Frösche: Roman (German Edition)
Liebe zu beweisen, hat er sogar seine eigene Schwester verraten. Natürlich hat er auch Yuan Backe verraten und Wang Renmei. Woher sonst willst du gewusst haben, dass Backe den Frauen heimlich die Spirale herausgenommen hat? Woher sonst, dass Renmei und Galle eine ›unverhoffte Schwangerschaft‹ geplant haben?«
»Jetzt sage ich dir mal was, kleiner Renner: Kleiner Löwe hat keinen dieser peinlichen Briefe zu Gesicht bekommen. Ich habe sie alle abgefangen. Ma, dem Leiter der Poststelle, habe ich die Anweisung gegeben, alle Briefe dieses Absenders nur mir persönlich auszuhändigen.«
»Für eure Arbeit war euch Wang Leber gut genug. Er hat maßgeblich zu eurem Erfolg beigetragen. Es begann mit der Zwangssterilisation seines Vaters. Schon damals hat er euch unterstützt. Er hat euch für die gerechten Ziele der Politik sogar seine Familie ans Messer geliefert. Selbst seine leibliche Schwester hat er verpfiffen.«
»Jemanden, der wegen einer Frau seine Freunde, sogar die eigene kleine Schwester verrät, kann man erst recht nicht heiraten!« Meine Tante geriet in Wut: »Glaubst du, so einer bleibt treu?«
»Er hat euch doch aber geholfen!«
»Die zwei Mal, Renner. Merk dir, du kannst alles machen, aber«, Gugus Stimme nahm einen beschwörend dunklen Ton an, »sei kein Verräter! Niemals, egal, welche edlen Gründe dich dazu bewegen mögen. Werde nie zum Verräter! Heute wie gestern, ob in China oder im Ausland. Mit einem Verräter nimmt es ein erbärmliches Ende. – Genauso Wang Xiaoti! Auch wenn er diese Prämie von fünftausend Unzen Gold eingesteckt hat – ich wette, der wird zur Hölle fahren! Da flieht einer heute wegen einer Prämie von fünftausend Unzen Gold in die Arme der Kuomintang und anderntags kommt die nächste Partei, die ihm zwanzigtausend bietet. Wird er dann wieder alle verraten? Je mehr Informationen Leber uns zuschiebt, desto mehr verachte ich ihn. Er ist in meinen Augen nur ein Haufen Scheiße.«
»Tante, was wäre passiert, wenn du seine Briefe nicht abgefangen hättest? Hätte er Shizis Herz womöglich gerührt? Wäre sie womöglich längst mit ihm verheiratet?«
»Unmöglich! Absolut unmöglich! Kleiner Löwe steht über solchen Dingen. Sie ist hoch ambitioniert. Wang Leber ist nicht der einzige gewesen, der sich in sie verliebt hat. Es waren mehr als ein Dutzend. Kader, Arbeiter, keiner war ihr gut genug.«
Ich wiegte zweifelnd den Kopf: »Nun ja, sie sieht gar nicht besonders schön ...«
»Pfui Teufel!«, kam es sofort von Gugu, »was hast denn du für einen Geschmack? So vielen Frauen begegne ich, die auf den ersten Blick wunderhübsch aussehen. Und wenn du einmal ein bisschen genauer hinschaust, dann ist da alles im Argen. Kleiner Löwe dagegen? Auf den ersten Blick ist sie vielleicht nicht besonders schön, aber je länger man sie betrachtet, umso schöner erscheint sie. Du hast sie dir bisher wohl nicht genau angesehen? Ich sage dir, mein Sohn: Ich habe jeden Tag mit allen möglichen Frauen zu tun. Ich weiß, welche die wirklich kostbaren, schönen sind. Du erinnerst dich doch noch? Als du zum Kader befördert wurdest, habe ich sie dir zum ersten Mal angetragen. Aber du warst mit Wang Renmei zusammen. In mir sträubte sich alles dagegen. Aber in der neuen chinesischen Gesellschaft existiert ja das Recht auf freie Wahl des Ehepartners, auf eine Liebesheirat. Da kam ich als Tante natürlich nicht umhin, brav ein paar glückverheißende Sätze zu sagen. Nun hat Wang Renmei den Platz frei gemacht – natürlich wollte ich nicht, dass sie stirbt. Ich habe ihr gewünscht, dass sie steinalt wird, dass sie immer gesund bleibt – es war der Wille des Himmels. Die Vorsehung hat es so bestimmt. Deines und Xiao Shizis Schicksal ist es, für die jetzt kommende Zeitspanne ein Ehepaar zu werden.«
»Gugu, du magst sagen, was du willst, aber ich bin seit jeher Wang Lebers bester Freund«, erwiderte ich nur. »Jeder weiß, dass er Shizi vergöttert. Würde ich sie jetzt heiraten, die Leute würde mich voller Abscheu so heftig anspucken, dass ich darin ertrinken müsste!«
»Da hast du was gehörig durcheinandergebracht. Wenn er Shizi liebt, macht er die Rechnung ohne den Wirt! Ein fahrender Friseur hat am Tragjoch nur in einem der beiden Eimer warmes Wasser, im anderen nicht. Ich hab bisher nicht gehört, dass sie gesagt hätte, sie wolle mit Leber zusammen sein. Heiratet sie dagegen dich, so nennen wir das: Ein gutes Huhn wählt sich den Baum für sein Nest selbst . Dann hätte der Topf
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