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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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flogen auf. Unterlippe fiel hin. Ich rappelte mich auf, rannte weiter. Er rappelte sich auf, verfolgte mich wieder, rempelte Leute an, Frauen, Männer.
    Verdorbene Blagen! Was schubst ihr so?
    Zu Hilfe! Zu Hilfe!
    Mörder!
    Einer, der im Rhythmus der zur Bühne marschierenden Bösewichte die Trommel schlug, kam, von mir angerempelt, aus dem Takt – den Bösewichten fielen die spitzen Papierhüte vom Kopf –, ich umrundete Nases Vater Chen Stirn, seine Mutter Alina, Backes Vater Yuan Gesicht – auch er war zu einem Machthaber, der den kapitalistischen Weg geht abgestempelt worden –, und ich preschte an Wang Bein vorbei. Ich sah Mutters Gesicht, hörte ihr lautes Schreien, sah meinen Freund Leber, hörte ein dumpfes Geräusch, dann Unterlippes schmerzverzerrten Aufschrei – später sollte ich erfahren, dass Leber ihm schnell ein Bein gestellt hatte, so dass er vornüber hingeschlagen war und mit den Zähnen ins Eis gebissen hatte. Die Lippen waren aufgeschlagen. Glück hatte er, dass er seine Schneidezähne behalten hatte. Unterlippe rappelte sich wieder auf, wollte es Leber heimzahlen, doch Wang Bein konnte ihn einschüchtern.
    »Unterlippe, du Bastard! Wag es, meinem Sohn ein Haar zu krümmen, und ich kratze die deine zwei Augäpfel aus den Augenhöhlen! Wir sind seit drei Generationen Lohnbauern. Auch wenn andere dich fürchten, ich fürchte dich nicht!«
    Der Versammlungsort war von Menschen überflutet. Auf dem Rückhaltebecken hatte man eine aus Brettern und Schilfmatten ansehnlich zurechtgezimmerte Bühne aufgestellt. In jenen Zeiten war es in den Kommunen üblich, einen Arbeitstrupp aus handwerklich versierten Männern durchzufüttern, Topleute, die allein zum Bühnenbau oder Tafelbau für die Kampagnen eingesetzt wurden. Auf der Bühne flatterten an die fünfzig rote Flaggen an Fahnenstangen, querformatige Spruchbänder waren aufgehängt, und in den Ecken rechts und links hatte man zwei große Pfosten aufgestellt und vier riesige Lautsprecher daran befestigt. Während die Teilnehmer sich versammelten, ertönte aus den Lautsprechern das Maobibel-Lied:
    Wahrheiten des Marxismus gibt es viele,
    aber schließlich trifft ein Satz den Kern,
    der lautet: Rebellion ist gerechtfertigt!
    Rebellion ist gerechtfertigt!
    Es war ja so viel los. Wirklich aufregend war das alles. Ich befand mich mitten in der Menge und drängelte mich mit nach vorn. Ich wollte unbedingt einen Platz neben der Bühne ergattern. Die von mir weggeboxten Leute traten ohne einen Funken Höflichkeit mit den Füßen nach mir, hieben mir mit geballter Faust auf den Kopf, keilten mit den Ellenbogen nach mir aus. Nass bis auf die Haut, mit grünen und blauen Flecken am ganzen Körper, hatte ich schließlich meine Kräfte verpulvert. Ich war aber keinen Schritt weiter in Richtung Bühne gekommen, sondern befand mich weiter hinten als zuvor. Ich hörte, wie es unter der Eisoberfläche widerhallte. Mich beschlich eine ungute Vorahnung, als ein Mann mit einer Stimme wie ein Erpel durchs Megaphon brüllte:
    »Die Kritik- und Kampfversammlung beginnt! Ich bitte die Armen und die Mittelbauern um Ruhe! Die ersten Reihen sollen sich setzen. Hinsetzen! Hinsetzen!«
    Ich verschwand ans Westufer des Rückhaltebeckens. Dort gab es drei Kornspeicher, die auch als Schleusenraum dienen konnten. Ich kam von der rückwärtigen Seite der Speicher, zog mich an den Fugenritzen der Mauer hoch, klammerte mich mit den Händen an der Traufe fest, um mich dann wie eine Steppenweihe im Gaukelflug über die Mauer aufs Dach hinaufzuschwingen. Ich robbte die Dachziegelreihen hoch, kletterte leise auf den First und machte den Hals lang, um mich umzublicken. So weit das Auge reichte, sah ich Abertausende von Menschen und unzählige rote Flaggen. Das Rot füllte meine Augen, und das Eis auf der Wasseroberfläche blendete. Auf der Bühne knieten mit gesenkten Häuptern wohl an die fünfzig Leute. Ich wusste, dass es die Rinder- und Schlangenteufel aus der Kommune waren, die gleich der Massenkritik unterzogen würden. Xiao Oberlippe schrie mit berstender Stimme ins Megaphon. Dieser verkommene Verwalter unseres Brigadekornspeichers hätte sich bestimmt nicht träumen lassen, dass er es, verdammt noch mal, zum Kommandanten bringen würde. Aber seit Beginn der Kulturrevolution führte er die Leute in die Rebellion, denn er hatte eine Truppe mit dem Namen »Sturmrebellen«gegründet und sich selbst zu deren Kommandanten berufen.
    Er trug eine verblichene, mit dunklen Flicken gestopfte

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