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Frösche: Roman (German Edition)

Frösche: Roman (German Edition)

Titel: Frösche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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tut bei euch in der Truppe Dienst, seit vorletztem Jahr ist er bei euch in der Truppe. Er ist ein helles Köpfchen. Was der anpackt, gelingt ihm sofort. Hilf ihm ein bisschen, ja?‹«
    Als ich die Heirat im Familienmelderegister eintragen lassen wollte und meinen Fingerabdruck hinterlassen sollte, zauderte ich einen Augenblick, denn ich erinnerte mich daran, wie ich hier mit Renmei die Ehe anmeldete und eintragen ließ.
    Es waren noch das gleiche Eheregister, die gleiche Amtsstube, der gleiche Beamte. Als ich damals den hellroten Fingerabdruck machte, rief Renmei freudestrahlend aus: »Stark! Eine Schnecke im Fingerabdruck! 12 «
    Lu Mazi sah mich an, dann Shizi. Mit einem Scheißlächeln sagte er spitz: »Wan Fuß, du Schlawiner! Hast du ein Glück bei den Frauen! Schnappst uns hier die schönste Frau aus unserer ganzen Kommune vor der Nase weg!« Dann klopfte er mit dem Finger auf die Stelle, wo der Fingerabdruck hingehörte: »Drück den Finger drauf. Wer wird denn da noch überlegen!«
    Seine Worte hörten sich an, als mache er sich über mich lustig – kein Zweifel, er verhöhnte mich. Verdammter Mist, sollte er doch. Mir war alles scheißegal. Ich sagte mir: Ich drück jetzt den Finger drauf und denke nicht mehr darüber nach. Aus und fertig! Und mein Leben? Ach, was soll’s. So ein Menschenleben geht schnell vorüber, und es ist sowieso vieles im Leben von der Vorsehung bestimmt. Ich tue besser daran, jetzt mit dem Strom zu schwimmen, statt mein Boot flussaufwärts zu staken. Außerdem bin ich bis hierher aufs Standesamt mitgegangen. Wenn ich jetzt meinen Fingerabdruck nicht mache, reite ich Shizi doch böse rein. Eine Frau habe ich schon auf dem Gewissen. Die zweite darf ich nicht auch noch ins Verderben stürzen.

6
    Ich glaubte damals, Gugu wäre nur mit unseren Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt und hätte Wang Galle längst vergessen, glaubte, sie hätte doch Mitleid bekommen und meine Hochzeitsangelegenheiten absichtlich zum Anlass genommen, die Sache auf sich beruhen zu lassen, damit Galle in der Zwischenzeit ihr Kind bekommen konnte.
    Später erst begriff ich, dass die Tante nicht nur pflichtbewusst, sondern regelrecht pflichtbesessen war. Sie machte ihren Job nicht nur nach Treu und Glauben gut, sondern befand sich im Wahn der Pflichterfüllung. Sie war nicht nur mutig. Sie war Strategin und Machtmensch, der bei allem die Fäden stets in der Hand behielt.
    Man soll ihre edlen Absichten nicht anzweifeln, ihr nichts unterstellen, als sie mich mit Shizi verkuppelte. Sie glaubte wirklich, dass wir beiden gut zusammenpassten. Aber als sie überall laut hinausposaunte, dass sie jetzt unsere Hochzeit vorbereite, als sie Chen Nase und seine kleine Tochter Ohr aus dem Polizeiarrest freiließ, als sie verkünden ließ, dass die Dörfler nun nicht mehr verpflichtet seien, nach Wang Galle auf die Suche zu gehen, tat sie es in Wirklichkeit, um Galle in Sicherheit zu wiegen und deren Familie zu täuschen, damit sie weniger wachsam wäre.
    Sie hüllte ihre wahren Absichten in dichten Nebel. Dabei schoss sie mit einem Bogen zwei Pfeile zugleich ab und schlug zwei Fliegen mit einer Klappe, denn sie hatte sich zum Ziel gesetzt: Dass ihr geliebtes Lehrmädchen, die ihr wie eine eigene Tochter war, endlich bei ihrem Neffen Heim, Herd und Familie fand, während sie Wang Galle aufspüren, hinterrücks verhaften und den illegalen Bastard in deren Leib vernichten könnte, bevor er noch »durchs Ofenrohr« rutschte. – So eine Ausdrucksweise erscheint unpassend, um Gugus Arbeit zu beschreiben. Aber mir fallen keine passenderen Wörter dafür ein.
    Am letzten Vormittag vor der Hochzeit ging ich zum Grab meiner Mutter und verbrannte dort Freudengeld für sie. Es ist ein besonderes Totengeld nur für solche Anlässe, so ist es bei uns seit alters her Brauch. Wahrscheinlich tut man das, um so die Seele der Verblichenen von dem freudigen Ereignis in Kenntnis zu setzen und sie zur Hochzeit einzuladen.
    Als ich das Totengeld angezündet hatte, wirbelte plötzlich ein leichter Wind die Asche auf. Sie wirbelte vor dem Grab meiner Mutter in der Luft. Ich weiß ja, dass man so etwas physikalisch erklären kann, aber ich war trotzdem entsetzt. Im Geiste sah ich die Gestalt meiner Mutter, wie sie zittrig, schwankend auf mich zukam, im Ohr klangen mir wieder ihre weisen, schlichten und dabei so tiefsinnigen Worte nach. Mir liefen die Tränen in Strömen die Wangen hinunter. Wenn sie mir jetzt noch einen Rat geben könnte? Welche

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