Fröhliche Zeiten
Zeptern, Kelchen, Insignien, Ketten, Prunkschalen und Juwelen machen sollte. Doch der Schweizer in ihm bestand auf sofortiger Rückgabe. Er wollte diese Millionenklette endlich und für immer loswerden. Vom Whisky unterstützt, saß er die Geschichte aus. Bis der Sieger nachgab.
Sie verabredeten einen Termin, der Oberstleutnant stellte einen Militärwagen zur Verfügung und zum dritten Mal in Sachen Schatzkammer wies der Architekt den Weg. Noch immer deckten Kartoffeln die Klappe im Keller. Unberührt lagerte der Schatz. Er hatte schon viele Stürme über standen. Dem Bauern war nicht ganz wohl dabei. Was wollte der Amerikaner, da es sich doch um Schweizer Gesandtschaftsakten handelte?
Als Tino Walz ihm in der Stube schließlich reinen Whisky einschenkte, rannte der mit dem Ruf »Mei G’wand! Mei G’wand !« hinaus. Minuten später erschien er grinsend an der Tür — im Sonntagsstaat. Wunschgemäß fotografierten sie ihn. Mit den Kisten und dem fränkischen Zeremonienschwert.
Das Bild besitzt Tino Walz noch. Auch andere vom hochbeladenen Opel Kadett mit Schweizer Flagge über allem. Nunmehr kehrte der bayerische Kronschatz unter bayerische Hoheit in die Schatzkammer der Residenz zurück. Man schrieb das Jahr 1946 — ein unsicheres Jahr. Immer wieder kam es zu Plünderungen durch displaced persons, Unterdrückte der ehemaligen Machthaber, die von den Amerikanern gewiß nicht zu diesem Zweck befreit worden waren. Da sie Deutschen gegenüber Sonderrechte genossen, schien der Schatz selbst in der Schatzkammer nicht sicher vor ihnen.
Zu Recht fühlte sich Tino Walz vom Kronschatz verfolgt. Er bestand auf einer zweiten Verlagerung. Begleitet von drei Panzerspähwagen rollte Bayerns höchster Hort aus der Residenz zum Collecting Point an der Luisenstraße. Dort lagerte er in vertrauter Nachbarschaft mit gestohlenen Kunstschätzen — wie auf Schloß Neuschwanstein. 1958, zur 800-Jahrfeier der Stadt München, strahlte der Wittelsbacher Hausschatz erstmals wieder für die Öffentlichkeit. Und da er nicht gestohlen wurde, gibt es ihn heute noch.
Die Belohnung für heldenhafte Taten, die zu jedem Märchen gehört, ließ indes auf sich warten. Doch das hatte einen besonderen Grund. Jahre später wurde Tino Walz der Bayerische Verdienstorden von Ministerpräsident Alfons Goppel persönlich verliehen. Ein Schweizer Staatsbürger darf ausländische Orden und Ehrenzeichen erst annehmen, wenn er das Militärdienstalter überschritten hat.
So schützt die Alpenrepublik ihre Bürger vor Konflikten des Gewissens. Wer auf eigene Faust handeln will, tut das besser im Ausland.
Schock an der Aisch
Wer 1948 schon eine Existenz hatte, trachtete danach, sie zu festigen. Diese verständliche Absicht löste eine zunehmende Leidenschaft für die noch junge D-Mark aus. Kein Berufszweig blieb davon uninfiziert.
So zogen in den Sommermonaten die Stars der erfolgreichsten Sendereihen des Rundfunks über Land. Einerseits um ihre Beliebtheit höchstpersönlich zu vertiefen, andererseits um von ihr zu profitieren. Der Kontakt mit dem Publikum gilt ja als unersetzlich.
Veranstalter schirrten die gewichtigen Namen vor ihre Thespiskarren — zum Teil noch holzgasbetrieben — , garnierten sie mit einigen unvermeidlichen Randfiguren und boten das eilige Arrangement als jene leichte Kost feil, die dem Zuschauer zwei unbeschwerte Stunden verspricht und sich, der zusammengewürfelten Programmteile wegen, Bunter Abend nennt.
Da die Konkurrenz nicht ruhte, ging es oft kreuz und quer durchs Land. Von Franken nach Schwaben, von der Oberpfalz in den Rupertiwinkel und was sonst noch zu Groß-Bayern gehört.
Eine jener unvermeidlichen Randfiguren war ich. Eine Randfigur voller Glück. Für gut hundert Tage ausgesorgt zu haben, wog die Nächte in zu kurzen Wirtshausbetten, das stundenlange Schaukeln auf schlechten Nebenstraßen, die Trennung vom Freundeskreis auf. Meine Tätigkeit bestand vor allem darin, die Zeit zwischen den Programmnummern zu überbrücken, dabei weder sonderlich aufzufallen, noch sonderlich zu langweilen. Mittelmäßigkeit wurde verlangt und entsprechend bezahlt. Eine anspornende Ausgangsposition. Immerhin reichte die Gage, um satt zu werden, die Abende wacker durchzustehen. Just im Geiz des Veranstalters witterte ich meine Chance. Da er auch an Personal sparte, gelang es mir, gelegentlich den Stars bei ihren Auftritten als Stichwortgeber zu assistieren und dabei zu lernen.
Unvergessen ist mir Michl Lang mit seiner exakten
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