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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Unglückseligen wie mir!«
    Er drehte sich um und setzte seinen Weg fort. Ich folgte ihm immer noch ... Er begann zu rennen, mit Riesenschritten, die Knie hob er hoch bis zum Bauch und lief leicht wie eine Feder mit schwankendem Körper, wie eine Anziehpuppe aus Papier. Ich strengte mich nicht weiter an und hatte ihn schon bald eingeholt. Schnaufend, außer Atem, mit einem Gesicht wie aus goldenem Totenpapier bettelte er tränenüberströmt:
    »Freund, ich flehe Sie an, lassen Sie mich laufen! Ich bin ein Stück Müll, ein ehemals Schwerverletzter ...«
    Ich war gerührt, blieb stehen und folgte ihm nicht mehr, hörte aber noch eine Weile zu, wie seiner Kehle wimmernde Laute entfuhren. Dabei hatte ich nur etwas über sein Leben erfahren wollen, wohin er nachts zum Schlafen ging, mehr nicht.
    Damals war ich ein Teenager von dreizehn, vierzehn Jahren mit staksigen, langen Beinen und Riesenschuhen, bereits Größe 40. Meine Mutter hatte mit meinen großen Füßen ihren Kummer. Unser Sportlehrer Chen hatte früher einmal auf Provinzebene Leichtathletik betrieben. Er hatte damals zur Mannschaft von Shandong gehört, ein echter Spitzenathlet, aber ein Rechter. Wie ein Pferdehändler auf dem Maultiermarkt hatte er mir in Beine und Füße gekniffen und war zu dem Schluss gekommen, dass bei mir die Substanz gut sei und er mich besonders fördern wolle. Er lehrte mich die Beine richtig heben, in großen Schritten laufen, dabei ausgewogen atmen und die eigenen Kräfte einteilen. Ich erreichte von allen Grund- und Mittelschülern bei uns im Kreis über dreitausend Meter den dritten Platz. Wegen dieses guten Ergebnisses wurde es bei uns im Dorf geduldet, es war sozusagen inoffiziell erlaubt, dass ich regelmäßig den Unterricht schwänzte und als Training zum Fischmarkt rannte.
    Nachdem ich Qin Strom hinterhergerannt war, wurden wir beide Freunde. Wenn wir uns sahen, nickte er mir jedes Mal aufmerksam zu. Er war zwölf, dreizehn Jahre älter als ich. Es war ein bisschen, als suche ein älterer Mann einen Eleven als Freund, damit er sein Altern vergisst. Außer ihm gab es auf dem Markt noch zwei andere Bettler, einen breitschultrigen Typen mit großen Pranken, namens Gao Men, der wohl Riesenkräfte hatte. Und einen anderen, der Lu Huahua hieß und an Gelbsucht litt. Warum er diesen mädchenhaften Vornamen Huahua trug, kann ich nicht sagen. Eines Tages sah ich zu, wie die beiden Bettler Qin Strom mit vereinten Kräften brutal zusammenschlugen, der eine mit einer Weidenrute, der andere mit einem kaputten Schuh. Qin Strom wehrte sich nicht, sondern sagte nur immer:
    »Schlagt mich nur tot, meine guten Freunde. Ich danke es euch. Aber esst keine Frösche. Frösche sind die Freunde der Menschen. Sie sind nicht genießbar, zudem voller Parasiten. Werden sie trotzdem genossen, erkrankt der Mensch an Wahnsinn.«
    Ich bemerkte das Lagerfeuer unter der Weide. Weißer Qualm stieg empor, auf dem Feuer brieten Frösche, die noch nicht gar waren. Neben dem Feuer sah ich die Knochen und die Haut von ein paar anderen Fröschen, die einen ekelerregenden Geruch verströmten. Ich begriff: Qin Strom bekam Prügel, weil er die beiden davon abhalten wollte, Frösche zu essen. Mir kamen die Tränen, als ich ihnen beim Prügeln zusah. Während der großen Hungersnot hatten viele Leute Frösche gegessen. In unserer Familie war das tabu gewesen. Wir hatten uns vor den Froschessern immer sehr geekelt. In unserer Sippe wäre man lieber verhungert. In diesem Punkt waren wir beide Seelenverwandte. Ich griff mir einen rotglühenden Ast aus dem Feuer und hieb Gao Men auf den Hintern, Lu Hua piekte ich damit in den Hals. Dann rannte ich, was ich konnte, immer am Ufer entlang. Ich hielt einen ausreichenden Abstand zu ihnen und neckte sie, damit sie mir weiter hinterherrannten. Als sie mir nicht mehr folgten und stehenblieben, begann ich sie zu beschimpfen und mit Tonscherben nach ihnen zu werfen.
    Am Tag der Massenkritikversammlung waren alle Bewohner der vierundzwanzig Dörfer unserer Kommune Schub um Schub, bewehrt mit roten Fahnen, Trommeln, Becken und Hausrat, mit dem man Krach machen konnte, auf dem zugefrorenen Rückhaltebecken zusammengekommen. Manche hatten die Straße genommen, manche waren direkt über den Fluss gelaufen, die Bösewichte aus ihren Dörfern eskortierend, um sie vorzuführen, bevor unser als Machthaber, der den kapitalistischen Weg geht verschrienes Kreisoberhaupt Yang Lin der Massenkritik unterzogen werden würde. Denn die dorfeigenen

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