Fröhliche Zeiten
lautete, sportlich-salopp ausgedrückt, etwa so:
Der einmalige, mühsame Aufstieg zum Gipfel beschert rasantere Abfahrt ins Glück, als die Wochenkarte für den Sessellift. Insbesondere, wenn es sich um das Naturerlebnis einer Erstbesteigung handelt.
Was damals die Jungfrauen eisern machte, war vor allem der Katholizismus. Zu bemerken, Jesus habe Maria-Magdalena auch verziehen, genügte da nicht. Man mußte argumentieren wie ein Staatsanwalt mit jesuitischer Grundausbildung, der obendrein Brehm’s Tierleben genau studiert hat. Während dem Munde Lehrreiches entströmte, tastete die Hand durch Unmengen von Textilien — die angeblich Mangelware sein sollten — knöpfte teilweise seitenverkehrte Knopfleisten auf, prüfte den Herzschlag vor Ort. Die Gesamtheit Mann rückte näher und ließ das mit Spinnstoff wattierte Ungestüm fühlen — wie bei Brehm.
War die Holde endlich überzeugt, es gehe bei den Goldhamstern ebenso natürlich zu wie beim Rotwild, kam es vor, daß sie auf Hygiene auswich. Zuerst ein heißes Bad, für das es leider an Kleinholz fehlte, vom Aufsehen in der überbelegten Wohnung ganz zu schweigen. Oder sie wollte lieber die nächste Hamsterfahrt der Eltern abwarten — Vater habe einen sehr flachen Schlaf. Auch des Genusses ihres Kusses fühlte sie sich nach dem Eintopf mit Knoblauch nicht ganz sicher. Solche nachgerade an tantrische Liebesregeln erinnernde Verhaltungen, ja Vertagungen ließen die lokale Fortifikation erschlaffen und den gekündigten Minnediener mit schmerzendem Anhang nach Hause schleichen.
Kroch man wegen mangelhafter Raumtemperatur gleich in voller Bekleidung gemeinsam unter die Bettdecke, schwebte bei jedem lustvollen Zugriff der Vorwurf durchs Zimmer, man nutze die Notlage aus. Brach sich schließlich die Natur durch alle hemmenden Textilien gewaltsam ihre Bahn, wollte sich der Tobende gerade mitsamt seinem Rückenpanzer aus Decken, Mänteln und Strickwaren gleich einer Schildkröte auf die Brutstätte senken, konnten das quietschende Bett und ihr zur Wand deutender Warnfinger alle Leidenschaft ersterben lassen.
»Psst! Wenn du mich wirklich liebst, denk’ an meinen Ruf.«
Der schien nur im Freien gesichert. Unter gewissen Bedingungen. In rabenschwarzer Nacht, bei strengem Frost, war auf einer entlegenen Parkbank mit Störungen durch Passanten kaum zu rechnen. Im Schnee der Faschingszeit bekam die Natur am ehesten ihr Recht. Vorausgesetzt, vom Zyklus her gab es keine Bedenken. Aufatmen durfte man indes nicht zu früh. Nach der Premiere konnte abrupter Sinneswandel eintreten. Er kündigte sich mit der euphorisch vorgetragenen Frage an: »Wollen wir’s sagen ?«
Alle Welt sollte nun wissen, man sei ein Paar. Und schon warnte die innere Stimme, das werde gewiß nicht so bleiben.
Ein steiniger Weg verspricht nicht zwingend das große Glück am Ziel. Doch er bringt Erfahrung. Für die muß jeder sein Lehrgeld zahlen. Dabei mag sich das Handicap der Erziehung zum Vorsprung wenden. Er lernt schneller, gründlicher, was ihm gemäß ist, wer zu ihm paßt. Mühen und totaler Einsatz waren nicht umsonst. Sie haben die Einstellung zum andern Geschlecht geprägt: Respekt vor der Person. Nicht Degradierung zum Lustsubjekt.
Manch einer aus unserer Generation dankt den Eltern, den Kirchen, dem Zeitgeist, auch wenn sie nichts dafür können, für diesen Hindernislauf. Er war nützlich, so unsinnig die einzelnen Hürden erscheinen mochten und mögen. Zum Beweis läßt sich die exemplarische Liebesnacht der Nachkriegszeit auf eine griffige Formel verkürzen:
Erziehung bewirkte Geduld; Geduld bewirkte Rücksicht; Rücksicht bewirkte Verständnis; Verständnis bewirkte Zuneigung; Zuneigung bewirkte Harmonie, Zusammenklang über das Physische hinaus.
Für eine falsche Erziehung ein bemerkenswertes Ergebnis.
Das Märchen vom Kronschatz
In vielen Märchen geht es um einen geheimnisvollen Schatz, Gold, Silber, Edelsteine, von unermeßlichem Wert. Er ist gut versteckt. Nur wenige Auserwählte kennen den Ort. Doch sie schweigen, ja sie riskieren ihr Leben, damit er nicht in falsche Hände gerate.
Ähnlich dramatisch kann es auch in der Wirklichkeit zugehen. Was dem bayerischen Kronschatz um das Ende des Zweiten Weltkriegs widerfuhr, damit er nicht in falsche Hände gerate, ist so unglaublich, daß es sich liest wie ein Märchen.
Es war einmal ein Museumsdirektor, der hieß Hans Thoma. Er lebte in einer Republik und es oblag ihm, unter anderem das Erbe aus monarchistischer
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