow wurde vom Polizeipräsidium aus noch in der Neujahrsnacht telegrafisch verständigt, er kam gegen Mittag von Danzig angereist und versicherte allen Betroffenen, daß er für die entstandenen Schäden aufkommen werde.
Am nächsten Tag kehrte auch Anna von einem kurzen Weihnachtsurlaub bei ihren Eltern aus Kaukehmen zurück. Es dauerte wochenlang, bis die Möbel und Teppiche trocken waren, dann kamen die Maler ins Haus, um die Decken neu zu weißen, und zum Schluß fand sich auch der Tapezierer ein, um neue Tapeten aufzuziehen. Und alles ging auf Herrn Pankows Rechnung. Für die irrtümlich herbeigerufene Feuerwehr bekam Vater zwar keine Strafanzeige, aber er hatte für das Abdrehen des Haupthahns im Keller achtzig Mark zu berappen, eine Summe, die Mutter für einen ganzen Monat als Wirtschaftsgeld zur Verfügung stand. Ja, das Jahr begann unheilvoll, wenn auch die nasse Neujahrsnacht noch einen versöhnlichen Ausgang genommen hatte, denn Onkel Fritz und Tante Emilie zeigten sich hilfsbereit und nahmen meine Schwestern, deren Betten unbenutzbar waren, für einige Nächte als Schlafgäste bei sich auf. Auch Vater überwand Groll und Abneigung und ließ sich von Onkel Fritz, als bei uns die Maler und Tapezierer am Werk waren, zu einem Glas Rotwein einladen.
Ich war von dem alten Großonkel recht angetan, mir imponierte sein Majorsrang, und mir imponierten die vergilbten Fotografien aus dem Chinafeldzug, auf denen er klein und drahtig vor seinen Männern stand, und ich war davon überzeugt, daß er an dem Tage, als es hieß: >The Germans to the front!< an der Spitze seines Bataillons gegen die aufständischen Boxer gestürmt war und das meiste zur siegreichen Beendigung des Krieges beigetragen hatte. Und ich bewunderte natürlich auch die vielen Andenken an diesen glorreichen Feldzug, die er aus dem fernen China mitgebracht hatte. Aber er konnte auch — das schien in Großmutters Familie zu liegen — eine Menge interessanter Geschichten erzählen. Es waren wohl auch diese seine gesellschaftlichen Talente, die ihn zu einem gern gesehenen Jagdgast machten. Da hatte er zum Beispiel mit einem Freund vor einigen Jahren eine Wanderung durchs Riesengebirge gemacht. Zur Nacht kehrten sie müde und hungrig in Schreiberhau in einem Hotel ein, das ihnen wegen seiner guten Küche und des ausgezeichneten Kellers empfohlen worden war. Anstelle der bescheidenen Zimmer, die sie nehmen wollten, waren sie in einem geradezu fürstlichen Appartement untergebracht worden, und als sie nach kurzer Erfrischung zum Essen im Speisesaal erschienen, war es der Inhaber
Weitere Kostenlose Bücher