Frösche: Roman (German Edition)
alle Lehmkünstler, wenn sie zu Meistern ihrer Kunst geworden sind, zu alten Rössern in einer Traumwelt? Er besitzt einen großen, klingenden Namen, ist eine Berühmtheit in Gaomiland, aber soweit ich mich erinnere, bekam ich ihn während meines gesamten Lebens nur wenige Mal zu Gesicht. Als mein Bruder ein Festessen gab, weil mein Neffe von der Luftwaffe zum Piloten ausgebildet werden sollte, traf ich Große Hand einmal kurz, aber es war schon dunkel. Viele Bürger Gaomis sahen ihn in dieser Fernsehfolge zum ersten Mal, und dies nur auf dem Bildschirm. Sein Haar war schlohweiß, seine Gesichtsfarbe jedoch rosig. Er sah aus wie ein die Wolken reitender Unsterblicher. Der Film enthüllte uns überraschenderweise auch, warum Gugu ihn geheiratet hatte.
Gugu zündete sich darin eine Zigarette an, nahm einen tiefen Zug und sprach mit ernster Stimme: »Die Sache mit dem Heiraten ist von der Vorsehung bestimmt. Wenn ich das zu euch jungem Volk sage, sollt ihr nicht meinen, ich hätte dem Materialismus abgeschworen. Ich bin bisher immer eine kämpferische Materialistin gewesen, und ich vertrete bestimmt nicht die Ansicht, dass ihr jetzt etwa dem Idealismus anhängen sollt. Aber mit dem Heiraten ist es so eine Sache: Da muss man die Vorsehung entscheiden lassen, sonst wird das nichts. Fragt ihn.« Sie zeigte mit dem Finger auf Hao Große Hand, der wie eine aus Lehm modellierte Gottheit dasaß. »Fragt ihn, ob er sich auch nur im Traum hätte vorstellen können, einmal mit mir verheiratet zu sein.
1997 bin ich sechzig geworden, da hat mich mein vorgesetzter Kader in den Ruhestand geschickt. Ich war natürlich nicht erpicht darauf. Ich war schon fünf Jahre länger als alle anderen im Dienst.
Der Stationsleiter unserer Krankenstation, ihr kennt ihn ja alle, ist ein Vieh, das Hilfsbereitschaft mit Undank lohnt. Er ist der Sohn des Huang Milz aus dem Dorf Hexicun, man nennt ihn Sexgurke, sein richtiger Name lautet Huang Jun. Gerade fällt mir ein, diesen Faun habe ich auch aus dem Leib seiner Mutter geholt. Der ist nur zweieinhalb Tage auf die medizinische Fachschule in Gaomi gegangen. Wenn dieser Hohlkopf jemanden mit dem Stethoskop abhören soll, findet er Lunge und Herz nicht, wenn er Blut abnehmen soll, die Vene nicht, wenn er eine TCM -Pulsdiagnose machen soll, die drei Punkte Cun, Guan, Chi nicht. Und so einer ist Leiter unserer Krankenstation geworden! Als er auf die medizinische Fachschule ging, war ich für ihn beim Gesundheitsamt, bei Amtsleiter Shen, und habe mich für ihn eingesetzt. Aber kaum hatte er die Macht in Händen, kannte er mich nicht mehr. Er kann nichts. Nur zwei Stärken besitzt er: Nr. 1 – Leute einladen, Geschenke machen, sich einschmeicheln und lobhudeln. Nr. 2 – Mit faulen Tricks Frauen ins Bett kriegen.«
Hier machte sie eine Pause. Sie wirkte gebrochen.
»Ich war völlig verblendet! Ich hatte mir den Wolf ins Haus geholt und damit dem Missbrauch Vorschub geleistet! Die jungen Dinger in unserem Krankenhaus hatte er schnell alle durch. Wang Xiaomei aus Wangjiazhuang war gerade mal siebzehn. Ein wunderhübsches ovales Gesicht, makellose helle Haut und einen dicken Zopf auf dem Rücken, dazu lange Wimpern wie Schmetterlingsflügel, mit denen sie immer klimperte, und große, sprechende Augen. Wer sie sah, sagte sofort, wenn Zhang Yimou die entdecken sollte, würde sie noch berühmter als Gong Li und Zhang Ziyi. Aber es kam nicht dazu, denn erst einmal hatte Sexgurke sie am Wickel. Er fuhr nach Wangjiazhuang und beredete die Eltern der Kleinen, da hätten sogar Tote zu reden begonnen. Sie sollten ihre Tochter die Schule wechseln lassen und sie auf unsere Krankenstation geben, damit sie von mir die Frauenmedizin lernte. Er gab das zwar vor, aber Wang Xiaomei war dann keinen einzigen Tag bei mir auf der Frauenstation. Sexgurke, dieser ständig nach Frischfleisch hungrige Wolf, nahm sie völlig in Beschlag. Sie leistete ihm Tag und Nacht Gesellschaft, nachts hatten sie Sex, da will ich ja mal nichts sagen, aber am helllichten Tage trieben sie es auch miteinander. Viele aus Gaomi haben es mit eigenen Augen gesehen. Wenn es ihm über war, fuhr er mit ihr in die Kreisstadt und gab von öffentlichen Geldern Festessen. Kader und Beamte lud er ein, solche Aktivitäten verlegte er alle in die Stadt. Habt ihr diesen miesen Kerl nie dabei gesehen? Ein langes Gesicht, wie das eines Esels, die Lippen von der Farbe eines Blutergusses, zwischen den Zähnen Zahnfleischbluten, dazu einen üblen Mundgeruch, so
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